Mehr als 1000 Corona-Patienten in Berlin: Warum die steigende Hospitalisierungsrate einen falschen Eindruck erweckt

Erneut muß selbst der Ber­li­ner "Tages­spie­gel" dazu bei­tra­gen, das Kar­ten­haus der "Pan­de­mie­po­li­tik" zu desta­bi­li­sie­ren. Unter genann­ter Über­schrift ist am 26.1. auf plus​.tages​spie​gel​.de (Bezahl­schran­ke) zu lesen:

»Der Ein­druck, dass immer mehr Men­schen wegen einer Erkran­kung mit Covid-19 im Kran­ken­haus behan­delt wer­den müs­sen, täuscht offen­bar. Und das, obwohl die Zah­len dies auf den ers­ten Blick den besorg­nis­er­re­gen­den Trend zu bele­gen schei­nen: Am Mitt­woch lagen mehr als 1000 posi­tiv auf das Coro­na­vi­rus getes­te­te Men­schen in den Ber­li­ner Kli­ni­ken, drei Wochen zuvor waren das noch 665.

Noch deut­li­cher ist der Anstieg bei den Kli­nik­pa­ti­en­ten, die mit Coro­na außer­halb einer Inten­siv­sta­tio­nen ver­sorgt wer­den: Hier wuchs die Zahl von 465 am 4. Janu­ar auf 810 am 26. Janu­ar. Die Hos­pi­ta­li­sie­rungs­ra­te – die angibt, wie vie­le Men­schen pro 100.000 Ein­woh­ner in den letz­ten sie­ben Tagen in Zusam­men­hang mit einer SARS-CoV‑2 Infek­ti­on im Kran­ken­haus auf­ge­nom­men wur­den – in Ber­lin hat sich von 3,3 auf 16,8 (Stand 25.1.) verfünffacht.

"Vie­le Pati­en­ten, die wegen eines gesund­heit­li­chen Pro­blems in unse­re Ret­tungs­stel­le kom­men, wis­sen gar nicht, dass sie infi­ziert sind."
Nor­bert Sut­torp, Kli­nik­di­rek­tor an der Charité

Doch Nach­fra­gen in den Kran­ken­häu­sern, die beson­ders vie­le Erkrank­te ver­sor­gen, zei­gen, dass die Lage so dra­ma­tisch gar nicht ist. Bei­spiel Cha­ri­té: Auf den Coro­na-Nor­mal­sta­tio­nen der Uni­ver­si­täts­kli­nik lie­gen der­zeit gut 90 Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, die posi­tiv auf das Coro­na­vi­rus getes­tet wur­den. „Am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de kam eine grö­ße­re Grup­pe neu hin­zu, wes­halb wir eine wei­te­re Sta­ti­on für Pati­en­ten mit einem posi­ti­ven Test­ergeb­nis in Betrieb neh­men muss­ten, um der Lage Herr zu wer­den“, sagt Nor­bert Sut­torp, Direk­tor der Medi­zi­ni­schen Kli­nik mit Schwer­punkt Infek­tio­lo­gie und Pneu­mo­lo­gie. Denn die mit Sars-Cov‑2 Infi­zier­ten müs­sen von den ande­ren Pati­en­ten getrennt ver­sorgt wer­den, um eine Infek­ti­ons­wel­le im Kran­ken­haus zu vermeiden.

Aber längst nicht alle die­se Pati­en­ten sind wegen der Infek­ti­on in der Kli­nik. „Man kann wegen oder mit einer Coro­na­in­fek­ti­on sta­tio­när auf­ge­nom­men wer­den“, sagt Nor­bert Sut­torp. „Vie­le der Pati­en­ten, die wegen eines gesund­heit­li­chen Pro­blems in unse­re Ret­tungs­stel­le kom­men, wis­sen gar nicht, dass sie infi­ziert sind.“ Das mer­ke man erst, wenn die rou­ti­ne­mä­ßi­gen Tests posi­tiv ausfielen.

Die Charité versorgt auf der Normalstation viele Schwangere, die coronapositiv sind

An der Cha­ri­té sind die­je­ni­gen, die expli­zit wegen der Sym­pto­me einer Coro­na­in­fek­ti­on auf einer Nor­mal­sta­ti­on ver­sorgt wer­den müs­sen, deut­lich in der Min­der­heit. Das betrifft nur jeden fünf­ten Pati­en­ten. „Hier lie­gen also Erkrank­te mit allen mög­li­chen Dia­gno­sen, auf­grund derer sie sta­tio­när behan­delt wer­den müs­sen – und ’neben­bei’ sind sie auch noch coro­na-posi­tiv", sagt Kli­nik­di­rek­tor Suttorp.

