Immer mehr bestätigt sich die Vermutung: Corona geht aufs Hirn.
Die "junge Welt" ist eine Zeitung, die lange Zeit linke Positionen auch jenseits der Linkspartei publiziert hat und sich dabei stets von den Interessen der Lohnabhängigen und Prekären, auch im internationalen Kontext, hat leiten lassen.
Mit Corona wurde das alles anders. Die kritischen Hirnregionen sind stillgelegt, klassische Fragen der Linken wie "Wem nützt es?" oder "Wer vertritt warum welche Positionen?" werden nicht mehr gestellt.
Von Anfang an bis heute gelten im Blatt ausschließlich und unkritisch die Bezugspunkte Johns-Hopkins-Universität und RKI.
Dabei war es nicht so, daß kritische Positionen von Natur- und Gesellschaftswissenschaftlern abgewogen und dann zu Gunsten von JHU und RKI verworfen wurden, weil dort die besseren Argumente zu verorten wären. Nein, sie wurden – exakt wie von den Regierenden – schlicht nicht zur Kenntnis genommen, sondern pauschal diffamiert.
Bereits in einem Artikel vom 15.4. spricht sich ein Felix Bartels für Demonstrationsverbote aus und denunziert Kritiker:
"Verbot von Versammlungen, soziale Distanz und Ausgangseinschränkung müssten bestehen bleiben, bis ein Impfstoff gefunden, erprobt und in ausreichender Menge produziert wurde…
Die Mehrheit beugt sich der Notstandslogik, vermutlich weil fast jeder ein paar Großeltern hat, die er nicht verlieren möchte."
Alle, die sich dieser "Logik" nicht beugen, sind für den Autoren "Asoziale":
"Da wären erstens die Hedonisten, deren Egoismus sich ganz ohne rationalisierende und moralisierende Rechtfertigung äußert. Sie sitzen weiter dicht auf Wiesen, feiern ihre Partys und schlagen schamlos vor, die Alten doch einfach wegzusperren. Da wären zweitens jene Ökonomisten, die in Leitartikeln fordern, auch an die Wirtschaft zu denken… Und drittens wären da jene Liberalen, deren Setzung der eigenen Belange sich als allgemeine Sorge um die Rechte des Einzelnen verschleiert." Link
Am heutigen Tag setzt die Zeitung noch einen drauf. Eine ganze Seite wird zur Verfügung gestellt, um Abweichler von der richtigen Linie des ZK, das heute RKI heißt, zu demaskieren:
"Dass der Ausnahmezustand keine »neue Normalität« werden darf, darin sind sich viele Linke einig. Und doch stellen sich eine Reihe von Fragen. Wo einige Organisationen sich klar auf den Schutz der Gesundheit der Menschen beziehen, setzen andere auf inhaltsleeres Maulheldentum. Auf der offiziellen Seite des sogenannten Revolutionären 1.-Mai-Bündnisses wird anonym die krude These aufgestellt, dass wir alle in einem »Versuchslabor« lebten, und selbst Aktivistinnen und Aktivisten der radikalen Linken vorgeworfen, sich zu »Regierungssprecher*innen« entwickelt zu haben. Andere »Linke« sind sich mit Wirtschafts- und Kapitalkreisen einig und fordern, die weitreichende Stillegung des öffentlichen Lebens einfach zurückzunehmen."
(Hervorhebung nicht im Original) Link
Als dagegen vorbildlichen Demonstranten präsentiert der Autor den Landesgeschäftsführer der als links geltenden NRW-Linkspartei. Sein Interview beginnt staatstragend so:
'Vielfach werden Forderungen laut, die Maßnahmen im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung der Coronapandemie aufzuweichen. Zu Recht?
"Nein. Der Schutz der Bevölkerung vor der Pandemie muss allen anderen Maßnahmen übergeordnet werden."'
Sodann kämpft er mannhaft gegen einen Gegner, den er herbeiphantasiert:
"Auf verschiedenen Internetseiten gibt es kein Halten mehr. Verschwörungstheorien, Wahnhaftigkeit und Irrsinn lösen sich in vielen Statements ab. Wer jetzt davon faselt, dass das Coronavirus bewusst in Laboren entwickelt worden sei, um hier eine Militärdiktatur zu errichten, es gar nicht existent oder vollkommen ungefährlich sei, verlässt deutlich den Boden dessen, was ich zu diskutieren bereit bin. Und diese Melange aus Menschen, die ganz offensichtlich unter Wahnvorstellungen leiden, extrem Rechten und Personen, die sich vielleicht selbst noch der linken Szene zugehörig fühlen, erschreckt mich."
Zweifellos gibt es derartige dumme Internetseiten. Infam ist es, sie den (linken) Menschen zuzuschreiben, die sich Sorgen um die Grundrechte machen. Weiter lamentiert er in allerbester Bildzeitungsmanier über die, die
"…sich darüber aus[zu]lassen, dass es ein schwerer Eingriff in ihre Grundrechte sei, ihr Bier nicht in Großgruppen trinken zu dürfen und mal ein paar Wochen auf Klubbesuche verzichten zu müssen. Wer jetzt darüber schwadroniert, dass Alte und Kranke ja einfach zu Hause bleiben könnten und das Leben für den Rest der Bevölkerung dann schließlich normal weitergehen könne, offenbart ein Menschenbild, welches, konsequent zu Ende gedacht, faschistoid ist. Offensichtlich meinen einige Herrschaften, mittlerweile darüber entscheiden zu können, wer lebenswert sei und wer nicht."
Der Mann schließt ab, wie er begonnen hat:
"Wir haben in der BRD kein totales Versammlungsverbot. Diese Falschbehauptung wird auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer. Das hat das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung erst kürzlich ins Stammbuch geschrieben. Es gibt die Möglichkeit, unter Wahrung des Gesundheitsschutzes zu protestieren."
Nichts von den erbärmlichen Auflagen, die jeder Landesfürst je nach Fasson den Untertanen dafür aufgibt. Nicht das Aufgreifen des israelischen Beispiels, wo tausende gegen die Regierung protestierten. Ein merkwürdiges Verständnis von Opposition und eine weitere gefährliche inhaltliche Lücke, die es Rechten ermöglicht, sich verlogenerweise als alleinige Hüter von Grundrechten aufzuspielen
(Hervorhebung nicht im Original) Link
Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 23.4. aktualisiert