Wissenschaftler des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin stehen seit Wochen im Rampenlicht unzähliger Medien. Allen voran Christian Drosten, dessen Karriere dort begann, aber auch Jonas Schmidt-Chanasit.
Das sind die im Hellen. Die aus dem Dunklen versteckt das Institut bislang erfolgreich. Mit seiner üblen kolonialistischen und Nazi-Vergangenheit gibt es keine Auseinandersetzung. Dazu finden sich auf diesem Blog einige Belege.
2015 erinnert sich Marie Nejar in der Zeit daran, wie sie als dunkelhäutiges Kind auf St. Pauli die Nazizeit überlebte. In einer Episode kommt auch das Tropen-Institut vor:
»Die Leute auf St. Pauli waren höchstwahrscheinlich etwas toleranter. Ausländer waren durch den Hafen bekannt. Man sah schwarze Matrosen, man sah Japaner, Chinesen. Und ich war ein kleines Kind. Das macht auch etwas aus. Ich habe überleben können, weil mich die Leute geschützt haben, besonders in meiner Schule…
ZEIT ONLINE: Wurde Ihnen im Alltag bewusst, welche Folgen die Rassengesetze der Nazis für sie haben könnten?
Nejar: Lange Zeit waren sie für mich abstrakt. Aber als ich an Scharlach erkrankt war, verstand ich, was sie bedeuteten. Eigentlich hätte ich ins Krankenhaus gemusst. Aber unser jüdischer Hausarzt Doktor Blumenthal warnte uns vor den Zwangssterilisationen, die mir dort hätten widerfahren können. Er kam stattdessen jeden Morgen und jeden Abend in unsere Wohnung, um nach mir zu sehen und mir Medikamente zu verabreichen. Was aus ihm geworden ist, weiß ich nicht. Monate später war das Schild an seiner Haustüre abmontiert.«
Andere Mediziner, etwa die des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (so der heutige Titel), hatten diese Sorge nicht.
»Eine andere Sache war, dass mein Lehrer mir keinen Geigenunterricht mehr geben durfte. Er hatte mich und ein blondes Mädchen für eine Aufführung im Tropeninstitut in der heutigen Bernhard-Nocht-Straße ausgewählt. Es war Weihnachten, wir haben dort mit den Soldaten Lieder gesungen. Uns wurde dafür ein Mittagessen versprochen. Darauf haben wir uns unheimlich gefreut. Nach fast anderthalb Stunden haben uns die Professoren und Direktoren plötzlich rausgeschmissen. "Gerda, jetzt haben wir ja nur ein paar Kekse in der Hand, aber kein Mittagessen bekommen", sagte ich. Erst später haben wir erfahren, dass mein Lehrer Schwierigkeiten bekommen hatte, weil er uns beide zusammen hatte auftreten lassen.«
Es geht hier nicht darum, die wissenschaftlichen Verdienste des Instituts zu schmälern. Es ist aber höchste Zeit, daß es sie historisch einordnet und sich zu den Verbrechen bekennt, die seine Funktionäre begangen haben, die auch nach dem Krieg und bis heute gepriesen werden. Die Charité und das RKI haben gezeigt, daß das möglich ist.