Immer dringlicher wurden die Veranstalter der "Hygiene-Demo" an der Berliner Volksbühne aufgefordert, sich von Nazis zu distanzieren. In ihrem aktuellen "Widerstand"-Blatt, das angeblich in einer Auflage von 380.000 Exemplaren erscheint, bekennen sie Farbe:
"Um es klar zu sagen: Mit Antisemiten und nationalistischen Holocaustleugnern haben unsere Spaziergänge nichts zu tun. Wir verteidigen die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung gegen Schlechteres. Nein danke, hier bitte nicht!
NUN ZU UNSEREN LINKEN MITBÜRGERN:
Bis dato versagt die kritische Intelligenz der Republik auf ganzer Linie. »Guten Morgen, Faulpelze! Aufstehn, Diktatur ist fertig!« Die Kollegen interessieren sich gerade vornehmlich für Menschen in anderen Regionen des Planeten, aber nicht für sich selber. Das ist vornehm, ultrafein und unterstützenswert. Wir hier sind aber auch noch da. Oder wollen sie etwa sagen: »Uns geht es hier ja noch so gut«? Wir haben auch für sie die Versammlungsfreiheit zurückerstritten." Link
Mit dieser "Abgrenzung" können RassistInnen und Ausländerfeinde bestens leben. Die AfD ist offiziell Israel-freundlich, zu naivem Leugnen des Holocausts wird sie sich nicht hinreißen lassen.
Schlimmer noch: Deutlich umfangreicher ist die Distanzierung gegenüber Linken, die sich u.a. die Solidarität mit Flüchtlingen auf die Fahnen geschrieben haben. Da ist nichts mehr naiv, verklausuliert oder mißverständlich, sondern ein Angebot an den rechten Rand.
Das Blatt wird u.a. von politischen JournalistInnen herausgegeben. Es ist nicht vorstellbar, daß ihnen unbekannt ist, daß es in den 70er Jahren eine von NPD-Funktionären gegründete militante "Aktion Widerstand" gab. Was eigentlich sehen wir im Logo des Blattes?
Ken Jebsen, einer der Unterstützer, kann keinen einzigen Nazi in seinen Reihen ausmachen (es gibt zahlreiche Fotos von ihnen):
"Die politische Ausrichtung dieser Menschen würde ich spontan als klassische, normale Bürger bezeichnen. Menschen, die eher selten auf Demonstrationen gehen, aber den Ernst der Lage erkannt haben."
In einem Interview wird ein Parteiengründer vorgestellt mit dem ungemein liberalen und demokratischen Vorschlag: "Kranke, Ausscheider, Verdächtige und Kontaktpersonen isolieren". Sein Ziel ist "eine echte Mitmachpartei", bei der "Linke, Rechte, Christen und Muslime als Freunde nebeneinandersitzen und gemeinsam an eine bessere Welt glauben."
Marburger "Demokratische Widerständler" berichten, bei ihrer Aktion sei vor einer "DDR 2.0" gewarnt worden – ein Vokubular der Höckes und Lengsfelds. Eine Artikelüberschrift lautet in bester Pegida-Manier: "OppositionsgründerInnen werden in Berlin durch das neue Terror-Regime verfolgt".
Uli Gellermann, linker Blogger, verkehrt links und rechts, wenn er schreibt:
"Wer also das Grundgesetz verteidigt, wie all jene Frauen und Männer, die regelmäßig am Samstag für die Verfassung auf die Straße gehen, der kämpft GEGEN RECHTS, der ist GEGEN genau jenen Rassismus, der den RECHTEN zu eigen ist."
Mit diesem Satz definiert er alle TeilnehmerInnen als KämpferInnen gegen Rechts, tragen sie nun Trump-Plakate oder grölen das seit Pegida-Tagen verbrannte "Wir sind das Volk!". Weitaus mehr Raum in seinem Beitrag nimmt die Schelte der Linken ein mit der Essenz:
"Wer das Grundgesetz, die Demokratie und unser aller gutes Recht nicht schützen will, der ist in Wahrheit RECHTS. Und er tarnt sich damit, dass er den anderen das eklige rechte Etikett ans Hemd klebt."
Der Nazi Vorwurf ist immer ein Totschlag Argument. Wenn man Jemandes Meinung nicht gut findet nennt man ihn eine Nazi, schon hat der andere ein Problem und man selbst ist fein heraus. Selbst wenn er sich davon distanziert kann man es so drehen klar er will sich ja nur distanzieren… Egal was man sagt, einmal das Nazi Prädikat auf der Stirn, keine Chance mehr. Schade, dass die Wiederstandsdemos auf diese Art mundtot gemacht werden sollen. Könnte man die Demos für Rechte verbieten? vielleicht ein Copyright auf auf den Namen der neuen Partei, dass diese auf keinen Fall von Rechten ausgesprochen werden darf? Und unter hohe Strafe stellen falls Rechte Ideen daraus zitieren? Die Meinungsfreiheit gilt natürlich nicht für die Rechten. Ist schon dumm, dass die „wir sind das Volk“ schreien, da hätte mal ein PR Berater ne bessere Idee beisteuern sollen. Aber war das alles von langer Hand geplant? Schade, dass der Fokus der Diskussion auf rechts und links liegt und nicht darauf, ein vernünftiges Maß zu finden Unter Einhaltung der Grundrechte auch die Gesundheit der Menschheit zu erhalten. Wobei ja auch diese Gesundheit differenziert wird. Für Menschen die an Hunger sterben, an den Folgen schlechte Ernährung (Lebensmittelindustrie Thematik), Autounfälle, Krankenhaus Keime, gilt dieses Streben wohl weniger. Oder Menschen die sterben weil sie gerade jetzt nicht operiert werden können. Die gibt es tatsächlich (gab es auch schon 2006, als infolge der Einsparungen im Gesundheitswesen gestreikt wurde) Schützenswert scheinen in der aktuellen Situation nur Corona Fälle zu sein. Da hilft nur meditieren.…
Wenn der "Nazi Vorwurf immer ein Totschlag Argument" ist, dann kann es nach dieser Logik keine Nazis geben. Nun ist aber nicht zu bestreiten, daß es in unserem Land Menschen gibt, die andere wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihres Geschlechts angreifen. Das geschieht formal meist gesittet im Parlament und draußen bis hin zu Morden.
Es wäre hilfreich, sich von diesem Gedankengut zu distanzieren anstatt zu klagen, daß wer dem anhängt, Nazi genannt wird.
Es ist natürlich Unfug zu behaupten, alle oder auch nur die meisten Menschen vor der Volksbühne wären Nazis. Ich stimme zu, daß das Thema Gesundheit differenziert zu betrachten ist. Meditieren ist bestimmt nicht falsch. Die erwähnten Aktionen gegen das Kaputtsparen des Gesundheitssytems zu unterstützen wäre noch besser – ein Vorteil dabei ist, daß sich dort kein Nazi einfinden wird.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
„Die erwähnten Aktionen gegen das Kaputtsparen des Gesundheitssytems zu unterstützen wäre noch besser – ein Vorteil dabei ist, daß sich dort kein Nazi einfinden wird.“
Wo sind diese Aktion zu finden, da würde ich mich eigentlich gerne beteiligen. Allerdings auch nur so lange, bis irgendein Gegner dieser oder jener Veranstaltung behauptet, er habe dort Nazis gesehen.
Hallo Klaus,
eine gute Anlaufadresse für Infos und Aktionsvorschläge zum Gesundheitssystem ist die:
http://mehr-krankenhauspersonal.de/