Aus dem schweren Leben eines Schloches

"Schloch": Ein ver­ant­wor­tungs­vol­ler Bür­ger, der gemein­ge­fähr­li­che Mit­men­schen sanft auf ihre Ver­feh­lun­gen hinweist.

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Was muß­te der Mann nicht alles erle­ben in Corona-Zeiten:

»Früh­jahr 2020. Im Bus am Platz der Ein­heit. Zwei mas­ken­lo­se Frau­en, Anfang 20, unter­hal­ten sich zunächst auf Tür­kisch. Ich spre­che sie an. „Hör’ auf mit Coro­na“, sagt eine, „alles Ver­ar­sche. Ich bin jung. Mich erwischt es sowie­so nicht. Nur Älte­re ster­ben.“ Grin­send fügt sie hin­zu: „Und du bist älter.“ Ich ant­wor­te: „Mal abge­se­hen, dass du dich nicht beneh­men kannst: Ich wünsch­te, es wäre andersrum.“…

Novem­ber 2020. Tram 96. Hal­te­stel­le Bran­den­bur­ger Stra­ße. Eine hage­rer Mann, viel­leicht Mit­te 40, sitzt mir da am spä­ten Abend ohne Mas­ke gegen­über. Ich sage: „Sie haben kei­ne Mas­ke! Soll ich Ihnen eine schen­ken?“, was ein Bluff ist. Der Mann, der ein wei­ches sanf­tes Gesicht hat, grinst mich an: „Wenn du eine Mas­ke trägst, bis du schon rein­ge­fal­len. Die­ser gan­ze Coro­na-Scheiß. Alles Lüge.“ 

Ich ant­wor­te: „Trotz­dem gilt auch für dich Maskenpflicht.“… 

Novem­ber 2020. Sechs jun­ge Leu­te, wohl 15 bis 18 Jah­re alt, sit­zen dicht an dicht vor dem Späti in Babels­berg. Mas­ken­los. Ich fra­ge sie, ob die Mas­ken­pflicht schon wie­der auf­ge­ho­ben sei. Sie lachen laut. „Nee“, sagt einer, „aber wir sind alle mit­ein­an­der verwandt.“

Dezem­ber 2020. Tram 92. Ein Mann, um die 20, steht ohne Mas­ke an der Tür. Ich fra­ge: „Ist Ihnen bekannt, dass eine Mas­ken­pflicht besteht?“. Er nuschelt etwas, das wie „Idi­ot“ klingt. Ich sage: „Sie ver­hal­ten sich aso­zi­al.“ Er ver­lässt die Tram am Rat­haus, raunt: „Voll­idi­ot.“ Mit äußerst sanf­ter Stim­me sagt eine Frau mit Mas­ke, Anfang 30, Typ selbst­ge­strick­ter Pul­li im Regen­bo­gen­look: „Ich find’ das irgend­wie nicht gut, wie Sie den eben aus­ge­grenzt haben.“ Ich fra­ge sie barsch: „Wer grenzt hier wen aus?“ Hin­ter ihrer Mas­ke mei­ne ich Ent­set­zen aus­zu­ma­chen. Ich befürch­te, dass gleich Trä­nen flie­ßen – wegen der Ausgrenzung…

Novem­ber 2020. Tier­arzt­pra­xis. Hun­de­be­sit­ze­rin mit wun­der­schö­ner Dog­ge. Sie ohne Mas­ke. „Ist das hier nicht Pflicht?“, fra­ge ich. „Ich mach’ da nich’ mit“, sagt sie, „es ster­ben mehr Leu­te an Kran­ken­haus­kei­men. Und die Zah­len vom Robert-Koch-Insti­tut? Fake News!“ – „War­um soll­ten die falsch infor­mie­ren?“ – „Bill Gates lässt Impf­stoff ent­wi­ckeln. Und der spon­sert das RKI.“ – „Das ist mir neu.“ 

Dann goog­le und goog­le ich, und dann habe ich es. „Sie haben Recht“, sage ich, „im Novem­ber 2019 hat die Gates-Stif­tung dem RKI 253 000 Dol­lar für die Ent­wick­lung des Pocken-Impf­stoffs gezahlt.“…

Dezem­ber 2020. Spät am Abend, S7 nach Pots­dam-Haupt­bahn­hof. Schräg gegen­über fläzt sich ein Mann ohne Mas­ke in die Pols­ter, Typ Alt-68er, viel­leicht gut 50 Jah­re alt, oran­ge­far­be­nes T‑Shirt, modisch durch­lö­cher­te Jeans. Ein Bein auf dem gegen­über­lie­gen­den Sitz. Ich mag es nicht, wenn schmut­zi­ge Schu­he auf S‑Bahn-Sit­ze gestellt wer­den. Aber das ist nicht mein Zuständigkeitsbereich. 