Man ver­sor­ge auf den Sta­tio­nen der­zeit ver­gleichs­wei­se vie­le Schwan­ge­re und eben­so Müt­ter, die kürz­lich erst ihr Kind bekom­men haben. „Die­se wer­den natür­lich wei­ter­hin von den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen der Geburts­me­di­zin betreut – nur lie­gen ihre Pati­en­tin­nen bei uns auf der Coro­na-Nor­mal­sta­ti­on."«

Ähn­lich sei die Situa­ti­on am Vivan­tes Augus­te-Vik­to­ria-Kli­ni­kum, erklärt des­sen Lei­te­rin des Zen­trums für Infek­ti­ons­me­di­zin. Hier habe etwa die Hälf­te der posi­tiv Getes­te­ten Covid-19-Symptome.

»Aus sozialen Gründen im Krankenhaus aufgenommen

„Rein medi­zi­nisch“ hät­ten eigent­lich nur die Men­schen einen Grund, wegen einer Coro­na­in­fek­ti­on im Kran­ken­haus auf einer Nor­mal­sta­ti­on behan­delt zu wer­den, die auf eine Atem­un­ter­stüt­zung mit Sau­er­stoff ange­wie­sen sind, sagt Isner. Doch behan­de­le man auch „sozia­le Indi­ka­tio­nen“. „Das sind Men­schen, deren Sym­pto­me eigent­lich nicht genü­gen wür­den, um sie sta­tio­när auf­zu­neh­men, die aber im häus­li­chen Umfeld oder im Pfle­ge­heim nicht aus­rei­chend ver­sorgt wer­den kön­nen, etwa weil Infek­ti­ons­ge­fahr besteht.“

Im AVK ver­sor­ge man haupt­säch­lich älte­re Coro­na-Pati­en­ten sta­tio­när. „Im Schnitt sind die Erkrank­ten bei uns um die 70 Jah­re alt", sagt Caro­li­ne Isner. „Die übri­gen Pati­en­ten, die kei­ne Sym­pto­me zei­gen, sind wegen ande­rer Erkran­kun­gen in die Kli­nik gekom­men – und wur­den durch die Rou­ti­ne­tests bei allen Auf­nah­men als coro­na­po­si­tiv ent­deckt“, sagt Isner.«

Aus Platz‑, vor allem aber aus medi­zi­ni­schen Grün­den, geht man nun neue Wege:

»Das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum hat nach Tages­spie­gel-Infor­ma­tio­nen des­halb ent­schie­den, dass posi­tiv auf das Virus getes­te­te Pati­en­ten, die aber kei­ne Covid-19-Sym­pto­me haben, in die für die Haupt­er­kran­kung zustän­di­ge Sta­ti­on kom­men, bei­spiels­wei­se auf die Geburts­me­di­zin. Die dafür nöti­gen kran­ken­haus­hy­gie­ni­schen Schu­lun­gen auf den Sta­tio­nen haben bereits begon­nen. Zudem gibt es eine bera­ten­de Beglei­tung durch die Infek­tio­lo­gie. „So ent­wi­ckeln wir die Ver­sor­gung in Pan­de­mie­zei­ten wei­ter, ohne die Sicher­heit von Pati­en­ten oder Mit­ar­bei­tern zu gefähr­den“, sagt Suttorp.

Die Per­so­nen aber, die wegen Sym­pto­men einer Coro­na-Infek­ti­on sta­tio­när auf­ge­nom­men wer­den muss­ten, betreu­en Infek­tio­lo­gen wei­ter­hin auf einer gemein­sa­men Corona-Normalstation…

„Es sind nur noch sehr weni­ge, die wegen Covid-19 von einer Nor­mal- auf die Inten­siv­sta­ti­on ver­legt wer­den müs­sen“, sagt Nor­bert Sut­torp. Gegen­über der Del­ta-Vari­an­te sei dies zehn Mal sel­te­ner nötig.

