Weil ihre Eltern sich zu QuerdenkerInnen radikalisiert haben. Das will uns die FAZ heute glauben machen. Mareike Becker mag es geben oder nicht. "Außer dem Namen der Protagonistin wurden auch biographische Details verändert, um ihre Privatsphäre zu schützen." (Alle Zitate aus der Druckausgabe.)
Mareike ist anders als ihr Vater.
»Und dann bezeichnete ihr Vater die Tagesschau irgendwann als "Lügenfernsehen".
Mareike Becker, die eigentlich anders heißt, trägt Hornbrille und Kapuzenpulli, die braunen Haare hat sie zum Zopf gebunden. Bevor sie auf Fragen antwortet, denkt sie erst nach und wählt ihre Worte dann mit Bedacht. "Es war klar, daß sie empfänglich waren für bestimmte Strömungen".«
Wenn dann noch das verdammte Internet auf die alten Eltern einstürzt, muß sich die Fünfunddreißigjährige sorgen.
»Im Frühsommer fing ihre Mutter an, auf unseriösen Seiten im Internet Texte und Videos über Corona anzuschauen. Ihrer Tochter schickte sie Links zu diesen Beiträgen. Manchmal auch bloß komische Bilder und Kalendersprüche, etwa das Foto einer Frau vor einem Sonnenuntergang, auf dem steht: "Das Leben beginnt dort, wo die Angst endet."«
Das ist jetzt noch nicht direkt nachweislich ein Nazi-Spruch. Aber:
»Im Hochsommer begannen ihre Eltern durch ganz Deutschland zu fahren, um auf Demonstrationen der "Querdenker"-Bewegung zu gehen, auf denen auch Reichskriegsflaggen geschwenkt wurden.«
Na bitte! Allerdings:
»Einmal zeigte [ein Foto] sie selbst auf einer "Querdenker"-Demo in einem Shirt mit der Aufschrift "Querdenker". "Obwohl meine Eltern immer gegen Uniformen waren", sagt Mareike Becker ratlos.«
Auch das hört sich nicht unbedingt nach Reichsbürgerszene an. Überhaupt bleibt im Artikel offen, wer bei den zweimal erwähnten "Diskussionen über Flüchtlinge 2015" welche Positionen hatten. War es vielleicht Mareike, die hier ausländerfeindlich argumentierte?
Bitter für Mareike:
»Ihre Eltern hatten sich von ihr und ihrer Weltsicht entfernt.
Wenig später eskalierte der Konflikt. Ihre Eltern wollten zu Besuch kommen. Mareike Becker bat sie darum, zwei Wochen vorher nicht auf Großveranstaltungen zu gehen, auf denen keine Masken getragen werden. Die Eltern warfen ihr vor, "staatstreu" zu sein, staatliche Maßnahmen bei ihnen durchsetzen zu wollen. Statt auf die "Querdenker"-Demos zu verzichten, beschlossen die Eltern, nicht zu Besuch zu kommen. Mareike Becker weinte drei Tage lang… Via Whatsapp wurde ihr außerdem unterstellt, so zu sein wie ihr Großvater. Der hatte auf Druck der Stasi die eigenen Kinder ausspioniert.«
Sie sucht jetzt mal auf den Telegram-Gruppen der Querdenker und wundert sich.
»Mareike Becker kann diese plumpe Rhetorik nicht mit ihren Eltern in Einklang bringen, vor allem nicht mit ihrem vielseitig gebildeten, belesenen, geschichtsinteressierten Vater. Eine Stadtführung habe sie auf Reisen mit ihren Eltern nie gebraucht, ihr Vater habe das immer selbst übernehmen können, habe zu jedem Haus die Epoche, zu jeder Kirche die Baugeschichte gekannt. Dass man mit Kindern auch Bildungsreisen unternehmen kann, hat sie von ihren Eltern ebenso übernommen wie den starken christlichen Glauben und die Rituale zu Weihnachten.«
Irgendwie muß der Vater aber doch heimlich Nazi sein. Nach langem Drängen des Sohnes besucht Mareike die Eltern. Und da passiert's:
»Als sie von einer Auseinandersetzung mit einem anderen Kind beim Fußball erzählte, sagte der, das sei bestimmt ein Türke gewesen. Auf dem Rückweg im Auto sagte ihr zehnjähriger Sohn: "Der Opa ist ein Rassist."«
Das gibt Mareike zu denken. Sie erkennt jetzt:
»Ihre Eltern fühlten sich in Westdeutschland nie ganz heimisch und wurden im Lauf der Jahre immer rechtskonservativer. Während sie aber die abweichende Meinung ihrer Tochter vor ein paar Jahren noch akzeptierten, sei Corona wie ein "Brandbeschleuniger" gewesen. Denn die Maßnahmen gegen die Corona-Krise und die Berichterstattung darüber würden nicht bloß von rechts, sondern von vielen Mensch kritisiert. Während die Beckers nur engen Vertrauten erzählen, dass sie AfD wählen – ihre Tochter weiß das bloß von einer früheren Freundin der Familie -, hatten sie bei den "Querdenkern" nicht das Gefühl, etwas verstecken zu müssen.«
