Lob kann von der falschen Seite kommen. Es kann vergiftet sein, um zu diskreditieren. Und es kann ernst gemeint sein. Ein Gelobter kann sich daran freuen, es ignorieren oder zurückweisen. Menschen, die in einer politischen Öffentlichkeit agieren, haben hier eine Verantwortung.
Der als Provokateur vor und in KZ-Gedenkstätten auftretende und deshalb wegen Volksverhetzung vorbestrafte Nikolai Nerling erklärte* anläßlich des "Reichstags-Sturms" (ca. 7:27):
»Was mich wahnsinnig gefreut hat, war die Tatsache, daß Michael Ballweg von der Verfassungsgebenden Versammlung gesprochen hat, die jetzt einberufen werden soll… Das hier ist genau der richtige Ort. Und er hat alle Menschen eingeladen, herzukommen aus dem ganzen Land… Ich habe mich da auch sehr eingeladen gefühlt… Danach war für mich die Veranstaltung eigentlich auch nicht mehr so interessant, denn das war der Kern der Sache.«
Das geistige Niveau Nerlings, der sich als "Volkslehrer" versteht, wird an dieser Passage deutlich. Er spricht über
»… diese[n] ehemalige[n] Reporter, wie hieß der, Schabowski?, der die Grenzen damals geöffnet hat, und der die Frage gestellt hat, ab wann das gilt, der hat ja auch von sich gesagt, daß er Marxist und Sozialist sei. Und daß das hier eine Bühne bekommt, das sind für mich radikale linke Positionen. Marxismus, Sozialismus, das ist eher radikal als gemäßigt.«
Auf der Kundgebung am 29.8. war zur Verdeutlichung einer vermeintlichen historischen Parallele zum bevorstehenden Untergang der Merkel-Regierung das Gestammel des SED-Politikers Günter Schabowski vorgeführt worden, mit dem er am 9. November 1989 die Öffnung der DDR-Grenze bekanntgab. Da Schabowski 2015 verstorben war, konnte man nicht wirklich von einem Auftritt des radikalen Marxisten sprechen.
Die Menschen, die sich für den Schutz der Grundrechte einsetzen, haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, ob Michael Ballweg sich über das Lob freut, es ihn anwidert oder kaltläßt.
Update 19:45: Man sehe sich auch Min. 11:00 an:
»[Ich finde es] großartig, daß jetzt hier ein Prozeß angestoßen wurde, der überfällig ist, Artikel 146 des Grundgesetzes wurde genannt. Auch das finde ich großartig, weil es auch sonst immer nur in verschwörungstheoretischen, Reichsbürgerkreisen genannt wurde, und jetzt eben hier bei Querdenken. Ich denke, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich freue mich darauf, diesen Schritt mitzugehen.«
Und zu Schabowski stellt er richtig, daß er nicht Schabowski gehört hat, sondern den ihn vorführenden Journalisten als Marxisten und Sozialisten meint, der dort nichts zu suchen habe:
»Das war glaub ich der zweite Redner oder der dritte, nach dem Kennedy hat der glaub ich gesprochen.«
Interessant wird es noch einmal ab Min. 11:35, nach der Frage:
»Wie kam es denn dazu, daß Du heute auf der Bühne warst bei Querdenken?«
Hier plaudert Nerling seine Sicht aus, die nicht zutreffen muß. Wissen sollte man, daß die Bühne ein streng abgeschirmter Bereich war, auf dem sich etwa JournalistInnen eigens akkreditieren mußten. Er erzählt, wer ihn umarmt und mit wem er welche weiteren Pläne schmiedet. Alles nur ein cleverer Coup eines ausgewiesenen Nazis?
Explizit angesprochen zum Thema Holocaust-Leugnung erklärt Nerling (ca. Min. 13.00):
»Es sollte keine Denk- und Sprechtabus geben. Ich stehe nach wie vor auf dem Punkt, daß ich meine, man muß über alles reden dürfen. Auch über Dinge, die vielleicht sensibel sind. Ich meine, es ist auch Aufgabe eines jeden Kriminologen, wenn ein Mord passiert ist, dann muß er auch die Opfer erst mal hinterfragen, ob die vielleicht daran beteiligt sein könnten… Deswegen stehe ich nach wie vor dazu, daß dieser Artikel des Strafgesetzbuches einer modernen Demokratie nicht würdig ist.«
Youtube setzt unter jeden Beitrag, der sich kritisch zu Corona-Maßnahmen positioniert, einen Warnhinweis. Hier hält der Konzern das nicht für nötig.
* Update: Das Video wurde inzwischen gelöscht.
Die Strategien sind auch mal wieder bei einer rbb-Sendung ("Wir müssen reden" oder so was) völlig klar geworden.
Da trat Ballweg gegen 3 Scharfmacher aus Politik und Medien sowie einem "Moderator" und gegen ein gegen die Bewegung gestricktes Sendungskonzept an. Nicht fehlen durfte eine Ärztin von der richtigen Sorte, als "Expertin", die gleich im zweiten Satz ihre Glaskugelbegfragung zum Besten gab: "Dieses Virus wird uns ja nun noch zwei Jahre beschäftigen."
Die Publikumsmeldungen mit ganz anderen Sichtweisen und Meinungen wurden ziemlich ausgebremst durch Moderatoreneingriffe und geschickt gebrachte Einspieler, etc.
Die Show hat ganz genau gezeigt wie es läuft:
Politik, Pseudoexperten und Medien gegen das Volk, die Betroffenen, die Normalbürger.
(Ich konnte mir das nicht lange antun, deswegen nur diese paar Eindrücke vom Durchzappen. Ballweg kam dabei fast garnicht zu Wort.)
Nerling würde ich nicht als Holocaust-Leugner bezeichnen. Auch nicht als "Nazi" oder dergleichen. Nerling hat schlicht Bock auf Provokation. Und das ist dann eben sein Hobby.
Das er die extrem Rechten, genau so wie die extreme Linke, nicht sonderlich ernst nimmt, das kann man seinen Videos entnehmen. Er hält beide Fraktionen für verirrt und hat damit nicht mal so unrecht.
Auch seine Aktionen als Lehrer bzw im KZ gehören zu seiner Provokationskultur dazu. Ich sehe bei ihm kein echtes Interesse an Politik. Er verspottet schlicht die Opportunisten, die immer das sagen was der Volksempfänger vorgibt.
Wenn Nerling jetzt Ballweg lobt, dann ist das schlicht als Idiotenauszeichnung zu sehen. Nerling dokumentiert hierbei, dass er einen politischen Akteur für naiv hält.
Dummerweise ist Ballweg auch erst vor kurzem politisiert worden. Insofern gesehen ist so ein negatives Urteil über ihn unfair.
Ballweg kann es nicht besser wissen. Gleichzeitig muß der arme Mann sich trotzdem politisch positionieren. Das führt dann zu solch dämlichen Aussagen wie der über die "verfassungsgebende Versammlung". Dieser politische Unsinn wurde aber initial von Anselm Lenz in die Welt gesetzt.
Die Leutchen wissen wohl selbst nicht so recht, was die damit bezwecken wollen.
Man sollte die Finger von dem Unsinn lassen und sich auf die Wiederherstellung der Grundrechte konzentrieren. Gleichzeitig sollte die Sanktionierung der verfassungsfeindlichen politischen Akteure im Vordergrund stehen.