"PCR-Tests häufig falsch positiv" sagt Chef des Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt

Prof. Dr. med. René Gottschalk und Prof. Dr. med. Ursel Heudorf sind bei­de FachärztInnen für Öffentliches Gesundheitswesen und TrägerInnen der Johann Peter Frank-Medaille, der höch­sten Auszeichnung des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte für Öffentliches Gesundheitswesen. Er ist seit 2011 Leiter des Gesundheitsamtes in Frankfurt, sie war bis 2019 sei­ne Stellvertreterin.

In einem Artikel auf dem Portal der Landesärztekammer Hessen vom 25.9. schrei­ben sie:

»Seit Beginn der Corona-Pandemie wer­den die Bürgerinnen und Bürger täg­lich mit den aktu­ell­sten Zahlen und stän­dig neu­en Verordnungen und Gesetzen über­schüt­tet. Doch erhal­ten sie damit sinn­vol­le und nütz­li­che Informationen? Was bedeu­ten die täg­lich stei­gen­den Infektionszahlen? Was bedeu­tet das für die Infizierten? Wie schwer erkran­ken sie? Wie sicher sind die Tests? Sind die posi­tiv Getesteten wirk­lich infi­ziert und infek­ti­ös? Oder sind es – bei nied­ri­ger Prävalenz – häu­fig falsch posi­ti­ve Tests und es wer­den falsch posi­tiv Getestete iso­liert, ihre Kontaktpersonen quarantänisiert?…

Hospitalisierung und schwe­re Krankheitsverläufe: Immer weni­ger Covid- 19-Infizierte müs­sen in ein Krankenhaus auf­ge­nom­men wer­den (Abb. 2) – dies trotz der Zunahme gemel­de­ter Fälle im August; seit vie­len Wochen neh­men schwe­re Krankheitsverläufe ab; schwe­re Atemwegssymptome und Beatmungspflicht tre­ten nur noch sehr sel­ten auf. Eventuelle mit­tel- oder län­ger­fri­sti­ge Symptome wer­den in den Meldedaten aller­dings nicht abgebildet.

Todesfälle: Die Zahl und der Anteil der an bzw. mit Covid-19-Verstorbenen nahm ab und stieg auch mit Zunahme der Meldungen im August nicht an. Seit Mai wer­den 0–3 Todesfälle pro Monat gemel­det – bei ca. 600 Todesfällen pro Monat in Frankfurt am Main.

Schu­len und Kitas: Es gibt kei­ne Hinweise, dass die schritt­wei­se Wiedereröffnung der Schulen zu einer erkenn­ba­ren Zunahme an Infektionen bei Kindern und Schulpersonal geführt hat – obwohl wegen Ängsten und Sorgen von Schulgemeinden vie­le Tests vor­ge­nom­men wur­den. Mit dem Ende der Ferien nahm auch die Zahl posi­tiv gete­ste­ter Schüler und Lehrer (Reiserückkehrer) zu.

Altenpflegeheime: Zu Beginn der Pandemie Anfang April ereig­ne­ten sich in drei (von 48) Altenpflegeheimen Ausbrüche; allei­ne in einem Heim erkrank­ten 67 Bewohner und 29 Mitarbeiter; 22 Bewohner ver­star­ben. Seit Mitte April kam es zwar wie­der­holt zu SARS-CoV-2-Einträgen in 20 Heimen, durch die ergrif­fe­nen Maßnahmen konn­te eine Weiterverbreitung gut ver­hü­tet wer­den; Todesfälle waren nicht zu bekla­gen. Die jüng­ste Meldung eines infi­zier­ten Bewohners erfolg­te am 19.06.2020 (Stand 25.08.2020)…

Krankenhaus-Belastung: Mittels Interdisziplinären Versorgungsnachweises (IVENA) kön­nen die Rettungstransporte und Aufnahmen in Krankenhäuser in Echtzeit doku­men­tiert wer­den; die Krankenhäuser haben die Möglichkeit, bei Überlastung ein­zel­ne Bereiche für eine gewis­se Zeit abzu­mel­den. Der Vergleich des ersten Halbjahres 2020 mit den ersten Halbjahren der vor­an­ge­gan­ge­nen Jahre zeigt kei­ne auf­fäl­li­gen Abmeldungen des Bereichs Innere Medizin (ambu­lant, Notaufnahme und stationär)..

Mortalität: Die Sterbestatistik (täg­li­che Sterbefälle) zeigt im ersten Halbjahr 2020 kei­ne Auffälligkeiten – im Gegensatz zu erkenn­bar höhe­ren Sterbezahlen wäh­rend der Influenza-Zeiten 2017 und 2018 sowie wäh­rend der Hitzeperiode im Juli 2018..