Ich wei­se ihn auf die Mas­ken­pflicht in der Bahn hin…

Janu­ar 2021. Gegen­über des Döner-Ladens in der Fried­rich-Ebert-Stra­ße. Drei Jun­gen, um die 14, 15 Jah­re alt, ste­hen ohne Mas­ken her­um. Ich fra­ge sie, ob die Mas­ken­pflicht inzwi­schen auf­ge­ho­ben sei. „Ich muss kei­ne Mas­ke tra­gen“, sagt der Frechs­te. „War­um? Bist du geimpft?“ – „Ja.“- „Dafür bist du zu jung“. – „Nein“, ant­wor­tet er, „mei­ne Mut­ter ist Ärz­tin im Berg­mann, die hat dafür gesorgt“.

Ich sehe ihn so ernst an, wie es mit einer Mas­ke mög­lich ist: „Dann rufe ich jetzt die Poli­zei. Wenn das stimmt, ist sie sofort ihren Job los.“ Das mas­ken­freie Gesicht erbleicht. Der Jun­ge ist so scho­ckiert, dass er mir leid tut. Schließ­lich bin ich auch als Poli­zist kein Unmensch.

Am nächs­ten Tag direkt am Döner-Laden. Fünf Jugend­li­che, viel­leicht 15 bis 17. Kopf an Kopf, ohne Mas­ke. Für geüb­te Aero­so­le ein kur­zer, schnel­ler Hüp­fer vom einen zum ande­ren. „Habt Ihr kei­ne Angst vor Coro­na?“, fra­ge ich. „Stay cool, Mr. Panic“, ant­wor­tet einer, „und ver­piss’ dich“. Ich gehe weiter.

Febru­ar 2021. Tram­li­nie 92. Zwei Män­ner, etwa Mit­te 20, sit­zen in den Abend­stun­den nahe der Hal­te­stel­le Rat­haus ohne Mas­ke da, die ande­ren etwa 30 Fahr­gäs­te tra­gen eine. Es ist das ein­zi­ge Mal im Dienst als Coro­na-Poli­zist, dass ich Mas­ken­sün­der unbe­hel­ligt las­se. Der Grund: kahl­ge­scho­re­ne Schä­del, Typ durch­trai­nier­te Türsteher…

Febru­ar 2021. Ein Sams­tag. Ich mache mich auf den Weg zum Fisch­händ­ler auf dem Markt am Naue­ner Tor. Drei jun­ge Män­ner, wohl Mit­te bis Ende 20, ste­hen in der lan­gen Schlan­ge hin­ter mir. Zwei tra­gen ihre FFP2-Mas­ke kor­rekt, der Drit­te hat sie bis unter die Nasen­lö­cher hin­un­ter­ge­zo­gen. Ich fra­ge ihn, ob er wis­se, war­um die Nase bedeckt sein müs­se. Grin­send ant­wor­tet er: „Logo. Damit man erstickt.“ Die bei­den ande­ren fei­xen. Ich unter­drü­cke mein Grin­sen. Die drei erör­tern, war­um die Fisch­ver­käu­fer ohne Mas­ke arbei­ten und den Fischen „den gan­zen Tag Aero­so­le auf die Schup­pen hus­ten dürfen”. 

Aber was tun? Ich kann kei­ne Per­so­na­li­en fest­stel­len, kann kei­ne Anzei­ge schrei­ben. Nichts kann ich. Ich kann ihn zur Stra­fe nur belei­di­gen. „Ich fra­ge mich, wie man sich nur so aso­zi­al ver­hal­ten kann“, sage ich also. Drei Minu­ten spä­ter, am Tre­sen. Ich dre­he mich zu den Män­nern um. Der Nasen­freie hat die Mas­ke über die Nase gezo­gen. Ich habe das Recht durch­ge­setzt. Gewaltfrei.

Ende Febru­ar 2021. In einer Apo­the­ke steht eine ele­gant geklei­de­te Frau, Mit­te 50, an der Kas­se, ihr Beglei­ter, der offen­sicht­lich erheb­lich weni­ger Geld für Kla­mot­ten aus­gibt, neben ihr. Sie trägt kei­ne Mas­ke, er hat sei­ne bis unter die Lip­pen gezo­gen. „Wenn Sie die Mas­ke so tra­gen, kön­nen Sie die auch ganz abneh­men“, sage ich. Er ist seit sei­ner Kin­der­zeit Trotz­kopf geblie­ben, jetzt schiebt er die Mas­ke grin­send unter das Kinn. Dann stellt mir die Ele­gan­te die Seins-Fra­ge: „Sind Sie Poli­zist?“ „Ja”, sage ich. „Ihren Dienst­aus­weis bit­te“, fährt sie mich an. „Ich habe dienst­frei”, sage ich, „aber Sie wis­sen, dass Sie eine Mas­ke tra­gen und Mund und Nase bede­cken müssen?“

