Wie die Partei Die Linke sich einen abbricht im Kampf gegen "Verschwörungstheoretiker", ist auf ihrer Seite "FAQ Corona, Exitdebatte und Verschwörungstheorien" zu lesen:
»Im Internet und bei Demonstrationen (wie den „Hygienedemos“ und „Corona-Spaziergängen“ gegen eine vermeintliche „Gesundheitsdiktator“ [so im Original]), verbreiten sie bundesweit Falschnachrichten und versuchen Stimmungsmache an die Stelle von Gesellschaftskritik zu setzen. Oftmals stimmen sie – im bemerkenswerten Kontrast zu ihrem Selbstverständnisses als „wahre Opposition“ – mit der Werbung großer Boulevardmedien, Wirtschaftsverbände und von extrem rechten bzw neoliberalen Parteien wie AfD und FDP, für eine schnelle „Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität“ überein. Zugleich sind viele Menschen einfach verunsichert. Als LINKE nehmen wir die Sorgen der Menschen ernst und stellen uns zugleich gegen rechte Hetze und Verschwörungsmärchen – und machen ein fortschrittliche Angebote. « (so im Original)
(Hervorhebungen, auch im Folgenden, nicht im Original.)
- bundesweit Falschnachrichten: Tatsächlich? Man kann übers Internet sogar bundesweit was verbreiten? Und Falschnachrichten können nur Rechte und Verschwörer? (s. dazu z.B. Spiegel warnte vor 3,5 Mio. toten Iranern. Heute sind es 7.119)
- Stimmungsmache an die Stelle von Gesellschaftskritik: Da loben wir doch die Gesellschaftskritiker vom RKI und der Johns-Hopkins-Universität
- Sie stimmen mit Werbung überein. Das ist mal ein Kriterium. Die Linke stimmt überein mit Empfehlungen der Regierung – also gibt es da auch keinen Unterschied?
- LINKE machen fortschrittliche Angebote. Welche Angebote zur "fortschrittlichen" Rückkehr zur Normalität macht denn die Linke??
»Auch wenn die schweren Krankheitsverläufe bisher glücklicherweise nur bei einer Minderheit von Infizierten vorkommen, können schon sie das Gesundheitssystem überfordern.«
Das ist das Problem der Linken: Wer heute noch das Mantra verbreitet, das zu Beginn der Infektionswelle noch tragfähig schien, gerät in den gleichen Sog der Unglaubwürdigkeit wie die Regierenden. Inzwischen wissen viele Menschen: Weder ist die Zahl der Infizierten oder gar der Verstorbenen so hoch wie anfangs befürchtet noch bricht hierzulande das Gesundheitssystem zusammen.
Eine andere Frage ist, daß das auf Kosten der dort Beschäftigten geht, die per Notverordnungen zu unmöglichen Arbeitsbedingungen gezwungen werden. Und wieder ein anderer Aspekt wird deutlich bei der Betrachtung der Infektions-Hotspots. Da trifft es oft die kasernierten Geflüchteten und die ausländischen Arbeiter in erbärmlichen Unterkünfte, z.B. bei den Schlachtkonzernen.
»Die Meinungsfreiheit ist nicht eingeschränkt. Auch die wissenschaftliche Debatte wird nicht zensiert: sowohl die Diskussion über die sogenannten Heinsberg-Studie der Bonner Universitätsklinik wie über den die Gefährlichkeit von Corona im Vergleich zur klassischen Grippe waren Gegenstand großflächiger Berichterstattung in den Medien.« (so wirr im Original)
Das ist im besten Fall eine Fehlbeobachtung. 5.000 Polizisten wurden in Berlin zur Verhinderung einer 1.Mai-Aktion aufgeboten, in den letzten Wochen ebenfalls tausende, um Ansammlungen von mehr als 50 Menschen zu verhindern (während andernorts bis zu 10.000 zugelassen waren). Fast sämtliche Straßenproteste mußten in langwierigen juristischen Verfahren erst erstritten werden. Die "wissenschaftliche Debatte" in den Medien sah so aus, daß stets vom Mainstream abweichende Positionen niedergemacht wurden.
