Satire? Wirklichkeit? Wer weiß das heute schon?

Sascha Lobo hat ein Gespür für Populismus der fei­nen Art. Auf spie​gel​.de bringt er am 14.10. einen Beitrag "Hurra, die neu­en Corona-Maßnahmen sind da!", in dem net­te Sachen zu lesen sind (vor­sichts­hal­ber weist der Spiegel dar­auf hin, daß es sich um Satire handle):

»Auf Telegram, dem als Messenger getarn­ten Social Gruselkabinett, kippt täg­lich neu­en pro­mi­nen­ten Männern mitt­le­ren Alters ihr Hirnbiotop um. Das Land muss gegen­steu­ern, soviel ist klar – aber wie? Wenn man das bis­he­ri­ge Corona-Werk der rele­van­ten Akteure in der Pandemie ver­folgt hat, dann las­sen sich ganz logisch die näch­sten Schritte der kom­men­den Wochen erahnen.

Um einen erneu­ten Lockdown zu ver­hin­dern, regt Angela Merkel im Gespräch mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer als effek­tiv­stes Instrument einen Lockdown an. Nur mit einem prä­ven­ti­ven Lockdown, so die Kanzlerin, käme man bei den gegen­wär­ti­gen Infektionsraten noch um einen Lockdown her­um, der im Zweifel viel bela­sten­der sei als ein Lockdown. Für die mei­sten Beobachter über­ra­schend, ent­schei­den sich die Länder jedoch in einem Anflug trot­zi­gen Aufbegehrens für einen wei­te­ren Lockdown, was als Schwäche der Kanzlerin inter­pre­tiert wird.

Das Robert Koch-Institut schlägt einen neu­en wis­sen­schaft­li­chen Fachbegriff für die­je­ni­gen Personen vor, die sich nach dem Toilettengang nicht die Hände waschen. Er lau­tet "Männer".

Hamburgs Verwaltung bringt die soge­nann­te rotie­ren­de Maskenteilpflicht auf den Weg. Dabei müs­sen Mund-Nasen-Masken unter­halb einer Temperatur von zwölf Grad an gera­den Tagen mit einem UV-Index klei­ner vier in Straßen mit mehr als neun Buchstaben in den Stadtteilen mit der höch­sten Amseldichte wochen­tags zwi­schen 5.45 Uhr und 22.08 Uhr getra­gen wer­den. Ausnahmen gibt es nur für Schulkinder ohne Blinddarm (diens­tags), Frauen mit dem Sternzeichen Wassermann (außer Aszendent Waage), Busfahrer im Dienst und für Trottel…

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bestellt sechs­hun­dert Milliarden Mund-Nasen-Masken für sechs­hun­dert Milliarden Euro bei einem Schnäppchenmarktbesitzer aus sei­nem Wahlkreis. Die fas­sungs­lo­sen Nachfragen des Bundesrechnungshofs kon­tert Scheuer ele­gant, es han­de­le sich eben um einen "Ein-Euro-Markt", da kön­ne man preis­lich nichts aus­rich­ten, das sage ja schon der Name. Die schließ­lich gelie­fer­ten sechs­hun­dert Masken sind zum Großteil defekt, Scheuer bleibt im Amt mit der Begründung, er habe als vor­aus­schau­en­der Auftraggeber erst die Hälfte angezahlt.

In einer Tönnies-Großschlachterei wird ein mas­si­ver Corona-Superherd fest­ge­stellt, sämt­li­che Angestellte sind infi­ziert. Das zustän­di­ge Gesundheitsamt ver­bie­tet dar­auf­hin Waldspaziergänge, eva­ku­iert vor­sorg­lich Ostwestfalen und sprengt alle Grundschulen im Umkreis von acht­zig Kilometern. Die Arbeiten bei Tönnies dür­fen fort­ge­führt wer­den unter der knall­har­ten Bedingung, dass der Clemens ganz lieb ver­spricht, in Zukunft viel­leicht etwas bes­ser aufzupassen…

In sei­nem Podcast erwähnt Christian Drosten in einem Nebensatz eine mitt­ler­wei­le zurück­ge­zo­ge­ne Unterstufen-Hausarbeit (Bio LK) von 1987. Darin stel­le Lisa (13) die laut Drosten durch­aus plau­si­ble These auf, dass Türklinken und Wasserhähne zu den wich­tig­sten Virenübertragungsorten zäh­len. Das Kanzleramt ver­bie­tet noch in der Nacht Wasserhähne, Türklinken und durch einen Übermittlungsfehler zunächst auch Hausarbeiten. CSU-Virenbezwinger Markus Söder bezeich­net die Maßnahmen als "baye­ri­schen Goldstandard und seit Jahren über­fäl­lig". Armin Laschet pro­te­stiert, NRW sei das Badezimmerarmaturen-Land, man wer­de sich sicher nicht in den eige­nen Wasserhahn schnei­den, hier gel­te das Prinzip der klu­gen Abwägung. Er bringt aber auf Anraten sei­ner Berater eine Helmpflicht bei der Türklinkennutzung auf den Weg…

Die WHO hat nach anfäng­li­chen, mona­te­lan­gen Hin-und-Herlichkeiten end­lich eine kla­re Linie für ihre Empfehlungen gefun­den. Sie schlägt die Reduktion der Atemzüge auf maxi­mal vier pro Stunde und Person vor. Auf die­se Weise könn­ten die viren­be­la­ste­ten Aerosole selbst in dicht besetz­ten, öffent­li­chen Verkehrsmitteln kurz­fri­stig um über 90 Prozent, bei peni­bler Einhaltung über län­ge­re Zeit sogar um 100 Prozent redu­ziert werden…

Karl Lauterbach stellt als erste Person welt­weit gleich­zei­tig drei Gäste in ein und der­sel­ben Talkshow dar. Obwohl er sich häu­fig ins Wort fällt und sich mehr­fach wider­spricht, erreicht die Sendung Fabelquoten.«

Unklar bleibt, ob der Spiegel auch dies als Satire betrachtet:

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