Das unglei­che Paar war­tet drau­ßen auf mich. „Ihr Motor­rad steht zu nah am Fahr­rad­strei­fen”, sagt die Ele­gan­te, „ich habe die Num­mer auf­ge­schrie­ben.“ Dann reckt sie ihr Kinn so hoch, wie es irgend mög­lich ist, zieht die Augen­brau­en an den obe­ren Rand der schon etwas fal­ti­gen Stirn und sagt mit einem über­le­ge­nen Lächeln: „Ich arbei­te näm­lich im Innenministerium.“…

März 2021. Wie­der S7. Mir gegen­über ein Pär­chen, Ende 30. Die Mas­ken unterm Kinn. Ich bit­te sie, Mund und Nase zu bede­cken. „War­um?“, fragt der Mann. „Weil ich nicht von Euch ange­steckt wer­den möch­te.“ – „Du glaubst wohl auch alles, was du im Fern­se­hen siehst, wa? Du lässt dich bestimmt auch imp­fen, wa?“. „Klar“, sage ich, „aber ich las­se mir dann auch gleich einen Micro­chip ein­pflan­zen…"«

23 Antworten auf „Aus dem schweren Leben eines Schloches“

  1. "10. Juli 2020. 300 Coro­na-Leug­ner demons­trie­ren vor dem Pots­da­mer Ver­wal­tungs­ge­richt für Bodo Schrank, einen der bekann­te­ren Verschwörungstheoretiker."

    Echt wahr? Ich habe von die­sem bekann­te­ren VTer noch nie etwas gehört. Ist das ein Aprilscherz?

  2. Wenn all die­se Unmas­kier­ten tat­säch­lich eine Gefahr dar­ge­stellt hät­ten, dann wäre der Herr wohl schon längst an Covid gestor­ben. Da er aber offen­bar über all die Mona­te gesund geblie­ben ist, hat er sei­ne Mit­men­schen völ­lig grund­los genervt.

    1. „Ich bin, ehren­amt­lich, ein Coro­na-Poli­zist geworden“
      Also, für mich klingt das eher, als wür­de hier der Block­wart sei­nen Bericht über die „unge­zo­ge­ne Bevöl­ke­rung“ zum Bes­ten geben. In der Hoff­nung, das Ver­dienst­kreuz am Ban­de zu bekommen…

  3. @Marco Kunz
    Nein, er hat nur über­lebt, weil er immer 2 FFP2 Mas­ken über­ein­an­der trägt.
    Wenn die ande­ren auch immer brav eine Mas­ke tra­gen wür­den, käme er ja mit einer aus. Das nervt ihn natür­lich. Ver­ste­he ich schon…

    1. Also trägt er vor­aus­se­hend zwei Mas­ken – eine für sich und eine für die , die kei­ne tra­gen – gute Idee.
      Muß man erst drauf kommen.

  4. "Stay cool, Mr. Panic“, ant­wor­tet einer, „und ver­piss’ dich!"

    Der ist gut, den merk ich mir. Weil ich kei­nen kahl­ge­scho­re­nen Schä­del hab und nicht der "Typ Tür­ste­her" bin. 😉

  5. "Es ist das ein­zi­ge Mal im Dienst als Coro­na-Poli­zist, dass ich Mas­ken­sün­der unbe­hel­ligt las­se. Der Grund: kahl­ge­scho­re­ne Schä­del, Typ durch­trai­nier­te Türsteher…"
    Vie­len Dank für die­se Offen­heit! Es han­delt sich also um den typi­schen deut­schen Feig­ling, der sei­ne schlech­te Lau­ne nur an schwä­che­ren auslässt.

  6. Wenn ich den Her­ren mal tref­fen wür­de, wür­de ich ihm den aktu­el­len Wochen­be­richt vom Grip­pe­We­b/Ro­bert-Koch-Insti­tut in die Hand drü­cken und ihm fol­gen­de Wet­te anbie­ten: Wenn er mir anhand die­ser Zah­len erklä­ren kann, wo wir eine Pan­de­mie haben, dann wer­de ich einen Tag lang für ihn Mas­ke tragen.

  7. Viel­leicht wür­de ich ihm aber auch sagen:
    Haben Sie schon mal was von Anti­dis­kri­mi­nie­rung und Inklu­si­on und UN-Behin­der­ten­kon­ven­ti­on gehört? Kön­nen Sie sich vor­stel­len, wie sich ein Mensch fühlt, der kei­ne Mas­ke tra­gen kann und alle 10 Schrit­te von einem selbst­er­nann­ten Ord­nungs­hü­ter wegen der Mas­ke ange­quatscht wird und sich stän­dig Sprü­che anhö­ren muss wie: "Man sieht es Ihnen gar nicht an, dass Sie Atem­pro­ble­me haben!" ?

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