Razzia beim Richter. Anwalt nennt Vorgehen in Weimar „Irrsinn” und „rechtswidrig”

Am 27.4. berich­tet nord​ku​rier​.de:

»Durchsuchungen, beschlag­nahm­te Datenträger: Der Nordkurier sprach mit dem Anwalt von Richter Christian Dettmar. Dieser ver­bot die Corona-Maßnahmen an zwei Schulen, jetzt wird wegen Rechtsbeugung ermittelt.

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate aus Hamburg ver­tritt Amtsrichter Christian Dettmar aus Weimar..

„Die Rechtsbeugung soll dar­in bestan­den haben, dass Herr Dettmar sich eine Kompetenz ange­maßt habe, die ihm eigent­lich nicht zukommt. Das Familiengericht hät­te so eine Anordnung gegen­über der Schulleitung, dass kei­ne Masken getra­gen wer­den sol­len, nicht tref­fen dür­fen. Das sei allein Sache des Verwaltungsgerichts. Das ist der Vorwurf.“

Und das erfüllt den Tatbestand der Rechtsbeugung?

„Ja, das soll Rechtsbeugung sein. Aber dass Richter mal etwas falsch ent­schei­den – wie das Verwaltungsgericht Erfurt hin­sicht­lich der Entscheidung des Familiengerichts in Weimar meint – ist ja noch lan­ge kei­ne Sache der Rechtsbeugung. Das ist Quatsch. Ich habe schon eini­ge Fälle von Rechtsbeugung ver­tre­ten. Sie liegt vor, wenn ein Richter gegen zwin­gen­de Rechtsvorschriften ver­stößt. Wenn er einen einen kla­ren Gesetzeswortlaut ein­deu­tig igno­riert. Nur dann kommt der Tatbestand der Rechtsbeugung über­haupt in Betracht.“

Mehr lesen: Polizeieinsatz bei Weimarer Richter

Gibt es wei­te­re Voraussetzungen?

„Der Betroffene muss bewusst das Recht ver­let­zen. Es muss ein Vorsatz bestehen. Das kann man hier, wenn man sich die unend­lich sorg­fäl­ti­ge Begründung des Beschlusses vom Amtsgericht Weimar anschaut, aber nicht mal im Ansatz sagen. Die Begründung ist wirk­lich mit sehr viel Vorbedacht und sehr viel Sorgfalt – er hat ja drei Sachverständige gehört – ver­fasst wor­den. Da ist nicht mal dran zu den­ken, dass er den Vorsatz gehabt hat, das Recht zu verletzen.“

Aber es besteht ja der Vorwurf, dass er die­se Sache gar nicht ent­schei­den durfte.

„Die Vorschrift auf die er sich im Beschluss gestützt hat, ist ja §1666 Abs. 4 BGB. Diese gebie­tet nicht mal im Ansatz die Interpretation, die der Staatsanwaltschaft in Erfurt bei der Beantragung der Durchsuchungsanordnung vor Augen stand. Es ist so, dass ein Familienrichter nach §1666 Abs. 1 aus Gründen der Fürsorge für das Wohl des Kindes bestimm­te Anordnungen tref­fen kann. Adressaten sind hier pri­mär natür­li­che Personen im Umfeld des Kindes. In Absatz 4 wird die­se Befugnis noch auf „Dritte” aus­ge­dehnt. Da ist die Frage: Wer sind Dritte? Sind das nur natür­li­che Personen oder sind das mög­li­cher­wei­se auch öffent­li­che Einrichtungen wie eine Schule?“…

Es wur­den ja auch Gerüchte laut, dass Richter Dettmar der Fall gezielt zuge­führt wurde.

„Das hal­te ich für Nonsense.“

Ist die­ser Vorwurf denn auch Gegenstand der Ermittlungen?

„So weit ich weiß, nein. Ich habe Einsicht in die Ermittlungsakten bean­tragt, aber noch nicht vor­lie­gen. Ich habe auch Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung beim Amtsgericht Erfurt eingelegt.“

Welchen Hintergrund haben Ihrer Meinung nach die Beschlagnahmung von Handy und Laptop?

