Nicht langweilig

"SPD-Gesund­heits­exper­te Lau­ter­bach: Wir haben zu vie­le Kran­ken­häu­ser"

Das ist die Über­schrift eines Inter­views mit KL vom 6.6.2019 in der "Augs­bur­ger All­ge­mei­nen". Dort ist zu erfahren:

»Herr Lau­ter­bach, man hat den Ein­druck, dass Ihre Zusam­men­ar­beit mit CDU-Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn sehr eng ist.

Karl Lau­ter­bach: Wir ken­nen uns seit 15 Jah­ren und sind ein ein­ge­spiel­tes Team, trotz aller ideo­lo­gi­schen Unter­schie­de. Im Bereich Gesund­heit haben wir 90 Pro­zent des Koali­ti­ons­ver­tra­ges umge­setzt oder zumin­dest die Umset­zung begonnen…

Sie behaup­ten, dass es in Deutsch­land zu vie­le Kran­ken­häu­ser gibt. Warum?

Lau­ter­bach: Wir haben zu vie­le klei­ne. Ich bin gegen ein flä­chen­de­cken­des Kran­ken­haus­ster­ben. Es macht uns kei­ne öko­no­mi­schen Pro­ble­me, so vie­le Kran­ken­häu­ser zu haben. Aber ich glau­be, dass die Pati­en­ten bis­her unter­schät­zen, wie groß die Qua­li­täts­un­ter­schie­de zwi­schen den Kran­ken­häu­sern sind. Wir wis­sen, bei bestimm­ten Ein­grif­fen gibt es einen Zusam­men­hang mit der Grö­ße des Krankenhauses…

Was ist mit den Bür­gern auf dem Land, wenn die Kli­nik wei­ter weg ist?

Lau­ter­bach: Die Men­schen sind häu­fi­ger bereit, 20 Minu­ten län­ger zu einem Kli­ni­kum zu fah­ren, wenn sie wis­sen, dass sie dort mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit eher über­le­ben oder weni­ger Kom­pli­ka­tio­nen haben. Ich ken­ne Leu­te, die fah­ren heu­te sehr weit, um ihr Auto in einer Werk­statt abzu­ho­len. Die Bereit­schaft, sich in Kli­ni­ken mit guten Ergeb­nis­sen ver­sor­gen zu las­sen, wird sich ihren Weg suchen.

Ist Spe­zia­li­sie­rung für von der Schlie­ßung bedroh­te Kli­ni­ken ein Ausweg?

Lau­ter­bach: Es ändert nichts an der Tat­sa­che, dass wir im Ver­gleich zu ande­ren euro­päi­schen Län­dern schlicht zu vie­le Kran­ken­häu­ser haben. Von einem Kran­ken­haus in Ihrer Nähe für nur ein paar Ein­grif­fe haben Sie auch nichts. Die Medi­zin wird immer kom­ple­xer. Wir haben der­zeit etwa 2000 Kran­ken­häu­ser. Wir haben aber nicht die Spe­zia­lis­ten, damit auch nur in der Hälf­te die­ser Häu­ser eine spe­zia­li­sier­te Krebs­be­hand­lung statt­fin­den kann. Die Zahl der Spe­zia­lis­ten ist klei­ner als die Zahl der Kran­ken­häu­ser, die wir haben. Die Flucht in das Spe­zia­lis­ten­tum hilft nichts. Dann habe ich am Ende kei­ne Gene­ra­lis­ten. Und die Qua­li­tät wird noch schlech­ter. Spe­zia­li­sie­rung löst das Pro­blem nicht. Wenn sich ein Kran­ken­haus jetzt bei­spiels­wei­se auf Ortho­pä­die spe­zia­li­siert, wird es sich davon nicht ernäh­ren kön­nen. Es sei denn, es ist eine Pri­vat­kli­nik, die sich auf Pri­vat­pa­ti­en­ten kon­zen­trie­ren kann.

Die Digi­ta­li­sie­rung erobert das Gesund­heits­we­sen. Was kommt da auf die Pati­en­ten zu?

