Das sagt Bernd Combé, erfahrener Pflegedienstleiter über ein Heim in Marburg. "Keine Pfleger mehr: Hilfeschrei aus Marburger Altenheim" lautet der Titel eines Artikels vom 17.12. auf op-marburg.de.
»Moischt
Es müssen Bilder des Grauens, Szenen des Elends sein, die sich gerade im „Haus Waldblick“ abspielen: Die Bewohner des Seniorenheims, nach OP-Informationen 42 von ihnen mit Coronavirus infiziert, liegen mitunter einsam und hilflos in ihren Betten. In ihren eigenen Fäkalien, über Stunden und das seit Tagen.
„Leib und Leben der alten Menschen sind in akuter Gefahr. Wenn ihnen nicht schnell geholfen wird, werden manche in unwürdigster Art und Weise sterben“, sagt Bernd Combé, der das Haus in Moischt 1984 mit gegründet und jahrelang im Landkreis Marburg-Biedenkopf als Pflegedienstleiter gearbeitet hat. „Es herrscht Land unter, es ist Gefahr in Verzug, jede Stunde zählt“, sagt er mit verzweifelter Stimme.
Was passiert ist: Nicht nur hat Corona die Einrichtung und viele Heimbewohner vor mehr als einer Woche schwer getroffen. Mittlerweile ist praktisch das gesamte Waldblick-Personal, von Pflegekräften über Küchenmitarbeiter bis zu Verwaltungsangestellten, in Quarantäne. Keiner von ihnen darf die eigenen vier Wände verlassen, das Moischter Haus betreten und die erkrankten Alten versorgen. Nach OP-Informationen lag mindestens ein Verstorbener über Tage im Bett, niemand holte die Person ab. Eine andere Person soll, da kein Notarzt ins Haus kam, ohne palliative Behandlung gestorben sein…
„Wir nehmen jede Hilfe, weil wir jede Hilfe brauchen“
Man suche nach Menschen, die „ein Mindestmaß“ an pflegerischer Kenntnis, an Betreuungserfahrung von alten Menschen hätten. „Wir nehmen jede Hilfe, weil wir jede Hilfe brauchen“, sagt Bohl im OP-Gespräch. Das Problem: Die Pflege von Menschen sei „nichts für Laien“, zumal es um den Umgang mit schwer Pflegebedürftigen, mehr noch: um die Betreuung von Corona-Infizierten gehe.
„Ich kann von niemandem verlangen, dass er sich gefährden soll. Aber wenn niemand etwas tut, wird das schlimm enden“, sagt Bohl, der selbst in Quarantäne gefangen und hörbar aufgewühlt ist. Es seien nur noch zwei Pflegekräfte im Einsatz. „Es ist der Horror.“
Combé und Bohl arbeiten an einem Verlegungsplan, haben Zusagen von umliegenden Pflege-Einrichtungen, wo noch Plätze frei wären. Sie würden Waldblick-Bewohner vorübergehend aufnehmen – doch weil dort alle infiziert sind, dürfen sie das nicht. Wegen des Gesundheitsschutzes der anderen Bewohner…
Bei dem Ex-Pflegedienstleiter – neben Moischt arbeitete er ab Anfang der 1990er-Jahre auch in Neustadt – mischt sich in die Verzweiflung und Fassungslosigkeit vor allem eine Emotion: Wut. „Jahrzehntelang ist das System von der Politik runtergespart worden, ich schäme mich für diese Gesellschaft.“
Loben und klatschen? „Das ist blanker Hohn! Es wird nur vom eigenen Versagen abgelenkt“, sagt Combé und erntet zustimmendes Nicken von Florian Herrmann, Geschäftsführer der Seniorenbetreuung „Weisser-Stein“ in Wehrda. Er ist mit Combé zusammen vor das Haus Waldblick geeilt, um irgendwie zu helfen. „Ich konnte Pflegekräfte von mir mobilisieren, die heute Nachmittag hier einspringen würden“, sagt er. Wie Combé spricht er von „Behördenversagen“, kritisiert den mangelnden Schutz der älteren Bevölkerung…
Landkreis reagiert mit Gefahrenabwehr: „Stellen Grundversorgung sicher“
Auf OP-Anfrage äußert sich der Landkreis Marburg-Biedenkopf: Die Lage in der Einrichtung sei „sehr ernst.“ De nötige schnelle Hilfe leiste man aktuell, seit gestern organisieren Landkreis und Stadt Marburg die Aktivierung von qualifiziertem Pflegepersonal.