„Es kann ja nur dar­um gehen, zu erfah­ren, was Herr Dettmar für Kontakte hat. Welche Art von Kontakten die Staatsanwaltschaft auf den Datenträgern ver­mu­tet, was da von Interesse sein soll­te, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären.“

Würden Sie sagen, dass die Durchsuchung und die Ermittlungen ein Rechtsbruch sind?

„Es auf jeden Fall ein skan­dal­träch­ti­ges Vorgehen. Es ist ein unmit­tel­ba­rer Eingriff in die rich­ter­li­che Unabhängigkeit. Der Richter hat ledig­lich eine ande­re Rechtsposition ver­tre­ten als das Verwaltungsgericht wenig spä­ter ein­ge­nom­men hat – das macht ihn aber nicht zum Rechtsbeuger. Das anzu­neh­men, ist schon ein gewis­ser Irrsinn. Der zu Corona-Zeiten aber immer mehr um sich zu grei­fen scheint.“…

Wie geht es wei­ter, wenn die beschlag­nahm­ten Datenträger aus­ge­wer­tet wurden?

„Ich bin mir ziem­lich sicher, dass das Verfahren als­bald ein­ge­stellt wird. Das 'Tatwerkzeug' ist der Beschluss selbst und die beschlag­nahm­ten Datenträger haben für die Entstehung die­ses Beschlusses kei­ner­lei Bedeutung. Insofern ist die Aktion eine rei­ne Ausforschung, wel­che per­sön­li­chen Hintergründe der Richter hat. Und das ist rechts­wid­rig.“«

15 Antworten auf „Razzia beim Richter. Anwalt nennt Vorgehen in Weimar „Irrsinn” und „rechtswidrig”“

  1. Hat jemand einen Münchner Kommentar zum BGB zur Hand? Oder ande­ren BGB Kommentar?

    Par 1666 Abs 4 BGB müss­te ja aus­rei­chend kom­men­tiert sein.

    Auch die Gesetzesbegründung der Einführung liegt vor.

    Dritte kön­nen nicht-reli­giö­se Sekten z.B. sein…aber Scherz bei Seite, die Rechtsbeugung sehe ich an ande­rer Stelle…

    1. nicht-reli­giö­se Sekten … hm .. also der WEF/Gates-Trust und sein Marionettenpersonal?
      Oder die irre­füh­ren­der­wei­se Zero-Covid gen­an­ne Seke, die ja Zero posi­ti­ve PCR meint und dadurch gern­au ver­hin­dert, dass eine T‑Zellen-Immunität gegen COVID 19 ent­ste­hen kann?
      Ist nicht reli­giö­se Sekte irgend­wo juri­stisch defiiniert?

      1. @Bernd: Meine Anmerkung war durch J. von Staudingers Kommentar zum BGB 'inspi­riert': https://​epub​.ub​.uni​-muen​chen​.de/​8​7​2​2​/​1​/​8​7​2​2​.​pdf

        Siehe RZ 93: da geht es um Sekten als Dritte im Sinne von P 1666 Abs. 4 BGB. Dort besteht aber eine Einschränkung nach P 5 Satz 1 RKEG/KErzG – https://​www​.geset​ze​-im​-inter​net​.de/​k​e​r​z​g​/​_​_​5​.​h​tml :

        'Nach der Vollendung des vier­zehn­ten Lebensjahrs steht dem Kinde die Entscheidung dar­über zu, zu wel­chem reli­giö­sen Bekenntnis es sich hal­ten will.'

        Der Kommentar in RZ 93 weisst nun dar­auf hin, dass die­se Einschränkung aber nicht gilt, 'wenn im Einzelfall die Sekte nicht als 'reli­giö­ses Bekenntnis' iSd P 5 Satz 1 RKEG gilt.

        Darauf habe ich mich mit 'nicht­re­li­giö­se Sekte' bezogen.

