Eine emotionale Herausforderung ungeahnten Ausmaßes

Die Historkerin Bettina Hitzer wirft in der FAZ vom 5.5. einen Blick auf die Geschichte der Pandemien in Deutschland. Dort heißt es:

'Mit je 30 000 bis 50 000 Toten in der Bundesrepublik immer noch schwer­wie­gend ver­lie­fen die "Asiatische" und die "Hongkong-Grippe" 1957/1958 und 1968/1970. Doch sowohl die Medien als auch die Politiker reagier­ten damals beschwich­ti­gend. Die Grippe war kein Thema der Titelseiten.

An die­ser Leerstelle änder­ten die drei Pandemien im ersen Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wenig. Als 2003 die ersten Sars-Fälle iden­i­fi­ziert wur­den, war die Berichterstattung zwar groß, und man­che Blätter insze­nier­ten den Wettlauf gegen die erste glo­ba­le Seuche als Wissenschaftskrimi. Doch in Europa gab nur weni­ge Fälle, die "Seuche" blieb ein fer­nes Schauspiel. Die "Schweinegrippe" von 2009 ver­lief in Europa mil­der als man­che Grippewelle. Dennoch stuf­te die WHO sie als Pandemie ein. In Deutschland wur­den in höch­ster Eile fünf­zig Millionen Impfdosen bereit­ge­stellt. Die Vorsorge stell­te sich als über­flüs­sig her­aus. Aufs Neue hat­te sich die ange­kün­dig­te Katastrophe aus euro­päi­scher Sicht als harm­lo­ses, aber teu­res Schreckgespenst herausgestellt…

Ein Fehlalarm stellt nicht zwin­gend die Prognose in Frage – eben­so wie die Verhinderung der Katastrophe durch Maßnahmen nicht zeigt, daß es sie andern­falls nicht gege­ben hätte…

Schon die ersten Reaktionen auf Aids in den acht­zi­ger Jahren deu­ten die Problematik an: Schnell gal­ten Homosexuelle als Risikogruppen und Gefährder…

Auch Statistiken und Infektionskurven haben eine emo­tio­na­le Wirkung. Sie oszil­lier­te in den letz­ten Wochen erkenn­bar zwi­schen Beängstigung und Beruhigung. In wel­che Richtung das Pendel aus­schlug, war nicht nur Folge sich ändern­der Zahlen oder neu­er Erkenntnisse, son­dern auch der Interpretation…

Das [Verständnis vom] Corona-Virus als Prozess… för­dert ein Nachdenken dar­über, wel­che Bedingungen im mensch­li­chen Körper, in den Gesundheitssystemen, im glo­ba­len Wirtschaften die­sen neu­ar­ti­gen Virusprozessen über­haupt erst eine pan­de­mi­sche Wirkung ermög­li­chen." Link für Bezahlwillige

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