Das fragt am 11.5. n‑tv.de unter der Dachzeile "Stöhr und Kekulé äußern Zweifel".
»…Kinder und Jugendliche zu impfen, scheint auf den ersten Blick ein sinnvoller Schritt zu sein, schließlich leiden besonders junge Menschen unter den Einschränkungen. Doch so einfach ist die Sache nicht, sagen die Epidemiologen Klaus Stöhr und Alexander Kekulé. Sie nennen gute Gründe, warum man bei Impfungen für Kinder besonders sorgsam und vorsichtig vorgehen sollte.
Ärztetag fordert Impfstrategie für Kinder
Für den deutschen Ärztetag ist die Angelegenheit klar. Er hat die Bundesregierung in einer Pressemitteilung aufgefordert, "unverzüglich eine Covid-19-Impfstrategie für Kinder und Jugendliche zu entwickeln."…
Dem pflichtet der Vorsitzende des deutschen Kinderschutzbundes bei. "Die Kinder werden ohnehin benachteiligt und diskriminiert schon in dem gesamten Verfahren, das wir haben, seitdem es diese Pandemie gibt", sagte Heinz Hilgers im Deutschlandfunk.
Epidemiologe Alexander Kekulé mahnt allerdings zur Vorsicht. Bei der erwarteten Freigabe der EMA für den Biontech-Impfstoff handele es sich um eine Notfallzulassung, sagte er in seinem MDR-Podcast, man arbeite daher mit unvollständigen Daten.
Schwierige Nutzen-Risiko-Abwägung
In den Richtlinien der EMA stehe ganz klar, "der Vorteil für die Patienten muss die Risiken eindeutig überwiegen." Dies zu bestimmen sei allerdings in dieser Altersgruppe schwierig. Zum einen könne es bei Kindern unter Umständen heftigere Impfreaktionen (höhere Reaktogenität) geben als bei Erwachsenen, so Kekulé. Die Wiener Ärztekammer schreibt zu der Thematik: "Da Kinder prinzipiell zu verstärkten Impfreaktionen neigen und Covid-19-Impfstoffe insgesamt reaktogener sind als andere Impfstoffe, könnten bei Kindern auch unter Umständen deutlich stärkere Nebenwirkungen auftreten. Zusätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass es in dieser Altersgruppe zu derzeit noch nicht bekannten Nebenwirkungen kommt."…
Langzeitfolgen wichtigstes Argument pro Impfungen
Long-Covid trete bei Kindern schon häufiger auf, sagt der Epidemiologe. Unter anderem zeige eine britisch-russische Studie, dass auch bei unter 18-Jährigen relativ häufig noch etliche Monate nach der Infektion entsprechende Symptome auftreten. "Insgesamt kann man sagen, Kinder leiden darunter, ja, aber sehr selten, sehr wenig. Und ist das eine Rechtfertigung zu impfen?"
Die Überlegung, ob der Nutzen das Risiko deutlich übersteige, müsse die EMA in diesem Fall auf die Goldwaage legen", sagt Kekulé. Er hoffe sehr, dass die EU-Behörde dies mache. "Ich habe so ein bisschen Sorge, dass man quasi so im Überschwang das jetzt durchwinkt, nach dem Motto 'Impfstoff her!'. Alle wollen ja wieder in die Datsche fahren. Alle wollen sich impfen lassen, weil sie hoffen, im Sommer dann Urlaub machen zu können."
Die Motivation für die Impfung müsse sein, Krankheit zu verhindern ,"und zwar bei denjenigen, die geimpft werden." Er sieht es daher auch kritisch, Impfungen von Kindern aus Gründen der sogenannten Herdenimmunität zu befürworten. Juristisch, formal oder ethisch sei es bei Kindern nicht so einfach wie bei Erwachsenen.
Stöhr rechnet mit keiner allgemeinen Empfehlung
Epidemiologe und Virologe Klaus Stöhr sieht dies ähnlich. Er erwartet, dass in Deutschland die Ständige Impfkommission (Stiko) Impfungen für Kinder wohl nicht grundsätzlich empfehlen wird. Es habe sich in Israel oder Großbritannien eindeutig gezeigt, dass die Infektionshäufigkeit bei Kindern mit dem Impffortschritt bei den Erwachsenen nachlasse, so Stöhr im Gespräch mit ntv.de.
Virologe Christian Drosten hat dies kürzlich im ZDF mit Bezug auf die britischen Erfahrungen weitgehend bestätigt: In England "haben wir viele Erwachsene, viele Eltern jetzt geimpft. Und wir sehen erstaunlicherweise, nachdem jetzt ein Monat oder in einigen Teilen sogar noch länger die Schulen offen sind, mit Testbetrieb, zweimal wöchentlich Abstrich und Testung, also wirklich strenge Regeln, aber ein offener Schulbetrieb: Die Zahlen in den Schulen kommen jetzt nicht hoch. Und das ist ganz anders als im Dezember, wo wir vier‑, fünfmal so hoch in der Inzidenz lagen wie bei den Erwachsenen."…
Stiko-Experte Martin Terhardt äußerte sich in einem MDR-Interview vorsichtig. Weil das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei Kindern und Jugendlichen ganz anders als bei Erwachsenen sei, könne er sich vorstellen, dass erstmal nur die Impfung von Risiko-Patienten mit Vorerkrankungen dieser Altersgruppe empfohlen werde, sagte er. Versprechen der Politik, im Sommer alle 12- bis 18-Jährigen zu impfen, hält er für übereilt. Die Stiko könne Eltern jetzt auch noch nicht sagen, "dass der Impfstoff absolut sicher ist und sie kein Risiko eingehen."«
"Die Stiko könne Eltern jetzt auch noch nicht sagen, "dass der Impfstoff
absolut sicher (!)
ist und sie
kein Risiko (!)
eingehen."«"
Das ist noch nie bei einer Impfung der Fall gewesen und wird es wohl auch nie sein.
"Er sieht es daher auch kritisch, Impfungen von Kindern aus Gründen der sogenannten Herdenimmunität zu befürworten. Juristisch, formal oder ethisch sei es bei Kindern nicht so einfach wie bei Erwachsenen."
Also ich halte es auch bei Erwachsenen nicht für so einfach.
Und Drosten wundert sich, dass jetzt im Frühling die Zahlen niedriger sind als im Dezember. Ach was! Wie kommt das bloß?