        Aber auch von Sektenbeauftragten wur­de und wird ja der Begriff 'Sekte' auf nicht­re­li­giö­se 'Gruppierungen' ange­wen­det. Es wird von 'Politsekten' (man 'goog­le' den Begriff Politsekte) gespro­chen, oder man­che wol­len von Scientology oder Satanismus z.B. als Sekte spre­chen. Einzelne Gruppierungen oder 'Kirchen' des Satanismus aller­dings, so liesst man ab und zu, haben aber qua­si 'Religionsstatus' bean­tragt und erhal­ten, vom US Militär, vom IRS = US Finanzministerium. Ist also im Einzelfall abzugrenzen.

        Der Sektenbegriff dürf­te nicht irgend­wo 'recht­lich defi­niert' sein, 'Religion' oder 'Religionsgemeinschaft' oder ver­wand­te Sachverhalte ('reli­giö­ses Bekenntnis') wohl öfters in ver­schie­de­nen Ländern in ver­schie­de­nen Kontexten.

        Weil ja 'immer dann', oder 'nur dann', wenn in einem Gesetz etc. bestimm­te Rechtsfolgen wie Privilegien oder Rechte an einen Rechtsbegiff geknüpft sind, die­ser auch defi­niert bzw. aus­ge­legt wer­den muss.

  2. @A‑w-n, 27. April 2021 um 21:48 Uhr 

    Vorneweg: ich habe von Jura kei­ne Ahnung.
    Kann das fol­gen­de nicht einschätzen.

    Was ich gefun­den habe:

    aus Palandt

    1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls.

    e) Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten, IV. Das FamG kann in Angelegenh der PersSorge auch
    ggü Dritten Anordngen tref­fen, so dass Elt nicht gezwun­gen sind, zur Abwehr einer KiWohlstörgen den ZivilRWeg
    zu beschrei­ten. Dritter ist jeder NichtEltTeil (BayOBLG FamRZ 95, 948: älte­re Schwester; AG Kassel DAV 96,
    411: psych­iatr Klinik, die Aufn des Kindes ver­wei­gert). Das FamG kann etwa dch Umgangs- u Kontaktverbote
    den Einfluss des Dritten auf das Kind, aber auch Gewalt od ent­wür­dig­de ErziehgsMaßn unter­bin­den (Düss NJW 95
    1970: Verdacht auf sexu­el­len Missbr dch den LPartner der Mutter; vgl auch Köln FamRZ 01, 37). Es bedarf dazu
    kei­nes Antrags der Elt, so dass dch eine sol­che Anordng mit Drittwirkg auch unab­häng von § 1632 III einem Zuhäl
    ter unmit­telb der wei­te­re Kontakt zu einer Mindeq ver­bo­ten od ggü einem Sexualtäter ein Wohnortwechsel
    dchge­setzt wer­den kann (Zweibr FamRZ 94, 976; Köln KindPrax 99, 95, sog go-order). …

  3. Folgendes habe ich im ande­ren Artikel erwaehnt und dies muss ja noch erse­hen werden. 

    Wahnsinn. Da kann dann ja jeder kom­men und nun Richter ver­daech­ti­gen. Natuerlich nur, wenn Sie gegen die Legislative entscheiden.

    +++

    Es wur­den ja auch Gerüchte laut, dass Richter Dettmar der Fall gezielt zuge­führt wurde.

    „Das hal­te ich für Nonsense.“

  4. hier wird etwas detail­lier­ter Zusammengefasst

    https://​www​.tichys​e​inblick​.de/​d​a​i​l​i​-​e​s​-​s​e​n​t​i​a​l​s​/​w​i​r​-​s​i​n​d​-​e​n​t​s​e​t​z​t​-​r​i​c​h​t​e​r​v​e​r​e​i​n​-​s​i​e​h​t​-​h​a​u​s​d​u​r​c​h​s​u​c​h​u​n​g​-​b​e​i​-​w​e​i​m​a​r​e​r​-​r​i​c​h​t​e​r​-​a​l​s​-​r​e​c​h​t​s​w​i​d​r​i​g​-​an/

    Zudem dürf­te die Durchsuchung “rechts­wid­rig” sein, erklär­te der Sprecher (KRiStA) wei­ter. Vieles spre­che dafür, dass der Ermittlungsrichter und die Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen der Strafbarkeit nicht sau­ber geprüft hät­ten. “Der Wortlaut des Paragraphen 1666 Abs. 4 BGB lässt eine Anordnung auch gegen­über der öffent­li­chen Hand zu. Die ein­schlä­gi­ge Kommentierung zu die­ser Norm hat dies bis­lang unter Verweis auf eine gericht­li­che Entscheidung gegen­über einer geschlos­se­nen Psychiatrie als Trägerin der Staatsgewalt für zuläs­sig erklärt”, führ­te der Mann aus.

