Richard David Precht nennt sich Philosoph. Unter der Tätigkeit eines solchen versteht er offenbar, möglichst oft in Medien aller Art aufzutreten und ähnlich wie ein früherer anderer Star der Öffentlichkeitsarbeit und Virologe sich widersprechende Aussagen zu machen. Im Juni war auf focus.de zu lesen:
»Im April hatte er gegenüber der "Frankfurter Rundschau" noch gesagt, man könne der Regierung in Sachen Corona-Umgang keine größeren Vorwürfe machen. Rund zwei Monate später zeigt sich der Philosoph deutlich kritischer: Gegenüber dem "Handelsblatt" sagte Precht nun, man habe bei der Eindämmung des Coronavirus "offenkundig in Teilen überreagiert".«
Inzwischen hat er gelernt, daß ein Mäntelchen im Wind wohl doch besser ankommt:
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=AN-1C8OSYtI&feature=youtu.be
2017 hatte ihn die FAZ unter der Überschrift "Die Precht-AG" so porträtiert:
»Richard David Precht ist der Popstar unter den deutschen Philosophen. Mit einfachen Weisheiten ist er zum Millionär geworden…
Das Schauspielhaus in Düsseldorf, Prechts Wahlheimat seit ein paar Jahren, war ausverkauft, fast 1000 Leute wollten am dritten Adventssonntag vor dem Mittagessen hören, was er über „Die Zukunft der Gesellschaft“ zu sagen hat.
Das verrät wenig über Düsseldorf und das allgemeine Interesse am Zustand unserer Gesellschaft, aber viel über den Status von Richard David Precht. Er könnte auch eine Matinee über die Schönheit der Aale, einen Workshop über Primzahlen oder ein Wochenendseminar über die Klassiker der albanischen Literaturgeschichte halten – der Saal wäre voll, in Düsseldorf genauso wie in München oder Wolfenbüttel. Precht ist überall ein Star, das Thema ist egal. Er schreibt Bücher über edle Tiere und tote Philosophen, über die Liebe („Ein unordentliches Gefühl“) und über die Schule. Er steht auf der Bühne, er diskutiert im Radio, er sitzt im Fernsehstudio. Er hält Vorträge über Roboter im Krankenhaus, über das bedingungslose Grundeinkommen oder über den richtigen Umgang mit der Zeit. Und alle hören zu…
Kein Philosoph, der in seinem Fach etwas gelten möchte, würde sich auch nur auf einen Bruchteil der Themen einlassen: Viel zu beliebig, viel zu oberflächlich wäre das, gemessen an den Kriterien der Experten…
Dieser Doktor Allwissend aus Grimms Märchen ist in Wahrheit ein betrügerischer Bauer, der sich aus Geldgier als Akademiker ausgibt, dann aber mit einem Zufallstreffer einen Kriminalfall löst und fortan in höchsten Ehren gehalten wird. Als Gleichnis auf Richard David Prechts erstaunliche Karriere taugt die Geschichte nicht, sein Doktortitel ist echt…
Im Nachhinein lässt sich leicht erkennen, was für Prechts steilen Aufstieg alles zusammenkommen musste. Es verhält sich damit so ähnlich wie mit dem iPhone von Apple, das auch erst vor zehn Jahren auf den Markt kam, heute vielen aber schon wie ein Teil der öffentlichen Grundversorgung vorkommt. Hinter dem Gerät steckt keine brillante Erfindung, die Grundlagen hatten andere schon entwickelt. Aber ein derart nutzerfreundliches Design hatte außer Apple keiner im Angebot. Die Kundschaft war reif dafür – und hatte genug Kleingeld in der Tasche für ein neues Statussymbol.
Bei Precht: Er verbreitet nichts, was andere nicht schon vor ihm gedacht und aufgeschrieben hätten. Aber keiner drückt es so verständlich aus, weiß so geschmeidig davon zu erzählen. Und die Kundschaft ist reif dafür…
Wer das Erfolgsmodell Precht verstehen will, muss natürlich auch auf das Äußerliche achten. Er ist groß und schlank, mit blitzenden blauen Augen und schulterlangem Haar, mit Lederstiefeln, Jeans und aufgeknöpftem Hemdkragen. Ein bisschen rebellisch, aber dabei schön anzusehen: Mit dieser Mischung wurde Jon Bon Jovi in den Neunzigern zum Weltstar. Wer dachte, was in der Popmusik funktioniert, das würde in der Philosophie nicht aufgehen, weil es da um weltfremde Denker in staubigen Studierzimmern geht, den hat das Phänomen Precht eines Besseren belehrt.«
An wen erinnert das nur?