Lau­ter­bach: Die elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­ak­te ist drin­gend not­wen­dig und dul­det kei­nen Auf­schub mehr. Wir müs­sen unser Gesund­heits­sys­tem mit­hil­fe einer Kom­bi­na­ti­on aus Pati­en­ten- und Gesund­heits­ak­te in punc­to Qua­li­tät und Ver­sor­gung ver­bes­sern sowie ent­bü­ro­kra­ti­sie­ren. Die Pati­en­ten­ak­te ist das, was die Ärz­te und Kran­ken­häu­ser haben, und die elek­tro­ni­sche Gesund­heits­ak­te ist das, was der Ein­zel­ne nach­her auf sei­ner App hat.

Wie soll der Pati­ent dabei an sei­ne Daten kom­men und wel­che Vor­tei­le bringt ihm das?

Lau­ter­bachWir wer­den ein Recht eta­blie­ren, dass der Arzt die Daten sei­ner Pati­en­ten­ak­te auf das Smart­phone des Pati­en­ten mit der Gesund­heits­ak­ten-App laden muss und er auch ein Hono­rar dafür bekommt. Der Pati­ent kann so die Behand­lung sei­ner Krank­heit opti­mie­ren und jeder­zeit wei­te­re Mei­nun­gen ein­ho­len sowie über sei­ne Gesund­heits­da­ten verfügen…

Zur Per­son Karl Lau­ter­bach, 56, ist der aner­kann­te Gesund­heits­exper­te der SPD-Frak­ti­on im Bun­des­tag. Der Arzt, Gesund­heits­öko­nom und Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor aus Köln ist seit 2013 auch deren stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der.«

14 Antworten auf „Nicht langweilig“

  1. Im Grund­satz stim­me ich zwar zu, da die zuneh­men­de Ver­bes­se­rung der Tech­nik und die hoch­wer­ti­gen Gerä­te ein­fach zu teu­er sind für klei­ne Kran­ken­häu­ser und dort auch nicht aus­rei­chend genutzt wür­den. Aber dem Abbau klei­ne­rer Kran­ken­häu­ser müss­te der gene­rö­se Aus­bau gro­ßer Poli­kli­ni­ken fol­gen. Mit ange­schlos­se­nen THe­ra­pie­ein­rich­tun­gen etc.
    Mit ein­fach platt machen ist es lei­der nicht getan. Und den euro­päi­schen Ver­gleich anzu­füh­ren ist gera­de­zu lächer­lich, nach­dem das Ver­sa­gen in der Coro­na Kri­se uns ja mehr als offen­sicht­lich vor Augen geführt wor­den ist. Oder springt Herr Lau­ter­bach auch von der Brü­cke, wenn Herr Macron vorspringt?

    1. "Im Grund­satz stim­me ich zwar zu, da die zuneh­men­de Ver­bes­se­rung der Tech­nik und die hoch­wer­ti­gen Gerä­te ein­fach zu teu­er sind für klei­ne Kran­ken­häu­ser und dort auch nicht aus­rei­chend genutzt würden."

      Das ist das Pro­blem: Tech­nik und hoch­wer­ti­ge Gerä­te wozu? Für den Com­pu­ter-Spiel­trieb der Ärzte?
      Mei­ne Erfah­rung: Nie­ren­bi­op­sie. Pas­siert nicht jeden Tag, alle woll­ten zugu­cken. Dass die Nie­ren ent­zün­det waren, war klar, sieht man im Ultra­schall und erkennt es am Labor.
      Wofür? Nix. Ich erhielt einen Ver­weis auf eine nicht-vali­dier­te wis­sen­schaft­li­che Unter­su­chung an 50 Pati­en­ten, die erklär­te, mei­ne Nie­ren könn­ten sich voll­stän­dig erho­len, könn­ten gleich blei­ben oder sich ver­schlech­tern. Aus­wir­kung des Ergeb­nis­ses auf die Behand­lung: Null. Ergibt sich, indem man abwar­tet. Ah ja, die Nie­ren­bi­op­sie ist der "Gold­stan­dard". Wenn ich das höre, weiß ich, dass die Tex­ter auch im Finanz­sek­tor arbeiten.

      Wenn in einem gro­ßen Bau Kran­ken­haus­kei­me sind, bekommt man die nicht mehr her­aus. In einem klei­nen Kran­ken­haus hat der Putz­trupp einen bes­se­ren Über­blick und es lie­gen weni­ger Men­schen, die sich gegen­sei­tig anste­cken kön­nen, Freun­de und Ver­wand­te haben auch Zeit für einen kur­zen Besuch. Wirkt auf die Psy­che und damit auf den Behand­lungs­er­folg. Ziel wären sowie­so Einzelzimmer.