Also doch Nazis, jedenfalls vom Hörensagen. (Hatte die Stasi sie damit zu Recht auf dem Schirm, wie heute der Verfassungsschutz?) Aber Mareike bleibt mild:
»Wenn sie Freunden von ihren Eltern erzählt, fragen die sie oft, warum sie nicht einfach den Kontakt abbreche. Das wundert Mareike Becker. "Familie ist ein Stück Identität, und das will ich meinen Kindern nicht rauben. So wissen sie, wo sie herkommen, im Guten und im Schlechten." Eine rote Linie aber gibt es doch. Mit ihrem jüngeren Bruder hat Mareike Becker beschlossen: "Wenn es irgendwie antisemitisch würde, dann ist Schluss."«
Hass auf AusländerInnen ginge gerade noch, aber bei Antisemitismus wäre Schluß? Die standhafte Mareike hofft, sich nicht entscheiden zu müssen:
»Sie setzt darauf, dass die Lockerung der Kontaktbeschränkungen über die Feiertage zurückgenommen wird. So könnte sie die Gesetzeslage vorschieben, um nicht mit den Eltern feiern zu müssen.«
Für Menschen, die dafür Geld ausgeben wollen, ist der Artikel hier zu lesen. Und nachdem der Text aus der Druckausgabe abgeschrieben ist, entdecke ich ihn hier auch kostenlos unter dem Titel "Wenn die Eltern Corona leugnen"…
Mit aufrechtem Gang und menschlichem Antlitz ..
https://www.youtube.com/watch?v=C2qHDg6Ssao
@some1
wunderschön!
Für solch eine geprintete Story bezahle ich nicht mehr.
Reicht das Zeilenhonorar für ne Currywurst?
Nicht einmal das Märchenerzählen klappt mehr.
Armselig.
Danke Ihnen so sehr für Ihre superwertvolle Berichterstattung!
In meinem Kollegium äußert sich sonst nur ein Kollege sehr kritisch gegenüber der Politik. Er ist kurdischer Abstammung. Meine Theorie: Er kennt ja die türkischen Medien und er weiß, dass Staatsmedien einen bescheißen. Ich bin in der DDR geboren, wenn auch Jahrgang 1982, bin aber historisch bewandert. Übrigens meinte Vater zur Jahrtausendwende über die Tageszeitungen, da stünden ja "auch nur Lügen" drin, also wie damals in der DDR. Ich habe es damals nicht geteilt, weil die Medien zur Jahrtausendwende noch halbwegs intakt waren. Die freiwillige Gleichschaltung der Medien passierte vor ungefähr fünf Jahren. Den ganzen Müll ertrage ich schon lange nicht mehr.
Viele Westdeutsche verstehen offenbar noch nicht, dass sie von den Medien derart angelogen werden können. Mal sehen, was passiert, wenn denen klar wird, dass sie angelogen werden.
Übrigens ist bei mir auch 'ne rote Linie, wenn es antisemitisch wird. Spätestsens seit Steinmeiers Kotau vor Mullahs sage ich, dass er nicht mein Präsident ist. Und auch sonst ist die Nahostpolitik unserer Regierung israelfeindlich. Wir finanzieren u.a. die Fatah und damit indirekt den Terrorismus.
@Johannes Schumann: Das war also die Fatah, die U‑Boote von der Bundesregierung geschenkt bekommen hat? Und ich dachte immer, die wären an Israel gegangen. Es ist dann wohl auch nicht Netanjahu, der im Zusammenhang mit deutschen Rüstungsexporten gerade vor Gericht steht…
Touché!!!
Fast perfekt! Es fehlt noch eine Zeile die beinhaltet, dass beim Gespräch zwischen der Protagonistin und ihren finsteren Schwurbler-Eltern ein melancholisch-dramatisches Lied im Radio aus dem Hintergrund erklingt. Dann wäre es der perfekte Relotius-Artikel geworden. Aber so ist es schon verdammt nah dran. Respekt!
Vielleicht mal das geleakte Dossier des BKA lesen, auf RT Deitsch zu finden. Da erfährt man, dass das BKA diese Bewegung der Querdenker "überwiegend friedlich" einstuft und von einer Unterwanderung durch rechte Kräfte nicht die Rede sein kann.
"Die standhafte Mareike hofft, sich nicht entscheiden zu müssen"
Lieber Artur @aa, Du bewirbst Dich hier gerade fuer den Preis der besten Kommentierung + Zitierung.