Im Widerspruch zur obigen Einschätzung wird sehr wohl erkannt:
»Während die Konzerne mit hunderten Milliarden stabilisiert werden, gibt es kaum Extraausgaben für Menschen mit wenig Geld. Dafür werden Unternehmen für die Zeit der Kurzarbeit sämtliche Sozialabgaben erstattet. Teilweise wurde der Infektionsschutz sogar als Vorwand genutzt, um politischen Protest und demokratische Grundrechte einzuschränken oder arbeitsrechtliche Standards wie den 8‑Stunden-Tag auszuhebeln. Immer wieder lässt sich feststellen, dass die Corona-Krise zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen oder Machtinteressen bestimmter Staatsapparate instrumentalisiert wird. Mit Infektionsschutz hat das wenig zu tun. Das gefährdet die Akzeptanz der nötigen Maßnahmen insgesamt.«
Da ist dann, wer dagegen auf die Straße geht, Verschwörungs-Theoretiker?
»Der aktuelle Plan, die Schulen bundesweit wieder zu öffnen, die Lockerungen für den Einzelhandel… deuten darauf hin, dass der Gesundheitsschutz in der Abwägung gegenüber kurzfristigen Wirtschaftsinteressen letztlich doch den Kürzeren ziehen kann.«
Wenn man sich ausschließlich die Sicht von Virologen zu eigen macht und die von GesellschaftswissenschaftlerInnen und KinderärztInnen gering schätzt, dann kommt solch eine Position dabei heraus. Was soll daran links sein? (vgl. 4 medizinische Fachgesellschaften: Kitas und Schulen vollständig öffnen!)
»Gibt es überhaupt noch eine Opposition?
Aber hallo! Die Linke kämpft für demokratische Grundrechte und soziale Gerechtigkeit bei der Gestaltung aller Maßnahmen. In den Landesregierungen von Berlin und Thüringen haben wir mit dafür gesorgt, dass überzogene und diskriminierende Regelungen zurückgenommen wurden… Wir überlassen den Infektionsschutz nicht der Polizei.«
Ein flottes "Aber hallo" reicht da nicht. Sozialdemokraten "gestalten" den Kapitalismus. Die Linke "gestaltet" die Maßnahmen. Beides ist nicht Opposition. Zur Rücknahme diskriminierender Reglungen vgl. Zwangs-Quarantäne – wen trifft es?.
»Fakt ist: es gibt berechtigte Kritik an der Finanzierung der WHO. Mit einem Spendenanteil von 9,76 Prozent am Gesamtbudget der WHO ist die Bill und Melinda Gates Stiftung nach den USA (Stand 2019) der zweitgrößte Geldgeber…
Weder „kontrolliert“ Gates damit die WHO, noch ist die relative Abhängigkeit von Stiftungen und Einzelspendern Ergebnis einer Verschwörung. Es ist viel banaler: Die Staaten zahlen viel zu wenig für eine globale Gesundheitspolitik. Schon 1993 sind die Pflichtanteile der Mitgliedsstaaten an der Finanzierung der WHO eingefroren worden. Die meisten Projekte werden daher durch zusätzliche freiwillige Beiträge von Regierungen und privaten Spenden finanziert. Das Problem dabei: Wer das Geld gibt, entscheidet mit, welche Projekte finanziert werden. Besonders attraktiv für private Spender und Stiftungen sind Maßnahmen, die kurzfristige sichtbare Ergebnisse liefern. Langfristige und grundsätzliche Vorhaben wie Umstrukturierungen im Gesundheitssystem finden wenig Unterstützung. DAS gefährdet die Unabhängigkeit der WHO. «
Das nennt man Eigentor. Auch in der Linken sollte bekannt sein, daß Investoren es selten nötig haben, Mehrheitsanteile von Firmen zu erwerben, um ihren Einfluß geltend zu machen. 10% sind da schon recht viel. Im übrigen benennt die WHO aktuell den Anteil der BMGS mit 12,12%.
In der Abbildung sind die Organisationen dargestellt, die offiziell an der Vergabe der "Corona-Hilfsmittel" beteiligt sind. Weltbank und Weltwirtschaftsforum dürften eindeutig als Kapitalverbände zu erkennen sein. Bei jeder anderen Organisation finden sich in den Leitungsgremien Vertreter der Bill und Melinda Gates Stiftung.
Richtig ist: Das ist keine Verschwörung. All das findet öffentlich statt. Es ist Neoliberalismus in höchster Ausprägung. Öffentliche Einrichtungen werden kaputtgespart. Investoren "helfen" dann in der Not.
(Der Beitrag wurde am 21.5. aktualisiert.)
Das ist eine klare, saubere Analyse der aktuelle LINKS-Corona-Politik. Danke, Uli Gellermann