      Es lie­ße sich viel mehr ambu­lant machen,da gibt es aber kei­ne Anrei­ze dazu. Ich hat­te Schwie­rig­kei­ten, aus dem Kran­ken­haus wie­der her­aus­zu­kom­men. Offen­bar gab es für mich kei­ne oder meh­re­re Fallpauschalen.

      Im Win­ter sind die Kran­ken­häu­ser voll mit alten Men­schen und Lun­gen­ent­zün­dung und Influ­en­za, par­don heißt jetzt Covid-19. Die brau­chen vor allem kom­pe­ten­te Pfle­ge und die soll­te man wirk­lich nicht aus der gewohn­ten Umge­bung her­aus­rei­ßen. Aber klar, wenn die Gerä­te da sind, müs­sen sie genutzt wer­den, auch wenn die Men­schen bereits erkenn­bar im Ster­ben liegen.

      Das mit "Spe­zia­li­sie­rung ist bes­ser" hat­te ich auch zunächst gedacht. Nur, wenn sie auf etwas spe­zia­li­siert sind, inter­es­sie­ren sie ande­re Sachen nicht. Die Ganz­heit­lich­keit muss man selbst her­aus­fin­den, die Dia­gno­se ent­spricht der Spe­zia­li­sie­rung. Wenn du dann noch den Leit­li­ni­en nicht ent­sprichst wird es schwierig.

  2. Eini­ge Fra­gen Herrn Lauterbach:
    – was machen die Men­schen, die kein Auto haben?
    – was machen die Men­schen, die kein Auto haben, aus gesund­heit­li­chen Grün­den kei­ne Mas­ke tra­gen (kön­nen) und dafür aus den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln "raus­ge­hackt" werden?
    – was machen die Men­schen, die sich kein Smart­phon leis­ten können?
    – was machen die Men­schen, die Dank Grü­nen­thal kei­ne obe­ren Extre­mi­tä­ten haben? usw.

  3. Lau­ter­bach sagt also wir haben zu vie­le Kran­ken­häu­ser und zu wenig Spe­zia­lis­ten um sie zu betrei­ben. Ego er will die Kran­ken­häu­ser schlie­ßen. Bra­vo – er hat sich ein beson­de­res "Attest" verdient
    https://​twit​ter​.com/​s​t​i​r​z​/​s​t​a​t​u​s​/​1​2​5​3​2​4​1​2​3​3​8​2​2​1​3​8​3​6​9​/​p​h​o​t​o/1

    Denn man könn­te das natür­lich völ­lig anders­rum sehen: Wenn "wir" zu wenig Spe­zia­lis­ten haben, wie­so bil­den wir dann kei­ne aus? Was das kos­tet? Natür­lich – aber wie schafft es die klei­ne seit über 60 Jah­ren unter US-Embar­go ste­hen­de Insel Kuba die bes­te medi­zi­ni­sche Aus­bil­dung der Welt hin­zu­krie­gen und der "Export­welt­meis­ter" Deutsch­land schafft das angeb­lich nicht?

    1. Ber­tels­mann­stif­tung, Rhön­kli­ni­kum, Helio­s­kli­ni­ken, Freseniuskliniken. 

      Es geht nicht um Gesund­heit, son­dern um Profit.

  4. Das Gesund­heits­we­sen darf nicht aus­schließ­lich aus wirt­schaft­li­cher Sicht betrach­tet wer­den! Natür­lich braucht es die Abde­ckung in der Flä­che. Nicht jede Behand­lung braucht das Per­so­nal und Gerät einer High­tech-Uni­kli­nik, aber für Not­fäl­le ist schließ­lich jede Kli­nik gerüs­tet. Wenn man jedes Unfall­op­fer, jeden Infarkt-/Schlag­an­fall erst stun­den­lang durch die Gegend fährt oder fliegt, kos­tet sicher das eine oder ande­re Leben zusätzlich.
    Hat man nicht erst im Dezem­ber dar­über medi­en­wirk­sam berich­tet, dass in Ost­deutsch­land ein Kran­ken­wa­gen nicht die nächs­te Kli­nik anfah­ren konn­te, son­dern fast eine Stun­de zu einer ande­ren Ein­rich­tung fah­ren musste?
    Herr Lau­ter­bach scheint nur die teu­ren Spe­zi­al­be­hand­lun­gen im Blick zu haben, die zum Teil auch kei­ne Kas­sen­leis­tun­gen mehr sind.
    Wenn wir aber nach dem Wil­len des Herrn Lau­ter­bach noch ewig im Lock­down blei­ben sol­len, wird die zusam­men­bre­chen­de Wirt­schaft das Gesund­heits­we­sen ohne­hin nicht mehr finan­zie­ren kön­nen und wir wer­den eines Tages nicht mehr bes­ser da ste­hen, als ande­re Län­der, deren Gesund­heits­we­sen man noch 2019 groß­kot­zig als man­gel­haft dar­ge­stel­len konnte.

