Es ist ähnlich wie bei Christian Drosten, der auf dem Weg zur Kanzlerin eine Mail auf sein Handy bekommt mit einer Studie drin, und schon gibt es eine neue harte Maßnahme. Der lauteste Trommler für neue Lockdowns versucht es auch:
Was steht in der Studie? Nicht das, was KL von einer Arbeit erwartet, die von der Gates-Stiftung und Pharmafirmen gesponsert wurde.
Solches:
Da wird man den StatistikerInnen glauben müssen, was soll man sonst tun.
In der Studie geht es um "Non-pharmaceutical interventions (NPIs)" und ihre Auswirkung auf das Infektionsgeschehen. Es werden darunter verschiedene Formen von Lockdowns verstanden, von denen 790 Phasen aus 131 Ländern zwischen dem 1. Januar und dem 20. Juli 2020 betrachtet werden. Wenig überraschend führten Kontakteinschränkungen zu einer Reduktion des R‑Werts, Lockerungsphasen zu einer Erhöhung.
Im Text liest man als eines der Ergebnisse:
»Eine… Erklärung für die hohe Reduktion ist, dass ein Verbot öffentlicher Veranstaltungen oft die erste NPI war, die in den Ländern eingeführt wurde; unsere Sensitivitätsanalyse, die zuerst eingeführte NPI ausschloss, zeigte eine nicht signifikante Reduktion der Übertragung mit dem Verbot öffentlicher Veranstaltungen…«
Kontaktbeschränkungen in der Hochphase im Frühjahr waren danach im Sinne der Verringerung des R‑Werts erfolgreich, zeigten in der Folge aber keine signifikante Reduktion. Das macht Lauterbachs Schlußfolgerung nicht gerade nachvollziehbar. Oder noch einmal an anderer Stelle:
»Im Gegensatz zur Hauptanalyse stellten wir fest, dass, wenn nicht als erste Intervention ein Verbot öffentlicher Veranstaltungen eingeführt wurde, diese eine nicht-signifikante Reduktion von R am Tag 28 zeigte.«
Es kommt noch heftiger für Lauterbach:
»Wir beobachteten keinen wesentlichen Rückgang der Übertragung nach Einführung des Verbots von Zusammenkünften mit mehr als zehn oder mehr als 100 Personen, insbesondere bei mehr als 100 Personen, die nach dem 14. Tag eine Zunahme der Übertragung zeigten; mögliche Erklärungen für dieses Ergebnis sind eine geringe Einhaltung und, im Falle des Verbots von Zusammenkünften mit mehr als 100 Personen, eine Zunahme von Zusammenkünften in kleinerem Rahmen. Darüber hinaus ist anzumerken, dass wir bei den Verboten physischer Zusammenkünfte aufgrund der Knappheit der Daten nicht in der Lage waren, unsere Analyse weiter nach Innen- und Außenbereichen zu schichten.
Insbesondere stellten wir keinen wesentlichen Unterschied in unseren Ergebnissen fest, wenn wir in eine Sensitivitätsanalyse nur Phasen mit umfassender Kontaktverfolgung einbeziehen. Dies war nicht wie erwartet, da man davon ausging, dass die Ermittlung von Kontaktpersonen die Übertragung durch die frühe Identifizierung von Infektionsfällen verringern würde.«
Einschränkungen der Analyse
»Wir erkennen mehrere Herausforderungen und Einschränkungen hinsichtlich unserer Analyse an.
Erstens basierte unsere Analyse auf Daten zur Kontrollpolitik und nicht auf dem tatsächlichen Verhalten der Bevölkerung. Insbesondere waren wir nicht in der Lage, das wachsende Bewusstsein der Öffentlichkeit für die persönliche Hygiene (einschließlich des Tragens von Gesichtsbedeckungen) als Reaktion auf die Pandemie zu erklären. Diese Verhaltensänderungen führen zu einer weiteren Verringerung der Übertragung und werden wahrscheinlich im Laufe der Zeit variieren. Wir waren auch nicht in der Lage, die Einhaltung dieser NPIs zu untersuchen, da es nur wenige geeignete Daten gab, die im Laufe der Zeit länderübergreifend zuverlässig waren.
Zweitens wurden einige NPIs (z.B. Schließung von Schulen und Verbot öffentlicher Veranstaltungen) oft früher eingeführt als andere NPIs (z.B. Anforderungen, zu Hause zu bleiben); daher konnten wir die Auswirkungen unterschiedlicher Rangfolgen von Änderungen des NPI-Status nicht beurteilen. Früher eingeführte NPIs könnten einen längerfristigen Effekt auf R gehabt haben und somit die Schätzungen für spätere NPIs verzerrt haben.
Drittens waren unsere Daten zu R und NPI auf nationaler Ebene, während sowohl R als auch NPI in den verschiedenen Teilen eines Landes variieren können. Ein Anstieg der R auf nationaler Ebene könnte auf einen gehäuften Ausbruch in einigen Gebieten oder auf mehrere landesweit verstreute Fälle zurückzuführen sein.
Viertens erkannten wir die potenziell hohe Heterogenität zwischen den verschiedenen Ländern sowohl hinsichtlich der NPI als auch der COVID-19-Fallermittlung an. Unsere Ergebnisse sollten als eine breite Zusammenfassung des gesamten Datensatzes betrachtet werden, und wir hatten nicht die Absicht, separate Schlussfolgerungen für einzelne Länder zu ziehen. Unsere Sensitivitätsanalysen zeigten, dass unsere Hauptergebnisse nicht auf die Streichung verschiedener Länderlisten reagieren.
