Der Artikel "EXPERTE RECHNET MIT BUNDESREGIERUNG AB
Diese drei Zahlen beweisen das Corona-Versagen!"startet am 10.1. mit einer grotesken Falschinformation:
»Diese Horror-Zahlen zeigen: Die Bundesregierung hat Corona nicht ansatzweise im Griff!
Obwohl Deutschland seit November im Lockdown ist, sterben hierzulande auf die Einwohnerzahl gerechnet derzeit mehr Menschen an oder mit Corona als in den meisten EU-Staaten – und sogar mehr als in den USA.
Der renommierten Johns-Hopkins-Universität zufolge verzeichnete Deutschland zuletzt zehn Corona-Tote pro eine Millionen Einwohner. WENIGER als Großbritannien (zwölf), aber MEHR als die USA (neun), Italien (7,8), Frankreich (5,9) oder Spanien (3,2).«
Davon stimmt offensichtlich gar nichts. Die Johns-Hopkins-Universität meldet heute diese Zahlen (man muß ihnen nicht vertrauen, aber auf sie beruft sich "Bild"):
USA: 374.002 Tote (1.116 pro Million)
GB: 81.567 (1.228)
Italien: 78.755 (1.307)
Frankreich: 67.885 (1.013)
Spanien: 51.874 (1.111)
Deutschland: 40.741 (488)
"Bild" weiter:
»Experten sagen: Das ist Politik-Versagen!
„Die Epidemie wurde ausgelöst durch einen Virus, das ist klar“, sagt Medizin-Professor Matthias Schrappe (65), einst Vize-Chef des Sachverständigenrats für Gesundheit, zu BILD. „Aber für die hohen Sterbezahlen ausschließlich bei Älteren und Hochbetagten, dafür trägt die Politik die Verantwortung.“
Die Regierung habe sich „gegen fachkundige Beratung dazu entschlossen, nur auf Lockdowns zu setzen und auf gezielte Schutzmaßnahmen für Ältere zu verzichten“, so Schrappe. Diese Strategie sei „krachend gescheitert“, die Folgen „katastrophal“.
Fakt ist: Im Dezember kamen 86 Prozent aller Corona-Toten in Hessen aus Pflegeheimen. In Hamburg waren es 73 Prozent, in Bremen 71 Prozent, in NRW 55 Prozent.
Auch der Blick auf andere wichtige Kennzahlen zeigt: Ausgerechnet Deutschland, Europas reichste Industrie-Nation, hängt anderen Ländern massiv hinterher!«
Und dann werden Schrappe zwei Punkte untergejubelt, zu denen er gar nichts sagt:
»Seit Monaten stagniert in der Bundesrepublik die Anzahl der Corona-Tests bei maximal rund 1,5 Millionen pro Woche. Pro Einwohner deutlich weniger als Spanien, Frankreich und die USA.
Auch die Impfungen laufen nur schleppend an. Bis gestern wurden nur 0,64 Prozent der Deutschen geimpft. Mehr als in Frankreich (0,12 Prozent), aber deutlich weniger als in Großbritannien (zwei Prozent), den USA (1,9 Prozent) – und natürlich Spitzenreiter Israel (21 Prozent).«
Die letzten Zahlen mochte ich nicht mehr überprüfen. Sie klingen ermutigend.
Wer wirklich die Positionen von Prof. Schrappe kennenlernen möchte, kann das u.a. hier tun: Medizin-Professor: Lockdown-Politik ist endgültig gescheitert – das rächt sich bei Impfung.
Fällt eigentlich seit fast einem Jahr niemandem unter der Schreiberzunft auf, daß die Formulierung "mit Corona" etwa so viel Aussagekraft für die potentielle Gefahr hat wie zB "mit Bart" oder "mit eigenem Auto"? Sind es nun 1% Verstorbene "an" und 99% "mit" oder umgekehrt? Oder etwas dazwischen – und wieviel dann? Daß sich offenbar weder Politik noch Experten die Mühe einer genaueren Definition macht, ja nicht einmal die definitive Zahl der Behandlungsbedürftigen feststellen will, sagt schon einiges über die Ernsthaftigkeit der "Bekämpfung" aus.
Und ja, daß ein großer Anteil der Verstorbenen aus Pflegeheimen stammt, ist abseits der Tragik wohl auch schon vor C so gewesen, vermutlich liegt's an der Altersstruktur dort.
Vergleiche mit anderen und vor allem ferneren Ländern sollte man auch immer erst dann anführen, wenn man sich ausführlich über den Gesundheitszustand der dortigen Bevölkerung, die Ernährung und Versorgung, das dortige Gesundheitswesen und den Zugang der Bevölkerung dazu informiert hat. Denn dann wird einem rasch klar, daß zB die USA genauso wie Argentinien seit langem eine gefährliche Unterversorgung hat bzw jede Krankheit ein großes finanzielles Risiko bedeuten kann, sodass viele untherapiert und entsprechend geschwächt sind.