  5. So falsch sind die Gedan­ken nicht. Natür­lich braucht man Not­fall­me­di­zin auch in der brei­ten Flä­che, aber es ist ein öko­no­mi­sches Pro­blem, Spe­zi­al­ge­bie­te flä­chen­de­ckend bes­tens abzu­de­cken, weil das Per­so­nal fehlt und die Tech­nik teu­er wäre. Und der Spe­zia­list, der unter­las­tet ist, wird kei­ne Kom­pe­tenz auf­bau­en. Wür­de man sich von einem Augen­arzt lasern las­sen, wenn man weiß, der lasert nur ein­mal pro Quartal?

    Jeder mit ein paar Jah­ren Berufs­er­fa­hung kann bestä­ti­gen, wie wich­tig Rou­ti­ne ist und dass man als Green­horn frisch von der Uni ganz anders agier­te als nach fünf Jah­ren im Beruf.

  6. Wenn man bedenkt wie vie­le Kran­ken­häu­ser man mit dem bis­her für den Aus­gleich der Coro­na­mass­nah­men aus­ge­ge­be­nen Kapi­tal bes­ser aus­stat­ten hät­te können…und wie­viel Per­so­nal man hät­te aus­bil­den bzw ein­stel­len können.
    Aber wenn jemand 20km mit dem Auto in eine Werk­statt fah­ren kann, kann er das natür­lich mit dem Not­arzt­wa­gen ggfs auch. Nur dass das Auto nicht unter­wegs ster­ben kann.

  7. Ich wun­de­re mich immer wie­der, wie oft der Herr Kla­bau­ter­lach sich nach vorn stellt und schreit: Fragt mich doch! Anschei­nend ist er der All­wis­sen­de. Wenn man jedoch sei­nen Berufs­tand­kol­le­gen aus dem Coro­na Aus­schuss hört, der ihn öffent­lich wört­lich Miet­maul nennt, kann sich jeder sei­nen Teil den­ken. Er erzählt jeden alles, Haupt­sa­che es gibt Geld dafür. Daher hat die­ser Mensch in mei­nen Augen sei­ne Glaub­wür­dig­keit verloren.

  8. Ob er sich in sei­nem For­schungs­be­reich der Epi­ge­ne­tik (Uni Köln) irgend­wann selbst als Ver­suchs­ka­nin­chen bereit gestellt hat????
    Das wäre viel­leicht eine plau­si­ble Erklärung!

  9. Herrn Lau­ter­bach kann man hier wie­der im geis­ti­gen Tief­flug beob­ach­ten. „Ich ken­ne Leu­te, die …“ – was ist denn das für ein Argu­ment? Und wie oft besu­chen die­se Leu­te ihr Auto in der Werk­statt? Brin­gen ihm viel­leicht noch fri­sche Wäsche vorbei?

    Dass spe­zia­li­sier­te (und oft nicht ganz zeit­kri­ti­sche) medi­zi­ni­sche Leis­tun­gen nicht von jedem Kran­ken­haus ange­bo­ten wer­den müs­sen, ist schon klar. Aber es gibt auch eine Grund­ver­sor­gung, für die vie­le Leu­te jetzt schon zu weit fah­ren müssen.

    Die Nähe zum Wohn­ort spielt auch für die sozia­len Kon­tak­te, die zum Gesund­wer­den einen wich­ti­gen Bei­trag leis­ten kön­nen, eine gro­ße Rol­le. Viel­leicht hat Herr L. kei­ne – vor­stel­len könn­te ich mir das durchaus.

  10. "ist der aner­kann­te Gesundheitsexperte"

    durch wen? Durch Jour­na­lis­ten und PR-Agenten?

    Lau­ter­bach ist höchs­ten Exper­te für salz­lo­ses Nicht-Leben.

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