In einem Podcast des rbb (nicht mehr online) beschreibt Prof. Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung zwei Richtungen in der wissenschaftlichen Diskussion um Corona.
Es scheint, daß eine davon sehr viel lauter ist.
„Die eine Richtung sagt, wir müssen versuchen, das Virus auszutrocknen. Ich kann das aus epidemiologischer Sicht natürlich theoretisch nachvollziehen.
Die andere Seite sagt, wir sollten versuchen, die Infektionszahlen so niedrig zu halten, daß es zu keiner Überlastung des Gesundheitssystems kommt. Das heißt, daß man natürlich sich öffnet und daß es eben auch zu Infektionen kommt. Das sind die beiden Richtungen. Ich halte die zweite Richtung für realistischer. Die erste mag theoretisch richtig sein, nur sie ist realitätsfern. Es ist eine Pandemie, wir können uns quasi nicht einschließen in einer Glaskugel und die nächsten Jahre sozusagen versuchen, hier nichts reinzulassen…
[Es ist] einfach zu sagen, hätten wir jetzt diesen Lockdown intensiviert und noch eben weitere Wochen so durchgehalten, dann hätten wir es geschafft. Das ist ja erst mal eine Behauptung. Niemand weiß, ob das überhaupt so möglich wäre und dann auch so gekommen wäre. Insofern ist das immer eine Position, die sich natürlich leicht einnehmen läßt, weil man sie nicht überprüfen kann. Insofern bin ich da eher, glaube ich, auf der Linie, daß wir hier einfach mit der Realität umgehen müssen, mit dem Virus leben, so weit, wie es geht, die schädlichen Folgen minimieren für die Menschen, die eben da wirklich gefährdet sind…
Ob es unbedingt einen Jojo-Effekt geben wird, das bleibt abzuwarten. Wie gesagt, noch mal: Niemand weiß, was hier sozusagen das beste Vorgehen ist, welche Lockerungen dazu führen werden, daß Infektionszahlen ansteigen oder eben nicht ansteigen. Also wer das behauptet, muß man ganz klar sagen, der lügt. Es gibt keine Plaupause. Darum sehen wir eben auch unterschiedliche Strategien in den Ländern, in Schweden, in Österreich bei uns. Und das ist auch richtig so. Also zu behaupten, das Land macht es besser, jenes Land macht es besser, das Land macht es schlechter – das wird man ganz am Ende wissen, weil man dann eben schlauer ist. Aber jetzt zu sagen, das ist der beste Weg oder jenes, das wäre, glaube ich, zu früh.“