Und ja – natürlich hat die Regierung das Virus nicht im Griff: Einfach weil es zahllose Viren gibt, die seit Menschengedenken nicht (von vorübergehenden (?) Ausnahmen abgesehen) in den Griff zu bekommen sind.
Die Thesenpapiere der Arbeitsgruppe Schrappe sind mMn tatsächlich ganz gut. Warum die Verantwortlichen statt dessen lieber auf Berater setzen, die mit der Komplexität einer Pandemie selber völlig überfordert sind und auch nicht dazu in der Lage sind, ihre eigene Fachkompetenz annähernd realistisch einzuschätzen, ist mir leider von Woche zu Woche schleierhafter…
Ich ernenne mich mal zum "Faktenchecker":
"zuletzt zehn Corona-Tote pro eine Millionen Einwohner"
ist "teilweise richtig" und lässt sich auch (mal abgesehen von der Definition "Corona-Tote") grob mittels JHU und Kopfrechnen "belegen": JHU "meldet" täglich im Schnitt derzeit ca. 800 "Corona-Tote" für Germany, macht für 83 Millionen also PRO MILLION ca. 10 PRO TAG.
Dass man letzteres weggelassen hat ist halt BLÖD.
Beim "stagnieren" der Corona-Tests hat BLÖD natürlich auch "irgendwie" schon recht – was das mit der "Corona-Bekämpfung" zu tun haben soll, ist noch auf dem Niveau der "Strategie" im BMI-"Schockpapier" vom März und dessen Sinn erschließt sich u.a., wenn man Labore besitzt oder für sie arbeitet oder Interesse an hohen "Fallzahlen" hat.
Aber das wäre für BLÖD-LeserInnen natürlich noch komplizierter zu erklären.
Der renommierten Johns-Hopkins-Universität zufolge verzeichnete Deutschland zuletzt zehn Corona-Tote pro eine Millionen Einwohner.
–
Oh Gott wie schrecklich!
Das macht 1 Tote® pro 100'000 EW.
Was für eine schlimme Pandemie!
Ich habe Angst!
P.S. am Tag? pro Woche? jedes Jahr?
Webseite von
Prof. Dr. med. Matthias
10.01.2021 Thesenpapier 7: Schrappe, M., François-Kettner, H., Gruhl, M., Hart, D., Knieps, F., Manow, P., Pfaff, H., Püschel, K., Glaeske, G.: Die Pandemie durch SARS-CoV‑2/CoViD-19 (Thesenpapier 7): Sorgfältige Integration der Impfung in eine umfassende Präventionsstrategie, Impfkampagne resilient gestalten und wissenschaftlich begleiten, Aufklärung und Selbstbestimmung beachten. Köln, Berlin, Bremen, Hamburg,
http://www.matthias.schrappe.com/
Ich muss die BILD-Zeitung verteidigen, Sie haben nicht genau gelesen:
Zitat:
Der renommierten Johns-Hopkins-Universität zufolge verzeichnete Deutschland **zuletzt** zehn Corona-Tote pro eine Millionen Einwohner.
Die Zahlen, die Sie nennen, sind die Sterbezahlen seit Beginn der Pandemie. BILD meint mit "zuletzt" offenbar den Durchschnitt der letzten Woche.
Diese Zahlen scheinen korrekt zu sein, ich finde sie zwar nicht bei Johns Hopkins, aber z.B. hier:
https://ourworldindata.org/coronavirus-data-explorer?zoomToSelection=true&time=2020–03-01..latest&country=IND~USA~GBR~CAN~DEU~FRA®ion=World&deathsMetric=true&interval=smoothed&perCapita=true&smoothing=7&pickerMetric=total_cases&pickerSort=desc
@Harald Wellmann: Mit sehr gutem Willen kann man "zuletzt" als "pro Tag" lesen. Mir fehlt er bei diesem Artikel.
Übrigens gibt es von Prof. Schrappe und Kollegen ein brandneues Thesenpapier vom 10. Januar, das speziell auf das Thema Impfungen eingeht:
http://www.matthias.schrappe.com//index_htm_files/Thesenpap7_210110_endfass.pdf
Seit einem knappen Jahr zu wissen, dass die gefährdeste Gruppe in Heimen lebt und sie immer noch nicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen, moralisch kann zumindest ich das nur noch als vorsätzliche Tötung durch Unterlassen werten…
Eine völlig verwahrloste, menschenverachtende Politik…
Aber in Anbetracht dessen, wie seit Jahren mit den Schwächsten der Gesellschaft umgegangen wird, verwundert es nicht.