Auf correctiv.org wird Alice so vorgestellt:
»Alice Echtermann
Faktencheckerin
Alice wurde Journalistin, weil sie alles genau wissen möchte. Deshalb prüft sie für den CORRECTIV-Faktencheck täglich Meldungen im Netz auf ihre Richtigkeit. Während ihres Volontariates beim Weser-Kurier in Bremen schrieb sie über Filterblasen-Effekte und Algorithmen. Später, als Onlineredakteurin, recherchierte sie, wie Facebook instrumentalisiert wird, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Für eine Reportage über ihren Heimat-Stadtteil in Bremen wurde sie 2019 mit dem Dritten Preis des Ralf-Dahrendorf-Preis für Lokaljournalismus ausgezeichnet.«
Wenn das keine Top-Qualifikation für Fakten-Checks im Bereich der Virologie ist, dann stimmt die Welt nicht mehr. Am 9.9. nutzte sie ihre Expertise, um mitzuteilen "PCR-Test auf SARS-CoV‑2: Warum in der Praxis falsch-positive Ergebnisse selten sind". Zu dieser These finden sich auf diesem Blog einige Beiträge. Ihre Leseschwäche wird aber besonders illustriert durch ihren Beitrag mit der schönen Überschrift "PCR-Tests weisen Corona-Infektionen nach – das schweizerische Bundesamt für Gesundheit bestätigte nichts Gegenteiliges".
»In Sozialen Netzwerken und Blogs wird ein Satz aus einem Merkblatt des Bundesamts für Gesundheit in der Schweiz verbreitet. Angeblich belege dieser, dass PCR-Tests keine Infektion mit SARS-CoV‑2 nachweisen können. Die Aussage wurde jedoch falsch interpretiert.«
Alice zitiert aus dem Merkblatt:
»Der Nachweis der Nukleinsäure gibt jedoch keinen Rückschluss auf das Vorhandensein eines infektiösen Erregers. Dies kann nur mittels eines Virusnachweises und einer Vermehrung in der Zellkultur erfolgen.«
Der Satz ist nicht wirklich interpretationsfähig. Deshalb hat Alice beim Bundesamt (Swissmedic) noch einmal nachgefragt.
»Auf Anfrage von CORRECTIV erklärte ein Sprecher von Swissmedic, Lukas Jaggi, per E‑Mail…: Er sei „aus dem Zusammenhang gerissen, vor allem in Sozialen Medien missbräuchlich als 'Beleg für die Unwirksamkeit' dieser Testmethode zur Erkennung von SARS-CoV‑2" verwendet worden.
Jaggi betont: "PCR-Tests können Nukleinsäure des neuen Coronavirus und damit eine Infektion mit dem Virus empfindlich nachweisen und zeigen, dass ein infektiöses Virus auf den Patienten übertragen worden ist."«
Gut, auch Lukas hat es nicht so mit dem Lesen. Im Text steht sinngemäß "Aus A läßt sich nicht X schließen, dazu ist B erforderlich". Fehlt B, dann gilt X nicht. Alice und Lukas machen daraus "Egal, ob B vorhanden ist, Hauptsache wir haben A", also ist X wahr.
Wir können lesen und sehen: Lukas sagt auch, der klare Satz wurde angepasst, weil er missbräuchlich verwendet wurde. Die Rezeption des Satzes ist unbequem, also wird der Satz verändert. correctiv.org teilt uns den neuen Wortlaut mit:
»Mit dieser sehr empfindlichen Methode wird in Patientenproben spezifisch die Nukleinsäure eines Erregers nachgewiesen, was eine Infektion mit dem Erreger belegt.«
Anschaulicher: Aus der Aussage
»Der Nachweis einer nassen Straße gibt keinen Rückschluss auf das Vorhandensein eines Regenschauers. Dies kann nur mittels eines Wolkennachweises und einer Beobachtung herabfallenden Wassers erfolgen.«
entsteht – ohne daß sich Sachverhalte geändert hätten – diese:
»Mit der sehr empfindlichen Methode der Prüfung des Bodens wird spezifisch der Nässegehalt nachgewiesen, was einen Regenschauer belegt.«
Jeder, der nun an der ursprünglichen Formulierung festhält, ist damit der Verbreitung von Fake-News überführt.
Zum Lokaljournalismus-Preis (Dritter Platz) für Alice:
Ralf-Dahrendorf war übrigens Vorstandsvorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und nahm an insgesamt sieben Bilderberg-Konferenzen teil – eine radikaler Neoliberaler, wie er im Buch steht.
Guten Morgen Artur, wieso ist hier der Hinweis zu Dahrendorf zu finden? Sollte der an eine andere Stelle?
Schöne Grüße
Daniel
@Daniel: Danke, habe es ergänzt: Dahrendorf ist der Namensgeber für den Journ.-Preis für Alice.
Ich habe mir den Beitrag vom 9.9.2020 auf correctiv.org durchgelesen. An dieser Stelle musste ich lachen:
"Der Virologe Christian Drosten sagte kürzlich der DPA, die Labore würden bei positiven Ergebnissen einen Zusatztest durchführen. Die Zahl der falsch-positiven Tests würde damit praktisch unter Null gesenkt."
-> UNTER NULL!
Wenn Wissenschaft postfaktisch wird, ist es dann noch Wissenschaft?
Ich frage mich ja immer, wo eigentlich diese hellen Köpfchen rekrutiert werden, die uns so virulent die Welt falsch erklären … und bin da auf diesen Hinweis gestoßen:
Das Weltwirtschaftsforum WEF hat eine Junior-Organisation namens „Global Shapers Community“. Diese Organisation hat bald 10.000 "Shapers" in 428 "Hubs" in 148 verschiedenen Ländern der Welt.
Schaut man sich zB den "Hub" Franfurt a.M. an, so fällt (zumindest mir) auf, dass von 26 "members" 13, also 50%, erst seit 2020 dabei sind. Sind solche Organisationen vielleicht die letzte Chance für die aufstrebende Jugend von heute? Ist die Unzahl von high-professional-Influenzern (also nicht die aus Youtube!) vielleicht der Tatsache geschuldet, dass praktisch keine anderen Jobmöglichkeiten mehr exisitieren? Versprechen sich diese "members" wenn nicht gleich Bezahlung, aber über die Mitarbeit bei einer WEF-Unterorganisation Berufs-Chancen, die man früher etwa über Studentenbünde und ähnlichem angestrebt hat?
https://www.globalshapers.org/hubs/frankfurt-hub
Infos aus:
https://www.novo-argumente.com/artikel/das_wef_will_die_welt_umgestalten_ohne_uns_zu_fragen
Nun, für hoffnungsvolle Journalisten mag es andere Bewerbungswege (jede Veröffentlichung eines Journalisten ist schon eine Art Bewerbung) und Karriere-Wege im Influenzer-Netzwerk geben.