Nicht die heftige Legitimitätskrise der Staaten der EU wegen der "Corona-Maßnahmen" war der Grund, nein, herhalten muß der Terrorismus für den erheblichen Einschnitt in Bürgerrechte. Praktischerweise gab es in Frankreich und Österreich islamistische Anschläge, die die Behörden nicht auf dem Schirm hatten. Logisch ist dann offenbar, daß nun die digitale Kommunikation aller Menschen überwacht werden muß. "Auf den Terroranschlag folgt EU-Verschlüsselungsverbot" ist der Titel eines Beitrags dazu auf fm4.orf.at, in dem zu lesen ist:
»Im EU-Ministerrat wurde binnen fünf Tagen eine Resolution beschlussfertig gemacht, die Plattformbetreiber wie WhatsApp, Signal und Co. künftig dazu verpflichtet, Generalschlüssel zur Überwachbarkeit von E2E-verschlüsselten Chats und Messages anzulegen.
Der Terroranschlag in Wien wird im EU-Ministerrat dazu benützt, um ein Verbot sicherer Verschlüsselung für Services wie WhatsApp, Signal und viele andere im Schnellsiedeverfahren durchzusetzen. Das geht aus einem mit 6. November datierten internen Dokument der deutschen Ratspräsidentschaft an die Delegationen der Mitgliedsstaaten im Rat hervor, das ORF.at vorliegt.«
Das Dokument gibt es hier. Im Artikel heißt es weiter:
»Mittlerweile wird zwar immer klarer, dass offenbar haarsträubende Ermittlungsfehler im BVT den Anschlag erst ermöglicht hatten und nicht fehlende digitale Überwachungsbefugnisse. Ob irgendein solcher Zusammenhang zur Tat besteht, ist allerdings unerheblich. In Brüssel wird so ein Anlass seit 25 Jahren mit schnöder Regelmäßigkeit dafür missbraucht, längst geplante Überwachungsvorhaben durchzusetzen. Auf diese Weise wurde die fünf Jahre lang in der EU umstrittene Vorratsdatenspeicherung nach den Zugsanschlägen in Madrid (2004) und London durch Islamisten (2005) durch den Ministerrat und das Parlament geschleust.
Verabschiedung ohne weitere Diskussionen
Diese Resolution des Ministerrats ist laut Dokument – da wird um allfällige letzte Einwände gebeten – nicht nur fast fertig ausformuliert. Sie ist im Rat offenbar auch bereits fertig abgestimmt. Am 19. November soll sie dann in der Ratsarbeitsgruppe zur Kooperation im nationalen Sicherheitsbereich (COSI) verabschiedet werden, am 25. ist die Vorlage im Rat der ständigen Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten (COREPER) geplant. Dort hat der Ratsbeschluss bereits den Status eines I‑Items, damit kann er ohne weitere Diskussion passieren.
In einer für Anfang Dezember geplanten virtuellen Sitzung des Rats der Innen- und Justizminister soll der Beschluss dann abgefeiert werden. Was folgen wird, ist klar, nämlich ein Auftrag des Ministerrats an die EU-Kommission, einen Entwurf für eine Verordnung zu erstellen, die dann das übliche Prozedere durch Parlament und Rat durchlaufen wird. Angesichts der offenbaren Einstimmigkeit wäre es im Ministerrat allerdings möglich, die geplante Regulation in ihrem Kern auch ohne Mitwirkung des Parlaments durchzuziehen…
„Competent authorities“ lassen grüßen
Laut weiteren Informationen, die ORF.at vorliegen, soll die Überwachungsmethode „Exceptional Access“ gewählt werden, das geht indirekt bereits aus diesem nicht technischen Resolutionstext hervor. Unter acht möglichen Modellvorschlägen, die allesamt aus technischen Szenarien verschiedener Geheimdienste stammen, wurde jener aus dem britischen „National Cyber Security Center“ (NCSC) ausgewählt. Das NCSC ist eine Abteilung des britischen Militärgeheimdienstes GCHQ. Plattformbetreiber wie WhatsApp, Signal und Co, die alle E2E-Verschlüsselung benützen, sollen verpflichtet werden, zusätzlich Generalschlüssel anzulegen und diese zu hinterlegen…«