Mortalität der Bewohner in Altenpflegeheimen: 30 Heime (inklu­si­ve die Heime mit Ausbrüchen und Todesfällen) haben dem Amt auf frei­wil­li­ger Basis die Zahl der seit 2018 Verstorbenen pro Quartal mit­ge­teilt: Auch in der Hoch-Risikogruppe der Altenpflegeheimbewohner ist im Jahr 2020 kei­ne auf­fäl­li­ge Sterblichkeit zu erkennen.«

Bundesweiter Vergleich

»Bundesweit sind die Meldedaten vergleichbar…

Hospitalisierungen: Die Hospitalisierungen nah­men in Deutschland ins­ge­samt etwas ver­zö­ger­ter ab als in Frankfurt. Sie blei­ben im Juli und August sta­bil nied­rig – trotz der Zunahme der Meldungen insgesamt…

Verstorbene: Bei den Verstorbenen zeigt sich auch in Deutschland ins­ge­samt ein rascher Abfall im Mai – der trotz der stei­gen­den Meldungen im August wei­ter­hin sta­bil nied­rig bleibt…

Mortalitätsstatistik: Das Statistische Bundesamt ver­öf­fent­licht die Sterbedaten der Bevölkerung in Deutschland – alle Ursachen – auf sei­ner Website… Im Jahr 2020 ist kei­ne Übersterblichkeit erkennbar.«

Corona-Testergebnisse

»Was sagen die Testergebnisse bei der der­zei­ti­gen Teststrategie aus?

Bei nied­ri­ger Prävalenz in der Bevölkerung und umfang­rei­cher Testung von asym­pto­ma­ti­schen Personen wird man selbst bei ange­nom­me­ner hoher Sensitivität und Spezifität des Tests falsch posi­ti­ve Befunde erhalten…
Der PCR-Test detek­tiert Genabschnitte von SARS-CoV‑2; er sagt nichts dar­über aus, ob es sich um infek­ti­ons­fä­hi­ge Viren oder um Virusreste nach durch­ge­mach­ter Infektion han­delt. Hierzu wäre eine Erregeranzucht erfor­der­lich. Analog hat die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) bei­spiels­wei­se in ihrer MRSA-Richtlinie PCR-basier­te Verfahren allen­falls als vor­läu­fi­ge Grundlage aner­kannt – wegen des Vorteils einer erheb­li­chen Zeitreduktion bei der Testdurchführung. Als Grundlage für abzu­lei­ten­de kran­ken­haus­hy­gie­ni­sche Konsequenzen und zur Kontrolle von MRSA-Dekolonisierungsmaßnahmen sind jedoch kul­tu­rel­le Nachweisverfahren gefor­dert, da die PCR-Verfahren nicht sel­ten falsch posi­ti­ve Ergebnisse lie­fern.«

Fazit

»Nach anfäng­lich vie­len schwe­ren Covid-19-Verläufen und Todesfällen, die aber nicht zwin­gend durch SARS-CoV‑2 her­vor­ge­ru­fen wur­den, wer­den seit Monaten weni­ger schwe­re Erkrankungen mit weni­ger Krankenhauseinweisungen gemel­det, auch tre­ten Todesfälle sel­te­ner auf. Und dies, obwohl die Meldezahlen im August durch die Zunahme an Tests bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten bzw. bei Besuchern von gro­ßen Familienfeiern deut­lich zuge­nom­men haben und in Frankfurt auf glei­chem Niveau wie zu Beginn der Pandemie im April 2020 lie­gen. Eine Übersterblichkeit ist weder in der Gesamtbevölkerung noch in der Gruppe der Hochrisikopatienten (Bewohner von Altenpflegeheimen) zu verzeichnen.

Auch bei aus­rei­chen­der Ausstattung der Altenpflegeheime mit Schutzausrüstung für das Personal und Beachtung guter Hygiene kön­nen zwar Einträge des Virus in die Heime nicht voll­stän­dig ver­mie­den, jedoch kann so einer Weiterverbreitung des Virus in die­sen Einrichtungen effek­tiv vor­ge­beugt werden.

In Übereinstimmung mit der Literatur gibt es kei­ne Hinweise, dass eine Wiedereröffnung von Schulen und Kindergemeinschaftseinrichtungen – bei Beachtung guter Hygiene – zu einer erkenn­ba­ren Zunahme an Infektionen führt.

Bei nied­ri­ger Prävalenz sind die PCR-Tests häu­fig falsch posi­tiv. Ein PCR-Test allei­ne sagt nichts über eine mög­li­che Infektiosität des Betroffenen aus.«

2 Antworten auf „"PCR-Tests häufig falsch positiv" sagt Chef des Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt“

  1. Falsche PCR Tests – manu­ell geht es kaum besser. 

    Einfach jede Art von Erkältung mit oder ohne Husten, Schnupfen in 2020 als Covid 19 dekla­rie­ren, fer­tig. Die gan­ze Beschreibung über Covid ist eine Beschreibung von Immunreaktionen, wie man sie von Erkältungen her schon erlebt hat. Der Test ist natür­lich nicht rich­ti­ger als der PCR Test, aber zur erhöh­ten Vorsicht im Sinne des Bevölkerungsschutzes ist es fast optimal.

