Wer glauben mochte, Corona hätte die Stimmen verstummen lassen, die Krankenhausschließungen und Privatisierungen predigten, sieht sich heute eines Schlechteren belehrt.
im Portal "Business Insider" wird die entsprechende Position der Bertelsmann-Stiftung reaktiviert. (Stiftungen sind die uneigennützigen, überparteilichen, meist philanthropischen Einrichtungen, wie wir wissen.)
„Man kann nicht jedes Krankenhaus retten“: Warum eine Klinikchefin es trotz Corona für richtig hält, mehr Krankenhäuser in Deutschland zu schließen
Unter diesem Titel kommt Erika Raab, Geschäftsführerin der Kreisklinik in Groß-Gerau zu Wort.
Sie ist der Meinung Krankenhäuser sollten wegen "unnötiger Kosten" schließen. In erfrischender Offenheit begründet sie das so:
»Sie berichtet von den Maßnahmen, mit der ihre Klinik gegen Corona vorging: Fieberambulanz, Drive-In-Tests, Online-Sprechstunden. Damit hätte ihr Krankenhaus gute Ergebnisse erzielt und den Ausbruch in dem Landkreis schnell in den Griff bekommen.
Aus wirtschaftlicher Sicht war das ein Fehler. „In der Logik des derzeitigen Systems wäre es aber besser gewesen, wenn wir möglichst viele Fälle stationär aufgenommen hätten. Das hätte aber höhere Kosten für die Krankenkassen verursacht und am Ende nicht unbedingt bessere Ergebnisse gebracht.“
Krankenhäuser stehen unter hohem wirtschaftlichen Druck. Allein durch die jährlichen Tariferhöhungen für die Mitarbeiter müssen sie jedes Jahr mehr Einnahmen erwirtschaften, also mehr Patienten aufnehmen. Mit der gleichen Zahl an Mitarbeitern.«
Folgerichtig spricht sie sich dann für die Schließungspläne der Bertelsmann-Stiftung aus. In dem Artikel wird zwar auch Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft zitiert, der sich "gegen jegliche Überlegungen, Kliniken zu schließen oder umzuwandeln" wehrt und Gründe dafür anführt. Das Fazit des Artikels bleibt aber: Von Dänemark lernen: "Dort schloss die Regierung seit 2010 die Hälfte aller Kliniken."
Der Artikel wurd mehrfach von anderen Medien übernommen.
Wer ist diese Erika Raab?
Aus dem Beitrag erfahren wir: Geschäftsführerin der Kreisklinik in Groß-Gerau. Die damals 44-Jährige Volljuristin hatte am 1.4.2019 die Leitung des damals bereits defizitäten Krankenhauses übernommen. Link Schon im Dezember leitete sie dann ein Insolvenzverfahren ein, um ein "Sanierungskonzept" zu erarbeiten. Link Was wirklich dahinter stand, erfährt die Öffentlichkeit jetzt.
Erheblichen Unmut erzielte sie mit der im November erfolgenden Schließung der Geburtenstation. Link
Anläßlich ihrer Berufung hatte sie seinerzeit der Frankfurter Rundschau noch diese Lüge aufgetischt: "Es gehe primär um die Menschen." Den für ihre Berufung verantwortlichen Landrat ließ sie im Glauben, es "werde eine Vorlage erarbeitet, wie es mit der Klinik in den nächsten Jahren weitergehe."
Daß ihre Aussage eine Lüge war, wird ersichtlich, wenn man sich ihre Biographie und eigene Aussagen ansieht. Denn Erika Raab ist Professorin für Medizincontrolling. Diesen Titel hat sie an der privaten Medical School Hamburg erworben. Sie wird von dieser Institution so zitiert:
»Optimierungen werden entlang der Dimensionen Kosten, Zeit, Qualität, Service und Innovation erforderlich…
Mit der Einführung der qualitätsorientierten Vergütung bei der Krankenhausfinanzierung wird ein weiterer Forschungsschwerpunkt in der Betrachtung der Krankenhausprozesse relevant. «
"Primär um den Menschen" geht hier nichts. Das böse Wort "Profit" kommt gar nicht vor, die Richtung ist aber erkennbar. Frau Raab setzt sie konsequent um.
Deutsche Gesellschaft für Medizincontrolling e.V. (DGfM)
Frau Raab ist aber auch stellvertrende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling e.V. (DGfM), dem Interessenverband der Berufsgruppe. Der Verband veröffentlicht eine Übersicht aller Organisationen, die in der DGfM durch Personenmitgliedschaften vertreten sind. Insgesamt sind dies 759 Einträge. Neben (privaten) Großkliniken finden sich dort Krankenkassen, aber auch Konzerne und Unternehmen wie 3M, Abbott, Accenture, ACTINEO, Agfa HealthCare, AHC Aviation & Healthcare Consulting, Alexianer GmbH, ANDREE CONSULT GmbH, argemed FZ LLC. Soweit nur die mit "A" beginnenden Unternehmen.
Natürlich fehlen auch Großkonzerne wie Pfizer nicht.
Der Vorsitzende des Verbandes ist
»Dr. med. Nikolai von Schroeders ist Arzt und Gesundheitsökonom sowie Gründer und Geschäftsführer der Firmen KSB Klinikberatung und später der DLMC GmbH, welche sich auf die Erbringung von Leistungen im Bereich Medizincontrolling und Strategieentwicklung für Krankenhäuser konzentrieren.«
»Durch diese Tätigkeit hat er in über 100 deutschen und europäischen Krankenhäusern die Schaffung von Strukturen und Know how für die Umsetzung der DRG-Einführung begleitet…
[Er hat] für die Einführung der Systeme in der Schweiz, der Republik Zypern, der Slowakei und in Griechenland Erfahrungen aus dem deutschen Krankenhausmarkt umfangreich weitergeben können.« Link
Sein Spezialgebiet ist also die Kommerzialisierung des Gesundheitssystems mittels des Weges der Fallpauschalen (DRG).
Finanzvorstand ist Thorsten Günther von der MEDIQON GmbH. Sie beschreibt sich "als zentraler Ansprechpartner des Krankenhausmanagements bei Fragen zur strategischen Ausrichtung von Gesundheitseinrichtungen". Link
Schriftführer ist Jannis Radeleff von der Abbott Medical GmbH, einem Ableger des Pharmakonzerns.
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)