Das hast Du wunderschoen wohl ironisch, aber zumindest sarkastisch auf die Spitze getrieben. Entlarvend.
Gerade habe ich meinen grossen Sohn erklaert wie ein Vertrauensverlust die Loyalitaet zerstoert.
Ohne dies haben wir Menschen wenig Hoffnung ein wenig weiterzukommen, da wir uns dann leider nicht mehr sicher fuehlen.
Sozusagen uns immer umschauen muessen, ob nicht doch jemand von hinten kommt.
Wenn ich dies so schreibe, kam gleich das Wort 'Dolchstoß Legende' auf.
Vielleicht mag dies das Ziel sein. So sagte mein kleiner Sohn, dann koennen Sie ja alles machen .. und wir zaehlten ein paar zeitnahe Veraenderungen auf.
Hunde die bellen beissen nicht und wir bleiben alle ganz ruhig.
Denn wenn wir anfangen sollten, wissen wir, das es kein zurueck geben wird. Nur schwer.
Wollen wir mal hoffen, das 'die da oben' sich dessen bewusst sind.
Nein, es ist nicht mehr an der Zeit die Leute weiterhin dahin zu manipulieren, das sie parieren. Der Zug ist abgefahren.
Es waere langsam an der Zeit wieder Vernunft einkehren zu lassen.
Und ich wuensche noch einen schoenen Advent.
Anmerkung: Ich bin selber kein Fan der Querdenker, aber das hat andere Gruende.
Trotzdem ist es gut, das die Leute anfangen sich Gedanken zu machen und eben nicht alle Massnahmen so einfach in kauf zu nehmen und dies natuerlich auch zum Ausdruck bringen! Mit oder ohne einer Organisation.
Dies natuerlich aufgrund der Situation, das insgesamt keine erhoehte _gesamt_ Sterberate per anno existiert. Wir erinnern uns hier noch das um 2009 (?) zum H1N1 Fiasko die Definition der Pandemie veraendert wurde:
– https://ro.uow.edu.au/theses/4541/ (ch 10)
– https://www.bmj.com/rapid-response/2011/11/02/who-changed-definition-influenza-pandemic
Ohne erhoehte Sterblichkeit kann natuerlich immer eine Pandemie ausgerufen werden, da mutierte Corona, Schnupfen und Grippe Viren immer um die Welt gehen.
Aber meine Damen & Herren Regierung, nun ist es ja keine Pandemie mehr sondern Endemisch – unter uns. So wie eben alle diese Viren.
Ch 10 p287 of https://ro.uow.edu.au/theses/4541/
Both definitions of a pandemic are listed below (Flynn 2010):
1. Before 4th May 2009:
“An influenza pandemic may occur when a new influenza virus appears against
which the human population has no immunity, resulting in epidemics worldwide with
enormous numbers of deaths and illness. With the increase in global transport, as
well as urbanization and overcrowded conditions, epidemics due to the new influenza
virus are likely to quickly take hold around the world”.
2. After 4th may 2009:
“A disease epidemic occurs when there are more cases of that disease than normal. A
pandemic is a worldwide epidemic of a disease. An influenza pandemic may occur
when a new influenza virus appears against which the human population has no
immunity ….Pandemics can be either mild or severe in the illness and death they
cause and the severity of a pandemic can change over the course of the pandemic”.
Wir sehen, das "resulting in epidemics worldwide with
enormous numbers of deaths and illness" weggenommen wurde und mit "Pandemics can be either mild.." ersetzt wurde.
Ein Schelm wer boeses dabei denkt.
(Dies hier nur nocheinmal erwaehnt fuer alle, denen dies nicht bewusst ist – einfach mal diese Phd Thesis lesen/ueberfliegen, sehr gut)
…FAZ, die lass weg.
"Außer dem Namen der Protagonistin wurden auch biographische Details verändert, um ihre Privatsphäre zu schützen."
Wie bei Relotius.
Außerdem wurden die Aussagen, die Umstände, die Ereignisse, die Personen, die Vorgänge verändert.
Wie bei Relotius.
Aber sonst ist natürlich alles genau so, wie es hätte stattfinden können – in den Köpfen der Haltungsjournalisten.
So etwas liest doch nur jemand, der irgendwie diese Relotius-Presse noch unterstützt – wenn auch nur halbherzig. Lesen ist schon eine Art Unterstützung (Klickzahlen). Bei mir ist das lange vorbei.
Vorgestern, im Deutschlandfunk, formulierte ein Nachrichtensprecher tatsächlich: Die Corona-Kritiker hätten "das Urvertrauen in den Staat verloren."
Offenbar hat der Mann nie verstanden, worauf Demokratie gründet: Auf grundsätzliches Misstrauen staatlicher Herrschaft gegenüber. Wenn das heutzutage selbst "Linken" nicht mehr bewusst ist, muss man sich über Mareikes nicht wundern.