Am 10.3. veröffentlichte der Tagesspiegel ein Interview mit Thomas Breuer. Er "… leitet beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) die Sparte Gesundheit und ist damit auch für den Bereich der Impfstoffe verantwortlich. Zuvor hat der Mediziner am Robert-Koch-Institut gearbeitet."
Erfreulich offen beantwortet er Fragen:
"Spielen ökonomische Überlegungen bei dieser Entscheidung eine Rolle?
Die mittel- bis langfristige Entwicklung von Ausbrüchen mit neuen Erregern ist schwer vorherzusagen und damit auch generell die wirtschaftlichen Perspektive.
Beispiele sind die H1N1-Grippe-Pandemie oder die Ebola-Epidemie: An beiden war GSK entweder mit einem Pandemie-Impfstoff (H1N1) oder einem Epidemie-Impfstoffkandidaten (Ebola) beteiligt, die beide ökonomisch sehr unterschiedliche Situationen darstellen. In der akuten Situation einer Epidemie wie bei Covid-19 sind wirtschaftliche Erwägungen aber derzeit zweitrangig.
Verschenken Sie die Adjuvantien?
Nicht ganz. Es kommt auf die Phase an, in der sich die Entwicklung befindet. Die erste Phase ist die vorklinische Forschung. In dieser stellen wir die Technologie für die Adjuvantien kostenlos bereit, und das auch sehr schnell, binnen 48 Stunden. Das gilt für die Forscher der australischen und chinesischen Institution, mit denen wir bereits zusammen arbeiten.
In der zweiten Phase, den klinischen Studien, liefern wir die Wirkverstärker zum Selbstkostenpreis. Funktioniert der Impfstoff schließlich und kann in großen Mengen produziert und vermarktet werden, werden wir wahrscheinlich unsere Technologie im Rahmen einer normalen professionellen Zusammenarbeit zur Verfügung stellen…
Es heißt, dass die Pharmaindustrie selbst für die Lieferengpässe verantwortlich ist, weil sie aus Kostengründen Medikamente in immer weniger Fabriken fertigen lässt und deshalb bei Produktionsausfällen keine Reservestandorte hat. Spielt das auch in der Impfstoffproduktion eine Rolle?
Die Herstellung von Impfstoffen lohnt sich nur, wenn man das im großen Maßstab macht. Wir produzieren deshalb einen Impfstoff in der Regel nur weltweit in einer Fabrik. In Dresden zum Beispiel produzieren wir den Influenza-Impfstoff für den weltweiten Markt und in Singapur unseren Pneumokokken-Impfstoff. Die Verfügbarkeit von einzelnen Impfstoffen ist daher direkt von individuellen Produktionsstandorten abhängig…
Nun gibt es immer wieder die Kritik, dass die Pharmaindustrie sich aus der Impfstoffproduktion zurückziehe, weil es lukrativer sei, Krankheiten mit Medikamenten zu behandeln, als ihnen vorzubeugen.
Vor 20 Jahren haben viele Länder Impfstoffe noch selber hergestellt. Weil das aber auf Dauer nicht rentabel war, haben sich viele Regierungen daraus zurückgezogen. In die Lücken sind viele private Impfstoffhersteller gestoßen.
Aber da sich der Riesenaufwand für Entwicklung, Produktion und Vertrieb nur lohnt, wenn man das im globalen Maßstab macht, hat sich der Markt immer weiter konsolidiert. In den westlichen Ländern gibt es nun nur noch vier große Hersteller, darunter wir als weltweit größter Hersteller von Impfstoffen. Jedes vierte Kind weltweit bekommt einen Impfstoff von GSK. Und wir haben keinerlei Pläne, uns aus dem Impfstoffmarkt zurückzuziehen und haben zahlreiche neue Produkte in der Entwicklung."