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    Dr. med. Peter Tinnemann, MPH 

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    18.09.2018

    Fortbildungsveranstaltung H18/2018

    Ebola, Lassa, MERS und Co – vor­be­rei­tet auf den Ernstfall?

    für human- und vete­ri­när­me­di­zi­ni­sche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, im Öffentlichen Veterinärwesen und in der Forschung 

    am 18. September 2018 in Düsseldor 

    Veranstaltungsleitung:
    Prof Dr. Christian Drosten
    Dr. Friederike Jansen
    Dr. Ute Teichert, MPH
    Dr. Peter Tinnemann, MPH

    [ Referate unter ande­ren von Cristian Drosten und, sie­he unten, René Gottschalk ] 

    Prof Dr. Dr. René Gottschalk
    Gesundheitsamt Frankfurt am Mai 

    Veranstaltungsort:
    Akademie für Öffentliches GesundheitswesenKanzlerstr 4, 40472 Düsseldorf 

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    13.02.2020

    Frau Dr. Teichert spricht im Podcast der Ärztezeitung 

    Im Podcast der Ärztezeitung spricht Frau Dr. Teichert űber den ÖGD und SARS-CoV‑2 aka 2019-nCoV 

    Wie gut der ÖGD auf eine Coronavirus-Pandemie vor­be­rei­tet ist

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    21.08.2021 | FNP 

    Am 1. Juni trat Dr. Peter Tinnemann die Nachfolge von Prof. Dr. René Gottschalk als Leiter des Frankfurter Gesundheitsamts an. Der Facharzt für öffent­li­ches Gesundheitswesen war der Wunschkandidat von Gottschalk und Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne).

    "Als ärzt­lich gelei­te­te Behörde hören wir auf die Ständige Impfkommission. Und die emp­fiehlt die Impfung für 12- bis 17-Jährige." 

    "Im Vergleich zum Risiko der Erkrankung, das dann Ungeimpfte auch für die Lieben im Familien- und Freundeskreis dar­stel­len, hal­te ich das Impf-Risiko für ver­nach­läs­sig­bar. Wenn sich alle imp­fen las­sen wür­den, hät­ten wir schnel­ler wie­der ein nor­ma­les Leben." 

    "Ich gehe davon aus, dass das Virus nicht mehr weg­geht. Ein nor­ma­les Leben wird dann wie­der mög­lich sein, wenn wir einen ratio­na­len Umgang mit dem Erreger finden." 

    "Im ver­gan­ge­nen Jahr haben wir zu 150 Prozent Corona gemacht, teil­wei­se auf Kosten ande­rer wich­ti­ger Aufgaben. Zum Beispiel konn­ten die Mitarbeitenden nicht mehr in Schulen und Kitas, um mit den Kindern Zähneputzen zu üben. Und auch die Schuleingangsuntersuchungen, die wir machen, um her­aus­zu­fin­den, wer wel­che Förderung braucht, waren nicht im nor­ma­len Umfang mög­lich. Damit müs­sen wir lang­sam wie­der anfan­gen, aber wir müs­sen auch über­le­gen, ob die Art, wie wir Dinge bis­her gemacht haben, die beste ist. Was Corona expo­niert hat ist, dass wir in vie­len Bereichen ein­fach wei­ter­ge­ar­bei­tet haben wie immer, Stichwort Digitalisierung. Weil der öffent­li­che Gesundheitsdienst jah­re­lang ver­nach­läs­sigt wur­de, sind vie­le Arbeitsprozesse noch nicht digi­ta­li­siert, nicht ein­mal bei uns, obwohl man­che uns als "das Adlon der deut­schen Gesundheitsämter" bezeich­nen. Das müs­sen wir jetzt zusam­men angehen." 

    "Ich möch­te sei­ne [ Prof. Dr. Gottschalk ] Ideen natür­lich wei­ter­füh­ren. Darüber hin­aus sind mei­ne Schwerpunkte die Digitalisierung, der Klimawandel und sozia­le Fragen." 

    "Mit den Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern haben wir gera­de erst wie­der gese­hen: Die Auswirkungen des Klimawandels kom­men schnel­ler und tref­fen uns här­ter als gedacht. Darauf müs­sen wir uns vor­be­rei­ten. Im Frankfurter Gesundheitsamt set­zen sich Mitarbeitende schon seit 2003 mit den Folgen aus­ein­an­der und for­schen etwa zu den Belastungen durch Hitze. Aber wir wer­den das noch deut­lich aus­wei­ten müssen." 

    "René Gottschalk war vor allem einer der mutig­sten Amtsärzte in Deutschland." 

    (Corona in Frankfurt: „Ich gehe davon aus, dass das Virus nicht mehr weg­geht“. In der FNP am 21.08.2021.)

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