Barmselige Statistik

"Barmer-Pflegereport: Fast jeder zwei­te Corona-Tote leb­te im Heim". So wie tages​schau​.de berich­ten vie­le Medien am 28.2.23. Da die­ser Report bis­her nicht ver­öf­fent­licht wur­de, bleibt offen, ob die mei­nungs­ma­chen­de Darstellung der Krankenkasse anzu­la­sten ist oder den Redaktionen und Agenturen. Laut RKI lag der Altersmedian der "an und mit" Corona Verstorbenen bei 83 Jahren, 85% der Toten waren min­de­stens 70 Jahre alt. Worin soll die neue Erkenntnis lie­gen, die wie folgt benannt wird?

»Die Corona-Pandemie hat alte, pfle­ge­be­dürf­ti­ge Menschen beson­ders getrof­fen: Fast jeder zwei­te Mensch, der an Covid-19 gestor­ben ist, leb­te in einem Pflegeheim. Das zeigt eine Auswertung der Barmer-Krankenkasse. Für die Jahre 2020 und 2021 liegt dem­nach der gesam­te Anteil der mit Covid-19 Gestorbenen bei 45 Prozent. Damit war dem Bericht zufol­ge der Anteil der an Covid-19 Erkrankten in der ersten und zwei­ten Welle bei Heimbewohnerinnen und ‑bewoh­nern sie­ben bis acht Mal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung.« „Barmselige Statistik“ weiterlesen

Statistisches Bundesamt: Im "Impfjahr" 2021 verstarben 79 % mehr Menschen als 2020 mit COVID-19

Insgesamt soll­te die "Pressemitteilung Nr. 544 vom 16. Dezember 2022" mit Skepsis gele­sen werden:

»WIESBADEN – Im Jahr 2021 sind in Deutschland nach end­gül­ti­gen Ergebnissen der Todesursachenstatistik ins­ge­samt 1 023 687 Menschen ver­stor­ben, davon waren 515 559 Männer und 508 128 Frauen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) wei­ter mit­teilt, stieg die Zahl der Todesfälle damit um 3,9 % gegen­über dem Vorjahr (2020: 985 572 Verstorbene). An COVID-19 als Grundleiden ver­star­ben im Jahr 2021 in Deutschland ins­ge­samt 71 331 Menschen, das waren 79 % mehr als im Vorjahr (2020: 39 758). Damit war COVID-19 bei 7,0 % aller Verstorbenen die aus­schlag­ge­ben­de Todesursache. „Statistisches Bundesamt: Im "Impfjahr" 2021 ver­star­ben 79 % mehr Menschen als 2020 mit COVID-19“ weiterlesen

eurostat: Übersterblichkeit erreicht +16%, bisher höchster Wert für 2022

Die Statistikbehörde der EU ver­öf­fent­lich­te am 16.9. die­se Information:

»Die Übersterblichkeit in der EU ist im Juli 2022 auf +16 % gestie­gen, gegen­über +7 % im Juni und Mai. Dies war der bis­her höch­ste Wert im Jahr 2022 und bedeu­tet rund 53 000 zusätz­li­che Todesfälle im Juli die­ses Jahres im Vergleich zu den monat­li­chen Durchschnittswerten für 2016–2019. „euro­stat: Übersterblichkeit erreicht +16%, bis­her höch­ster Wert für 2022“ weiterlesen

20 Mal mehr Tote als 2020. Hatten wir in diesem Jahr den tödlichsten Sommer der Pandemie?

Klingt wie vom Schwurbelkanal, ist aber t‑online.de am 27.8. Eigentlich soll mit dem Beitrag davor gewarnt wer­den, Omikron zu unter­schät­zen. Denn es gebe auch viel mehr "Corona-Infizierte", wes­halb im Verhältnis "im Juli 2022 rund 0,11 Prozent der Infizierten an Covid-19" gestor­ben seien.

In Wirklichkeit sind es noch weni­ger (Schwurbelargument):

»Unter den Verstorbenen sei­en jedoch auch vie­le Menschen, die zwar an der Omikron-Variante erkrankt waren, aber aus ande­ren Gründen ver­sto­ben [sic] sei­en, sagt Christian Karagiannidis, Mitglied der Corona-Expertenrats der Bundesregierung und Intensivmediziner, in einem Bericht des "Tagesspiegels".«

Dann wird es ver­ückt: „20 Mal mehr Tote als 2020. Hatten wir in die­sem Jahr den töd­lich­sten Sommer der Pandemie?“ weiterlesen