Knecht (Ru)Precht ist auf einer Arroganzstufe mit Lauterbach. Es ist 100% alles OK im besten Deutschland aller Zeiten.
Prechtreizerregend.
Wenn sich der beliebige Herr Precht bei den 85% Befürwortern der Maßnahmen mal nicht irrt! Gestern auf dem Parkplatz vor einem gut besuchten Einkaufsmarkt trugen viele Kunden keine Maske, wie ich erfreut feststellen konnte. Die immer absurder werdenden Vorschriften bringen mittlerweile wohl viele der bisher "halbwegs gut funktionierenden Staatsbürger" zum Nachdenken. Und nicht nur die auf den Parkplätzen. Was werden Precht & Co. eigentlich sagen, wenn das ganze Kartenhaus demnächst einstürzen wird? Ich bin sehr gespannt.
Auch hier zeigt sich der Unterschied zwischen einer Bereitschaft zu echter Faktenforschung und Prechthaberei.
Interessante Umkehrung. "Einst" hatte eine Staatsregierung halbwegs gut zu funktionieren, und das Parlament repräsentierte die unterschiedlichen Ansichten der Bevölkerung, die es genau dafür gewählt hat. Seit ca. 20 Jahren gibt es aber keine Opposition mehr, sondern die "Gesamtregierung" präsentiert einen Konsens, und der Diskurs hat keine Repräsentanz mehr, die (machtlose) Bevölkerung muss ihn nun selbst austragen – wenn man sie lässt. Wessen Konsens bzw. wen aber re-präsentiert "die Regierung" dann, wenn es nicht der des Souveräns ist?
Ein widerlicher Dampfprediger
Köstlich, aa, köstlich. Sie sind ja ein Talent für das Pointierte. Ich danke Ihnen sehr für Ihre Worte. In Zeiten wie diesen machen Sie mir Freude, bereiten Zuversicht, vermitteln Gemeinschaft und beruhigen, so Irres der Inhalt auch beschreibt. Danke.
Im 17. Jahrhundert löste die Arbeitsmoral Weltklugheit als höchste Tugend ab, meinte Richard David Precht in dem Bestseller "Jäger, Hirten, Kritiker" (2018 ) und weiter: Zur Zeit werde das ganze moralische Inventar der abendländischen Kultur von Aristoteles über Kant bis zur Frankfurter Schule ersetzt durch Empirie: Zahlen, Statistiken, Kosequentialismus und Risikofolgeabschätzung. Was auf der Strecke bleibt ist die Pflege von Urteilsvermögen und Urteilsfreude, von Werten, Gesinnungen, Haltungen.
Im März hatte er die "Pandemie" noch als harmlos bezeichnet und den ganzen Wirbel nicht verstanden. Offensichtlich ist bei Precht auch einiges auf der Strecke geblieben.
Vielen Dank bei der Gelegenheit für Ihre Klugheit und tolle Arbeit auf diesem Blog und by the way: wo sind eigentlich kritische Künstler und Kulturschaffende in der Krise?
Hi Dr.osten, da Pr.echt.
Beide schaffen es problemlos, beim gesprochenen Wort ohne "äh"s und "hm"s auszukommen.
Hat Vroniplag letzteren schon am Wickel?
Prächtige Thesen:
Der Staat ist gut!
Der gute Staatsbürger hält sich an die Regeln, ohne sie zu hinterfragen!
Wir haben uns an die Maske gewöhnt!
85 Prozent der Menschen sind gute Staatsbürger!
Die Thesen hätte auch meine Enkelin aufstellen können.
Ich halte mich lieber an die These,
Lerne die Regeln, entscheide selber!
Da das hier noch nicht kam – aber eigentlich beim Thema nicht fehlen darf:
"Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen …", Hanna Arendt (auch wenn es Arendt nicht genau so gesagt haben soll, aber entscheidend ist dieser Kontra-Standpunkt, hier zu Prechts Haltung)
(Ich hoffe, ich habe jetzt der Ana-Marie nicht vorgegriffen … 😉 )
Ich hielt Precht früher für interessant und originell – so kann man sich täuschen.