Was die Linkspartei nur vermutet, ist jetzt sonnenklar bestätigt. Denn niemand anderes als die Bild-Zeitung verteidigt das Demonstrationsrecht von Verschwörern etc. Die Partei liegt also goldrichtig gegen das Ewiggestrige, das sich so liest:
»Die deutsche Hauptstadt verbietet Demonstrationen gegen die Corona-Regeln der Bundesregierung und der Länder. Das ist ein inakzeptabler Angriff auf eines unserer höchsten Grundrechte, gegen jede Verhältnismäßigkeit und obendrein an politischer Dummheit kaum zu überbieten.
1. Die reine Annahme, dass gegen geltende Regeln verstoßen werden könnte, kann kein Anlass sein, ausgerechnet in der Stadt des Mauerfalls die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit so brutal zu beschneiden…
2. Berlin hat in den vergangenen Monaten unzählige politische und unpolitische Versammlungen erlebt und zugelassen, ohne gegen eine einzige vorzugehen. Ständig wurde gegen Regeln verstoßen…
3. Zahlreiche "Pflichten", die die Regierung uns auferlegt hat, werden in keiner Weise durchgesetzt. Die Testpflicht für Urlaubsrückkehrer war faktisch freiwillig, wurde als Pflicht bezeichnet, aber so gut wie nie durchgesetzt. Unzählige Male wird jeden Tag im ganzen Land gegen die Maskenpflicht verstoßen – Konsequenzen hat das so gut wie nie.
Ausgerechnet hier greift der Staat nun mit maximaler Härte durch, weil ihm die Demonstranten politisch nicht passen. Das ist ein unerträglicher Tabubruch.
4. "Ich bin nicht bereit, ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird", rechtfertigt Andreas Geisel (SPD) das Verbot. Sprache und Denken wie aus der DDR. Es entscheidet nicht der Geschmack von Politikern darüber, welches Grundrecht gerade einzuschränken ist, nicht mal mehr in Ostberlin.
5. Gerade Berlin hat in den vergangenen Jahren noch jede Demo genehmigt, von der Gewalt mit Ansage ausging. Kaum eine Demo war Berlin zu radikal, selbst solche nicht, auf denen zur Vernichtung Israels aufgerufen wurde, israelische Fahnen verbrannt wurden.«
Natürlich sitzen im Springerhochhaus nicht die Gralshüter der Demokratie. Natürlich pflegt die Bild-Zeitung ihre Klischees von der DDR, die für sie jahrzehntelang die Ostzone war. Natürlich versucht sie zu spalten.
Sie wäre aber mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie diese Steilvorlage des Senats nicht aufgreifen würde. Besser kann man nicht vorantreiben, wie sich Rot-Rot-Grün von einer WählerInnen-Gruppe entfernt, die ihr potentiell viel geneigter sein könnte als der Bild-Zeitung oder Nazis.
Sehr geehrter Herr Geisel,
ich verwahre mich hiermit in aller Schärfe gegen diese Einschränkung des Demonstrationsrechtes und meine persönliche Zuordnung als Demonstrant zur
Gruppe der Reichbürger, Rechtsnationaler oder Verschwörungstheoretiker.
Es ist nahezu unglaublich mit welchen unsachlichen Argumenten hier Grundrechte
infrage gestellt werden.
Und das bei einer Anzahl von 750 (=0,019% der Berliner Bevölkerung) aktuell positiv
getesteter Personen, bzw. 42 (=0,00111% der Berliner Bevölkerung) Personen die aktuell
stationär behandelt werden.
Aus meiner Sicht geht es ihnen nicht in erster Linie um möglicherweise nicht beachteten
Hygienemaßnahmen sonder um Profilierung als herausragender Krisenmanager.
Ich kann nur hoffen, dass unsere Jurisprudenz deutlich mehr Achtung vor unseren Grundrechten hat, als sie!
Mit freundlichen Grüßen
Udo Irschik
24594 Hohenwestedt
Die BILD-Zeitung ist mitnichten auf Seiten der Demonstranten. Und auch das Demo-Verbot findet sie nicht prinzipiell kritikwürdig:
»Eine unbequeme, in Teilen extrem unappetitliche, aber vor allem (noch) eher kleine Gruppe wird hier in die Lage versetzt, sich als Kämpfer für unser Grundgesetz aufzuspielen. Und die Stadt Berlin hat ihr alle Argumente geschenkt und alle Gefallen getan, die man einer populistischen und wenig geeinten Bewegung schenken und tun kann.
[…]
Ja, Zehntausende Menschen ohne Maske, dicht gedrängt, sind Anlass zur Sorge. Ja, mit sehr vielen Menschen, die in Berlin demonstrieren wollen, möchte man rein gar nichts zu tun haben. Aber wahrlich politische Bedeutung haben sie erst jetzt bekommen durch dieses Irrsinnsverbot. Sie werden trotzdem kommen, sie werden mobilisieren durch das Verbot, und sie wähnen sich jetzt im legitimen Widerstand gegen „die Politik“. Man hätte nicht mehr Menschen schneller, unnötiger und auf dümmere Weise radikalisieren können.
[…]
Das Demonstrationsverbot von Berlin gehört entweder deutlich besser und schlüssiger begründet – oder aber sofort gekippt.«
So theoretisch gut ich es finde, daß sich dieses Blatt zumindest ein bißchen gegen das ergangene Verbot ausspricht, so sehr meine ich auch, man sollte die BILD jetzt dafür nicht über den grünen Klee loben. Wie man an den (aus dem Link entnommenen) Zitaten sehen kann, wird hier heiter gegen die Demonstrierenden angegangen, und nicht zu knapp.
Völlig einverstanden.