Ähn­li­che Erfah­run­gen machen auch die Medi­zi­ne­rin­nen und Medi­zi­ner im AVK. „Das trifft bei uns nur noch im Schnitt jeden 15. Pati­en­ten, also weni­ger als sie­ben Pro­zent“, sagt Infek­tio­lo­gin Caro­li­ne Isner. Die Bele­gung der Vivan­tes-Inten­siv­sta­tio­nen stei­ge nicht, son­dern sei seit län­ge­rer Zeit „auf nied­ri­gem Niveau sta­bil.«

10 Antworten auf „Mehr als 1000 Corona-Patienten in Berlin: Warum die steigende Hospitalisierungsrate einen falschen Eindruck erweckt“

  1. Das wun­dert mich alles ueber­haupt nicht. Die Anzahl sym­pto­ma­ti­scher Pati­en­ten fuer den Zeit­raum MW52/21-MW03/22 (27.12.2021.24.01.2022) laesst sich dem RKI-Wochen­be­richt vom 27.01.2022 ent­neh­men. Die Zahl der "bestae­tig­ten Fael­le" und der "Hos­pi­ta­li­sie­run­gen" in die­sem Zeit­raum kann man aus den RKI-Tages­be­rich­ten vom 27.12.2021 und 24.01.2022 berech­nen. Die Aus­wer­tung die­ser Daten ergibt das fol­gen­de Bild:

    Aus­wer­tung KW52/2021 – KW03/2022

    Bestae­tig­te Fael­le: 1739551
    Sym­pto­ma­ti­sche Fael­le: 310420
    alle Hosita­li­sie­run­gen: 23052
    sym­pt. Hos­pi­ta­li­sie­run­gen: 5468
    sym­pt. Inten­siv-Fael­le: 631
    sym­pt. Coro­na­to­te: 606

    Bun­des­weit hat­ten also in die­sen 4 Wochen nur 23,7% der hos­pi­ta­li­sier­ten Covid-Pati­en­ten Sym­pto­me. Von allen bestae­tig­ten Fael­len in die­sen 4 Wochen waren nur ca. 17,8% sym­pto­ma­tisch. Die Zahl der sym­pto­ma­ti­schen Inten­siv­pa­ti­en­ten in die­sen 4 Wochen war 631, die Zahl der am 28.01. aktu­ell behan­del­ten "Coro­na-Inten­siv­pa­ti­en­ten betraegt 2274, also rund 3,5 mal so viel, wie in den 4 Wochen neue *sym­pto­mat­ti­sche* Covid-Inten­siv­pa­ti­en­ten hin­zu­ge­kom­men sind. Da stellt sich doch die Fra­ge, wie vie­le Covid-Inten­siv­pa­ti­en­ten aus­ser einem posi­ti­ven PCR-Test gar kein Covid-19 haben???

    Aber rech­nen wir noch ein bischen wei­ter: Der Anteil der "Coro­na-Toten" an den "bestae­tig­ten Fael­len" (sprich die CFR) betrug in die­sen 4 Wochen durch­schnitt­lich ca. 0.035%, die Zahl der auf die Inten­siv-Sta­ti­on auf­ge­nom­me­nen Pati­en­ten ca. 0,036% der "bestae­tig­ten Fael­le". Der Anteil an "Omi­kron" betrug in die­ser Zeit im Durch­schnitt ca. 24,3%. Es ist damit zu rech­nen, dass die CFR und der Anteil der auf Inten­siv­sta­ti­on ueber­nom­me­nen Pati­en­ten (schon jetzt nur ca. 1 von 2850 "bestae­tig­ten Fael­len") mit stei­gen­dem Omi­kron-Anteil noch deut­lich wei­ter faellt. Und nun den­ken wir mal ehr­lich dar­ueber nach: klin­gen *die­se* Zah­len tat­saech­lich noch nach einer kata­stro­pha­len Pan­de­mie? Wohl kaum …
    Und die­se Zah­len basie­ren auf den offi­zi­el­len Daten das RKI, dass sich bei der Erfas­sung der Coro­na-Daten bis­her im Ver­gleich zu ande­ren Laen­dern wahr­lich nicht mit Ruhm bekle­ckert hat und dazu neigt, die Daten eher viel dra­ma­ti­scher zu inter­pre­tie­ren als es wirk­lich ist.