    Und natuer­lich
    https://​netz​werk​kri​sta​.de/​2​0​2​1​/​0​4​/​2​7​/​a​u​f​s​a​t​z​-​c​o​r​o​n​a​-​m​a​s​s​n​a​h​m​e​n​-​v​o​r​-​d​e​m​-​f​a​m​i​l​i​e​n​g​e​r​i​c​h​t​-​e​i​n​e​-​u​n​g​e​w​o​e​h​n​l​i​c​h​e​-​e​n​t​w​i​c​k​l​u​ng/

  5. Wenn ich jetzt mal auch 'Wahnsinnig' BGB 1666 (1) aus­le­gen woll­te, also:

    "(1) Wird das kör­per­li­che, gei­sti­ge oder see­li­sche Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefähr­det und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzu­wen­den, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu tref­fen, die zur Abwendung der Gefahr erfor­der­lich sind."

    Könnte ich ja auch argu­men­tie­ren, das alle Eltern, wel­che Ihre Kinder nun nicht gegen die schä­di­gen­den Maßnahmen schüt­zen um die Gefahren abzu­wen­den .. qua­si ver­don­nert wer­den müssten.

    Nur mal so als Gegensatz ..

    Der KRiStA Aufsatz liest sich ja ganz klar bzgl. BGB 1666 (4).

  6. Vor allem die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die seit über einem Jahr nach dem 3‑Affen-Stell'n‑wa-uns-mal-janz-dumm-Prinzip Regierungspolitik betreibt, soll bit­te­schön die freisler'sche Schnauze hal­ten! Die wis­sen inzw. aber, dass sie sel­ber alle wegen Rechtsbeugung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bau lan­den wür­den, wes­halb sie aus der Nummer nicht mehr raus­kom­men und sich immer tie­fer in die faschi­sti­sche Scheiße reiten.

    Natürlich ist der § 1666 BGB auch gegen staat­li­che Institutionen oder auch deren Vertreter anwend­bar. Wie auch gene­rell das Zivilrecht gegen­über dem Staat anwend­bar ist. Wenn ein Handwerksbetrieb das Rathaus reno­viert und die Stadt nicht zahlt, dann wird es eben verklagt. 

    Wenn ein Amtsträger sei­nen Pflichten nicht nach­kommt und des­halb jemand stirbt oder schwer ver­letzt wird, ist er haft­bar. Genauso, wie wenn er rechts­wid­ri­ge Befehle oder Gesetze durch­setzt. Jedenfalls rei­ßen sich die Verwaltungsgerichte, als auch die Staatsanwaltschaften ein­mal mehr die Maske von ihrer häss­li­chen Faschisten-Fratze.

    Das hier ist kein "Rechtsstaat", das ist ein per­ver­ses Schauspiel, wie es in die­sen Breiten vor rund 80 Jahren schon ein­mal urauf­ge­führt wurde.

  7. Diese Durchsuchung war anschei­ned der ein­zig noch mög­li­che Befreiungsschlag für die Thüringer Landesregierung. Ich mei­ne, in dem Weimarer Verfahren wür­de als näch­stes eine Hauptsacheverhandlung und eine höher­instanz­li­che Überprüfung anste­hen, und Richter, die den Beschluss des Amtsrichters sorg­fäl­tig lesen, wer­den es schwer haben, die­sen Beschluss inhalt­lich anzu­grei­fen. Das Land Thüringen hat schließ­lich kei­ne Stellungnahme zu dem §1666-BGB-Verfahren abgegeben.

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