Fünftens haben sich das individuelle Bewusstsein und die persönliche Hygiene seit Beginn der Pandemie im Laufe der Zeit verändert, was in hohem Maße zur Veränderung der Übertragung von SARS-CoV‑2 beitragen könnte (z.B. war das Tragen von Gesichtsmasken vor der COVID-19-Pandemie ungewöhnlich); daher könnten die Auswirkungen auf R durch die künftige Wiedereinführung und Wiederaufnahme von NPIs wesentlich anders sein.
Sechstens haben wir die Rolle der zugrunde liegenden saisonalen oder meteorologischen Faktoren (z.B. Temperatur und Feuchtigkeit) bei der Übertragung von SARS-CoV‑2 nicht berücksichtigt. Eine Modellstudie ergab, dass die Einführung von NPIs stark mit dem Wachstum von COVID-19-Fällen assoziiert war und dass die Luftfeuchtigkeit im Vergleich dazu nur schwach mit dem Wachstum assoziiert war; für den Breitengrad oder die Temperatur wurde keine Assoziation gefunden.
Siebtens bewerteten wir die Wirkung der Einführung und Aufhebung von NPIs nur für die ersten 28 Tage nach Einführung und Relaxation, und die Ergebnisse (einschließlich des Trends) sollten nicht über 28 Tage hinaus verallgemeinert werden. Schließlich, obwohl unsere Studie im Wesentlichen als ein natürliches Experiment betrachtet werden könnte, implizieren unsere Ergebnisse nicht notwendigerweise eine Kausalität.
Wir erkennen mehrere Einschränkungen der in unserer Analyse verwendeten Methodik für die R‑Schätzung an…
Der Modellierungsrahmen für R [war] nicht in der Lage, die im Laufe der Zeit eingetretenen Veränderungen der Eignung für Tests, der Testmethode oder der Falldefinition in verschiedenen Ländern zu berücksichtigen. Dies könnte sowohl den R‑Schätzwert als auch das R‑Verhältnis in unserer Analyse für die Zeitpunkte verzerren, in denen die Änderungen im Gange waren. Beispielsweise werden wir wahrscheinlich einen künstlichen Anstieg von R beobachten, wenn ein Land die Testkapazität innerhalb eines kurzen Zeitraums erhöht…
Wir erkennen auch die angeborenen (innate) Grenzen von R als Maß für die Übertragung von SARS-CoV‑2 an. Erstens wird zwar in der Praxis oft davon ausgegangen, dass R einfach zu interpretieren ist, doch die Schätzung von R während eines laufenden Ausbruchs ist kompliziert und mit erheblicher Unsicherheit verbunden. Zweitens werden die Schätzungen von R unzuverlässig mit einer größeren Unsicherheitsspanne, wenn die Zahl der Fälle gering ist, was seine Anwendbarkeit auf sehr lokaler Ebene verringert, oder wenn die Zahl der Fälle in einer großen Region gering ist. Drittens kann R empfindlich auf einen Anstieg der Fallzahlen in bestimmten Umgebungen (z.B. in Pflegeheimen, Schulen, Fabriken und Krankenhäusern) reagieren und stellt die Übertragung in der Allgemeinbevölkerung nicht vollständig dar. Viertens ist R ein durchschnittliches Maß für die Übertragung auf Bevölkerungsebene und spiegelt nicht die Übertragung von SARS-CoV‑2 auf individueller Ebene wider. Das Potenzial der Übertragung von SARS-CoV‑2 variiert von Individuum zu Individuum und spiegelt sich in den gemeldeten Superausbreitungsereignissen wider.«
Gesponsert von Pharmakonzernen und Gates-Stiftung
»Erklärung der Interessen
YL berichtet über Zuschüsse der WHO außerhalb der eingereichten Arbeit. HC berichtet über Zuschüsse der Initiative für innovative Medikamente, des britischen National Institute for Health Research und der Bill & Melinda Gates Foundation sowie über Zuschüsse und persönliche Honorare der WHO und von Sanofi außerhalb der eingereichten Arbeit. HN berichtet über Zuschüsse der Initiative für innovative Medikamente, der WHO und des Nationalen Instituts für Gesundheitsforschung, über persönliche Honorare der Bill & Melinda Gates Foundation, Janssen und AbbVie, sowie über Zuschüsse und persönliche Honorare von Sanofi und der Foundation for Influenza Epidemiology, außerhalb der eingereichten Arbeit. Alle anderen Autoren erklären, keine konkurrierenden Interessen zu haben.«
Fazit: Alle Klarheiten beseitigt.
Vermutung bestätigt: Lauterbach liest nur die Überschriften und teilweise die Zusammenfassung.
Mein Gott Karlchen, halt doch einfach mal die Klappe.
Lieber Artur, Danke, Danke, Danke für die Aufklärungen!
Denkst du darüber nach, deinen Artikel an Twitter zu schicken oder an die Staatsanwaltschaft? Ich meine, hier ist doch offensichtlich sehr bewusst eine absolute Falschmeinung verbreitet worden, sodass dieser Tweet sofort gelöscht werden muss!