Es sei festgestellt worden, dass sich die Versorgung der Heim-Bewohner unter den aktuellen Voraussetzungen – sprich der Masseninfektion – „am besten in der Einrichtung selbst sicherstellen lässt“. Es habe gestern Mittag vor Ort über die Gefahrenabwehr bereits eine „ad hoc Versorgung Bewohner mit Nahrung und Flüssigkeit“ gegeben.
Pflegeeinrichtungen aus der Umgebung, Institutionen und Dienstleister würden bereits mit Personal helfen, um „eine Grundversorgung sicherzustellen“.«
Neuere Informationen habe ich nicht finden können. Weiß jemand mehr?
Das ganze von der Gesundheitspolitik zu verantwortende Problem wird erkennbar, wenn man folgende Zusatzinformationen in einem Infokasten liest:
»146 arbeitssuchende Pfleger in der Region
…Wenn ein Arbeitgeber sein Angebot „attraktiv gestaltet und auch formuliert, kann es auch sein, dass sich Kräfte aus anderen Häusern bei ihm bewerben – aber das reißt dann dort eine Lücke.“ Doch immerhin gibt es in der Region 146 arbeitssuchende Altenpfleger, von denen 92 arbeitslos gemeldet sind – sie könnten also sofort zur Verfügung stehen.
Die Arbeitsagentur könnte auch kurzfristig entsprechende Mitarbeiter vermitteln. „Das Problem ist aber: Es wäre ja nur eine zeitlich sehr kurz befristete Stelle – die müsste nach der Genesung der Stammkräfte ja wieder freigemacht werden.“ Das sei für potenzielle Bewerber wohl nicht sehr attraktiv.«
Wenn man auf der Seite des Anbieters auf "Stellenangebote" geht, findet man: nichts.
… im Namen des Gesetzes: so ein Elend…
Das treibt einem das Wasser in die Augen
Alle Mann in Quarantäne, das musste ja mal so kommen
Nur schwer auszuhalten…
Das ist grausam und menschenverachtend. Alle die jetzt nicht aufwachen und sehen welches Spiel gespielt wird, denen ist nicht mehr zu helfen.
Dieses scheinheilige Gerede vom Schutz der Älteren ist nicht mehr auszuhalten. Unsere Politik hat es versaut, über Jahrzehnte und will jetzt den Rest der Bevölkerung mit solidarischen Gelaber die Quittung aufhalsen. Das ist unfassbar.
Das gleich Spiel wie in den Krankenhäusern die nicht erst seit diesem Jahr an ihre Grenzen stoßen, sondern lange davor schon.
Es ist ekelhaft wie sich die Politik gebärt.
Die leider sehr traurige Realität, im "besten Deutschland aller Zeiten"… Und das alles wider besseren Wissens.
Es ist eine Katastrophe- und es war abzusehen.
Ich erlebe seit Monaten immer wieder mit, wie die Maßnahmen (viel mehr als das Virus selber) Heime und deren Mitarbeiter an die Belastungsgrenzen treiben.
Dass immer noch davon geredet wird, dass es wichtig sei, vor allem die vulnerablen Menschen zu schützen ist pure Heuchelei und blanker Hohn!
Wie man Bergamo-Bilder herstellt…
Zwei neuere Artikel:
https://www.op-marburg.de/Marburg/Nach-Waldblick-Marburg-geht-neuen-Anti-Corona-Weg
https://www.op-marburg.de/Marburg/Arbeitet-infiziertes-Personal-in-Marburg-UKGM-aeussert-sich