Zwölf der 166 obduzierten Personen verstarben tatsächlich an Covid-19

»Im Brandenburgischen Institut für Rechtsmedizin wur­den seit Ausbruch der Pandemie bis Anfang August 2022 ins­ge­samt 166 Verstorbene im Kontext mit Covid-19 obdu­ziert, haupt­säch­lich um die Todesursache zu klä­ren. Die Obduktionen wur­den durch die Staatsanwaltschaften ange­ord­net, eine Obduktion erfolg­te in pri­va­tem Auftrag. Das Ergebnis: Zwölf der obdu­zier­ten Personen ver­star­ben tat­säch­lich an Covid-19.«

Diese Information ist zu lesen auf tages​spie​gel​.de in einem Artikel, der erstaun­li­cher­wei­se die Überschrift trägt "Gestorben an und nicht mit Corona: Virus in Brandenburg mei­stens Todesursache". Denn das behaup­tet das Gesundheitsministerium "der Statistik zufol­ge": „Zwölf der 166 obdu­zier­ten Personen ver­star­ben tat­säch­lich an Covid-19“ weiterlesen

Übersterblichkeit: Rätselhafte Todesfälle in Europa

Unter die­sem Titel ist auf welt​.de (Bezahlschranke) am 7.9. zu lesen:

»Spani­en, Portugal, Großbritannien und auch Deutschland – seit April ist die Sterberate in Europa unge­wöhn­lich stark ange­stie­gen, durch­schnitt­lich um elf Prozent. Besorgniserregend an die­ser Sterbewelle ist, dass sie nicht unmit­tel­bar mit der Pandemie zu tun haben kann.

In Spanien mach­ten sich die Experten zuerst auf die Suche nach einer Erklärung. Dort fal­len die Todeszahlen beson­ders dra­stisch aus dem Rahmen. Spanien hat­te im Juli 2022 fast 10.000 mehr Tote regi­striert als im glei­chen Monat 2019. In Deutschland fiel die sprung­haft hoch­ge­schnell­te Todesrate zwar deut­lich, aber nicht so dra­ma­tisch aus. „Übersterblichkeit: Rätselhafte Todesfälle in Europa“ weiterlesen

Vorsicht bei Statistiken zu Übersterblichkeit

Auf info​sper​ber​.ch ist am 1.9. unter dem Titel "Covid-Übersterblichkeit: fast 20-fache Unterschiede" dar­ge­stellt, wel­che Fallstricke bei der Interpretation von Statistiken zu beach­ten sind:

»Welches Land hat die Pandemie am besten gemei­stert? In die­sem unse­li­gen «Wettbewerb» zitie­ren Medien gern Studien zur Übersterblichkeit. 

Dabei schät­zen die Wissenschaftler, wie vie­le Menschen wäh­rend der Pandemie ihr Leben ver­lo­ren, ver­gli­chen mit nicht-pan­de­mi­schen Zeiten. «Die Übersterblichkeit war [weltweit—Anm. d. Red.] im Schnitt 13 Prozent über Norm», berich­te­te bei­spiels­wei­se SRF im Mai über einen Ländervergleich der WHO 1. In die­ser Studie schnitt Schweden klar bes­ser ab als Deutschland. «Ist Deutschland Corona-Spitze? Ja, bei der Übersterblichkeit», spot­te­te dar­auf­hin «Die Weltwoche«.

Beim genaue­ren Betrachten sol­cher Vergleiche kom­men jedoch Zweifel auf. Man soll­te Berechnungen zur Übersterblichkeit «mit gro­sser Vorsicht» betrach­ten, rät der Nobelpreisträger für Chemie 2013, Michael Levitt, in der Fachzeitschrift «Environmental Research«. Zusammen mit Kollegen ver­glich er dort vier Studien zur Übersterblichkeit in ver­schie­de­nen Ländern, die in den Medien gro­sse Resonanz fan­den, und hat auch selbst ent­spre­chen­de Berechnungen angestellt.

Mal ster­ben mehr Menschen als erwar­tet, mal sind es weni­ger als vor der Pandemie

Die Ergebnisse der vier Studien klaf­fen – etwa für Norwegen oder Luxemburg – um das 19-fache aus­ein­an­der. In Japan zum Beispiel star­ben je nach Studie in den Jahren 2020 und 2021 ent­we­der rund 19’500 Personen weni­ger als sonst üblich – oder aber 111’000 Personen mehr, als auf­grund der Erfahrung zu erwar­ten gewe­sen wären. 

Je nach poli­ti­scher Absicht ist es also ein leich­tes, das eige­ne Land in bes­se­rem oder schlech­te­rem Licht erschei­nen zu las­sen, indem man die eine oder die ande­re Studie her­an­zieht. Alle die­se Studien wur­den von Experten begut­ach­tet und gut­ge­hei­ssen…«

Zur Illustration wird die­se Tabelle angeführt:

Auch am Beispiel der Übersterblichkeit bei Kindern wird dar­ge­stellt, wie unter­schied­li­che Ansätze zu sehr ver­schie­de­nen Ergebnissen füh­ren können.