Charité-Epidemiologe: Lockdown ist überzogen

Das berich­tet die Berliner Zeitung am 29.10.:

»Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten beschlos­se­ne Lockdown ist nach Ansicht von Stefan Willich, Direktor am Charité Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, "in sei­ner Allgemeinheit über­zo­gen". Willich sag­te der Berliner Zeitung, es sei nicht sinn­voll, "auf dra­ma­ti­sche Breitbandrestriktionen" zu set­zen: "Es gibt sehr gute und wir­kungs­vol­le Hygienekonzepte in ein­zel­nen Branchen, etwa in der Kultur. Es gibt zudem erheb­li­che regio­na­le Unterschiede bei der Infektionsbelastung. Es ist nicht sinn­voll, alles über einen Kamm zu sche­ren." Es wäre bes­ser, "adap­ti­ve Maßnahmen" zu ergrei­fen. Willich: "Ein Lockdown soll­te eine Maßnahme nur im abso­lu­ten Notfall blei­ben." Es habe sich gezeigt, dass damit die beste Wirkung im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus erzielt wer­den kön­ne. Die aktu­el­le Lage auf den Intensivstationen ist, so die Zahlen des Robert-Koch-Instituts, der­zeit nicht in einem kri­ti­schen Bereich. Bundesweit sind etwa fünf Prozent aller Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt. In Berlin sind es knapp zehn Prozent und erst bei 25 Prozent springt die ent­spre­chen­de Corona-Ampel auf Rot.

Willich ver­weist dar­auf, dass "restrik­ti­ve Ausnahmesituationen näm­lich auch erheb­li­che Nebenwirkungen haben": "Mit dem Lockdown wird die Belastung für das Gesundheitswesen ins­ge­samt zuneh­men. Wir sehen jetzt schon die Folgen im psych­ia­tri­schen Bereich, wie Angststörungen oder Depressionen. Vor allem aber müss­ten alle ande­ren Krankheiten wei­ter behan­delt und Patienten ver­sorgt wer­den kön­nen, um einen the­ra­peu­ti­schen Rückstau und eine Verschlechterung des Zustands der Patienten zu ver­hin­dern." So sei es pro­ble­ma­tisch, wenn Reha-Kliniken kei­ne Patienten mehr auf­neh­men, etwa weil sie aus ande­ren Bundesländern kom­men. Gerade bei Krebspatienten sei es unum­gäng­lich, dass die Behandlung nicht ver­scho­ben wird, son­dern zeit­ge­recht statt­fin­det. Willich: "Ein Lockdown kann im Gesundheitssystem gra­vie­ren­de Schäden anrichten."

Willich ver­misst vor allem zwei wich­ti­ge Aspekte in den geplan­ten Maßnahmen: "Die Ausstattung der Gesundheitsämter muss ver­bes­sert wer­den, damit die Kontaktnachverfolgung kon­se­quent erfol­gen kann. Vor allem aber müs­sen Personen der Hochrisikogruppen best­mög­lich geschützt wer­den. In Alters- und Pflegeheimen soll­ten die Test-Möglichkeiten ver­bes­sert wer­den. Für Besucher soll­ten wir dafür Sorge tra­gen, dass sie die in Kürze ver­füg­ba­ren Schnelltests machen kön­nen. Da gibt es nach 15 Minuten ein Ergebnis, und dann könn­te auch in den Alten- und Pflegeheimen das sozia­le Leben auf­recht­erhal­ten wer­den." Die Einschränkung der Sportmöglichkeiten hält Willich für falsch: "Vor allem für die sozia­len und emo­tio­na­len Kontakte ist es für Kinder und Jugendliche sehr wich­tig, Sport auch in der Gruppe betrei­ben zu kön­nen. Hier soll­te es unbe­dingt Sonderregelungen geben."«

2 Antworten auf „Charité-Epidemiologe: Lockdown ist überzogen“

  1. Bislang ist fast jede fach­lich fun­dier­te Meinung, die sich gegen den Corona-Furor der Herrschenden gerich­tet hat und in die Öffentlichkeit gedrun­gen ist, kur­ze Zeit spä­ter zumin­dest in Teilen oder auch gänz­lich wie­der zurück­ge­nom­men wor­den. Mal sehen, wie lan­ge es hier dau­ert. Da ist ja schließ­lich Herr Drosten ganz in der Nähe…

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