    1. Noch eine Ergaen­zung zu mei­nen im obi­gen Bei­trag genann­ten Zah­len. Laut den Tages­be­rich­ten vom 27.12.21 und 24.01.22 war die Zahl der Coro­na­to­ten in die­sem 4 Wochen­zeit­raum 6313. Laut Wochen­be­richt vom 27.01.22 gab es aller­dings nur 606 sym­pto­ma­ti­sche Coro­na­to­te mit bekann­tem Impf­sta­tus. Unter der Annah­me, dass sich bei den Coro­na­to­ten in den meis­ten Fael­len der Impf­sta­tus fest­stel­len laesst, muess­ten also ueber 90% der Coro­na­to­ten "asym­pto­ma­tisch" gewe­sen sein. Ich hal­te jedoch Covid-19 als Todes­ur­sa­che fuer extrem unwahr­schein­lich, wenn nie Sym­pto­me der Krank­heit auf­ge­tre­ten sind und kaum jemand von die­sen Toten obdu­ziert wurde …
      Folg­lich kann die Zahl 6313 wohl kaum rich­tig sein, wes­we­gen man bes­ser mit den 606 Coro­na­to­ten rech­nen muesste …

  2. Das Pro­blem sind also die anlass­lo­sen Tests.

    Die Uni­kli­nik hat ent­spre­chend reagiert: Pati­en­ten mit "posi­ti­vem" Test, aber ohne Atem­wegs­sym­pto­me, kom­men auf die Normalstation.

    Die Panik geht zu Ende. Wann hören wir auf mit der unsin­ni­gen Testerei?

  3. Aber das sind doch olle Kamel­len. Jeder weiß das, in der Poli­tik, in der Phar­ma, in der Recht­spre­chung und in der Pfle­ge­indus­trie – und das nicht erst seit gestern.

  4. Wenn ein kom­plett harm­lo­ses Virus (nen­nen wir es mal Ome­ga) eine Ver­brei­tung von 100% erreicht, dann sind in einem Kran­ken­haus ALLE Pati­en­ten Ome­ga-Pati­en­ten. Alle auf der Inten­siv­sta­ti­on und alle Toten natür­lich auch.

  5. "mehr als 1000 posi­tiv auf das Coro­na­vi­rus getes­te­te Menschen"

    Zumin­dest die Schnell­tests, die man in Dro­ge­rien und Apo­the­ken bekommt, tes­ten auf vie­le wei­te­re ande­re Viren neben dem Coro­na-Virus. Des­halb glau­be ich euch kein Wort mehr.
    Kann alles in den Zulas­sungs­un­ter­la­gen nach­ge­le­sen wer­den, z. B. hier

    https://​covid​-19​-dia​gno​stics​.jrc​.ec​.euro​pa​.eu/​d​e​v​i​c​e​s​/​d​e​t​a​i​l​/​1​501

    Cross-reac­ti­vi­ty (patho­gens tested)
    Ade­no­vi­rus, Ade­no­vi­rus 3, Alpha Coro­na­vi­rus 229E (HCoV-229E), Alpha Coro­na­vi­rus Nl63 (HCoV-Nl63), Beta Coro­na­vi­rus HKU1 (HCoV-HKU1), Beta Coro­na­vi­rus OC43 (HCoV-OC43), Influ­en­za A H1N1, Influ­en­za A H3N2, Influ­en­za A H5N1, Influ­en­za B Vic­to­ria, Influ­en­za B Yama­ga­ta, MERS-CoV, Mumps Virus (MuV), Myco­bac­te­ri­um Tuber­cu­lo­sis, Myco­plas­ma Pneu­mo­niae, Parain­flu­en­za Virus Type, Parain­flu­en­za Virus Type 2, Respi­ra­to­ry Syn­cy­ti­al V (RSV), Rhi­no­vi­rus, SARS-CoV

  6. Wann hören wir über­haupt auf mit die­sem Irrsinn.
    Denn heu­te hab ich den wie­der leib­haf­tig in mei­nem pri­va­ten Umfeld erlebt.
    Und wie­der trifft es die Alten, die, wenn sie in einem Alten­heim leben, frei nach Mei­nung in ihren Zim­mern weg gesperrt werden.
    Ich hät­te plat­zen kön­nen, als ich das hörte.
    Aber ich will die gan­ze Geschich­te hier nicht erzäh­len, sonst schreib ich mich auf die Nacht in Rage.

  7. Komisch: bei Coro­na kann man jeden, der ins Kran­ken­haus kommt, testen. 

    Aber ein ver­pflich­ten­der Test auf mul­ti­re­sis­ten­te Kei­me, denen jedes Jahr an die 25000 Men­schen zum Opfer fal­len, wur­de abge­lehnt: zu teuer!

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