Lange Zeit war campact ein Kampagnen-Netzwerk mit vernünftigen Zielen und großer Reichweite. Die Organisation engagierte sich gegen die Bahnprivatisierung, in der Umweltbewegung, für Edward Snowden und gegen TTIP. Wie attac und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) wurde ihr der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt. Dagegen haben sich in einer Petition fast 400.000 Menschen ausgesprochen.
Dann kam Corona. Campact-Vorstand Felix Kolb warnte vor "Protesten gegen die Corona-Auflagen" (s.u.), nachdem man sich im März bereits der "Bleib-zu-Hause"-Kampagne angeschlossen hatte. Das kostete die Organisation tausende Mitglieder und SpenderInnen. Inzwischen geht sie einen Schritt weiter. Auf ihrer Petitionsplattform findet sich seit einigen Tagen dieser absurde Aufruf:
»Aberkennung der Gemeinnützigkeit für die Stiftung Rubikon
Das Online-Magazin Rubikon ist ein Sammelbecken abenteuerlichster Verschwörungsfantasien und offener Hetze gegen demokratische Strukturen. Es ist nicht zu fassen, dass diese Organisation die Gemeinnützigkeit besitzt, die z.B. Attac, Campact und der VVN aberkannt wurde. Das Finanzamt Münster wird aufgefordert, dieser Stiftung die Gemeinnützigkeit zu entziehen.«
Als Begründung wird angeführt:
»Dieses Magazin instrumentalisiert den Diskurs um Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Es nimmt in Kauf oder beabsichtigt, bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuführen. Es ist eine Plattform für die Vernetzung rechtsextremer, antidemokratischer und gewaltbereiter Kräfte.«
Abgesehen davon, daß es eine "Stiftung Rubikon" nicht gibt und das Finanzamt Münster mit dem in Mainz ansässigen Online-Magazin nichts zu tun hat, ist die Begründung grotesk. Man mag Rubikon vorwerfen, daß es allzu blauäugig mit den Verflechtungen prominenter "Querdenker" mit eindeutigen Rechtsradikalen umgeht. Für die genannten Vorwürfe geben die Texte auf der Webseite jedoch nichts her.
Aus der Mail von Felix Kolb vom 15.5.:
»In einer ungewöhnlichen E‑Mail hat Campact-Vorstand Felix Kolb heute die 2,3 Millionen Unterstützerinnen und Unterstützer der Bürgerbewegung Campact eindringlich vor der Teilnahme an sogenannten "Hygiene-Demos" oder ähnlichen Protesten gegen die Corona-Auflagen gewarnt. Obwohl Campact selbst seit über 15 Jahren Entscheidungen von Politik und Regierung kritisiert und Großdemonstrationen organisiert, sieht der Verein in diesen Protesten eine große Gefahr.
"Wenn nicht mehr Vorsicht und Wissenschaft die Corona-Politik bestimmen – sondern Ideologien und Emotionen – schweben bald viele Menschen in Lebensgefahr" sagt Felix Kolb und warnt vor einer möglichen zweiten Infektionswelle. Viele Demonstrantinnen und Demonstranten verweigerten Masken und missachteten Abstandsregeln. Damit gefährdeten sie völlig unnötig sich und ihre Familien, Angehörige der Polizei, des medizinischen Personals oder der Supermärkte.«
Update 28.9.: Wie in einem Kommentar bemerkt wird, ist die Petition von der Seite verschwunden.
Schade dass man kaum erfahren wird wieviele Leute daraufhin den Kontakt zu Campact eingestellt haben.
Ja, da fragt man sich schon, wie strategisch von der Herrschaftsseite gegen mögliche Kritiker vorgegangen wird.
Da gibt es eine linke, regierungskritische Plattform, die plötzlich voll auf Regierungskurs und Konformität umschwenkt (campact). Da gibt es eine informative, fundiert kritische Seite die plötzlich in das "Wir werden alle sterben KÖNNEN"-Geraune einstimmt (swprs). Da gibt es einen Corona-Maßnahmen-Kritiker mit (untypisch) viel medialer Unterstützung, der plötzlich zum Kassandra-Rufer und Impfpapst mutiert (Streek).
Aber es gibt auch alternative, reichweitenstarke Seiten, die nach anfänglichem Schwächeln doch anscheinend langsam zum kritischen Denken zurückfinden (NDS).
„Da gibt es eine informative, fundiert kritische Seite die plötzlich in das "Wir werden alle sterben KÖNNEN".“
Huch, habe ich da was verpaßt?
Das hier scheinen einige Leute verpaßt zu haben. Oder ist dort schon egal was man als SPD sagt?
https://spd-tegernsee.de/fakten-zu-covid-19/
Diese Petition ist heute, am 28.9., einfach nicht mehr da. Es waren 25 Unterschriften zusammen gekommen. Über den Starter der Petition, ein Peter Lassau, weiß ich nichts. Bei Linkedin findet sich ein Pensionierter des Öffentlichen Dienstes.
Positiv gewendet: bei Campact fanden sich praktisch keine Leute die einem Denunzianten zujubeln wollen.
Es geht bergab, im käuflichen Blätterwald