Ein Redakteur "Natur und Wissenschaft" der FAZ stellt am 18.9. kryptische Überlegungen zum Thema "Corona und die Zweifler – Der Tod ist nicht alles" an. Er sinniert dort etwa:
»Wo ist die Evidenz, fragen Corona-Skeptiker: Die Verharmlosung der Katastrophe trifft längst nicht nur Wissenschaftler ins Mark. Hinter den Sterbeziffern türmt sich eine unvorstellbare Krankheitslast…
"Covid-19: Wo ist die Evidenz?", das fragte ostentativ vor einigen Tagen das "Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin" (EbM), ein Verein, der für sich in Anspruch nimmt, eine Gesundheitsforschung nach den strengsten Kriterien der wissenschaftlichen Beweisführung anzustreben. In dem Papier, in dem sogar die Fachautoren unterschlagen werden, heißt es, in Anlehnung an eine ähnlich lautende Stellungnahme von vor einem halben Jahr: "Es gibt insgesamt noch sehr wenig belastbare Evidenz, weder zu Covid-19, noch zur Effektivität der derzeit ergriffenen Maßnahmen. Aber es ist nicht auszuschließen, dass die trotz weitgehend fehlender Evidenz ergriffenen Maßnahmen inzwischen größeren Schaden anrichten als das Virus selbst."«
Das Papier ist hier einzusehen, die FAZ verzichtet auf den Link, was bei ostentativer Fragestellung vermutlich entbehrlich erscheint.
Alles andere als sichere Studie entlarvt Häretiker
»Schon die kurz darauf erfolgte Veröffentlichung von Evidenz-Experten der Deutschen Cochrane Stiftung, die unter zehntausenden Covid-19-Publikationen systematisch nach wissenschaftlichen Belegen für die Wirksamkeit von Coronamaßnahmen wie Quarantäne, Tests und Reisebeschränkungen gesucht haben, entlarvt das Mediziner-Netzwerk. Zwar sei die Studienlage noch alles andere als sicher, weil oft mathematische Modellstudien mit unsicheren Annahmen dominierten und die "Real-life-Evidenz" aus schwer kontrollierbaren Beobachtungsstudien stammten. Dennoch reicht die Evidenz aus, um etwa im Hinblick auf die Quarantäne schlussfolgern zu können: "Quarantäne ist wichtig, um die Inzidenz und Mortalität während der Covid-19-Pandemie zu reduzieren."«
Der Studie wird also vorgeworfen, daß sie Daten, die eine Woche später veröffentlicht wurden, nicht berücksichtigt. Auch zu der "Veröffentlichung von Evidenz-Experten" gibt es keinen Link bei der FAZ. Er sei hier nachgetragen. Dort ist ausführlicher dargelegt, daß die "entlarvenden" Studien im wesentlichen die Aussagen des Netzwerks stützen:
»Die Forschung zu COVID-19 schreitet rasch voran, aber die Evidenzbasis ist noch immer sehr unsicher. Es fehlt an umfassenden Daten für die wirtschaftlichen und sozialen Schäden, die sich aus diesen Maßnahmen ergeben. Ein Großteil der derzeit verfügbaren Evidenz, die bei Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit helfen soll, basiert auf mathematischen Modellen, die wiederum auf unsicheren Annahmen beruhen. Ein wenig "real-life"-Evidenz aus Beobachtungsstudien ist bereits verfügbar, jedoch ist die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz aus dieser Art von Studiendesign im Allgemeinen aufgrund methodischer Schwächen gering oder sehr gering.«
Zu Quarantäne-Maßnahmen ist zu lesen:
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- »Evidenz von geringer Vertrauenswürdigkeit aus Studien mit mathematischen Modellen weisen konsistent darauf hin, dass Quarantäne wichtig ist, um die Zahl der Menschen mit einer COVID-19-Infektion zu reduzieren, aber das Ausmaß dieser Reduktion ist ungewiss.
- Schätzungen für die Verringerung der Zahl der Erkrankten schwanken zwischen 44 und 96 Prozent.«
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Zu reisebezogenen Kontrollmaßnahmen heißt es:
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- »Evidenz von sehr geringer Vertrauenswürdigkeit (niedrigste von vier Stufen der Vertrauenswürdigkeit in Cochrane Reviews) aus Modellierungsstudien deuten darauf hin, dass grenzüberschreitende Reisebeschränkungen, wenn sie zu Beginn eines Ausbruchs umgesetzt werden, zu einer Verringerung der Zahl der neuen Fälle führen können. Schätzungen für die Größe dieses Effekts lagen zwischen 26 und 90 Prozent, sind aber sehr unsicher…
- Evidenz von sehr geringer Vertrauenswürdigkeit deutet darauf hin, dass der Anteil der an der Grenze entdeckten Fälle zwischen 0% und 75% gelegen haben könnte…«
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Zu Screening-Maßnahmen auf COVID-19 wird festgestellt:
»Dieser Review zeigt die Unsicherheit und die Unterschiede in der Genauigkeit von Screening-Strategien auf…«
Ein wenig überrascht die Zusammenfassung:
»Hauptautorin Meera Viswanathan (RTI International, North Carolina, USA) kommentiert: "Wir sind uns nicht sicher, ob kombinierte Screenings, wiederholte Symptombeurteilung oder schnelle Labortests sinnvoll sind. Da infizierte Menschen beim Screening leicht übersehen werden können, sind gesundheitspolitische Maßnahmen wie eine Nase-Mund-Bedeckung, physical distancing und Quarantäne für diejenigen, die möglicherweise Kontakt mit einer infizierten Person hatten, weiterhin sehr wichtig."«
Doch weiter mit dem Raunen der FAZ:
Gottesbeweis und Zirkus auf den sozialen Plattformen
»Und was die EbM-Spekulation betrifft, die Schäden durch Corona-Maßnahmen könnten bereits größeren Schaden angerichtet haben als das Virus selbst, stellen die Evidenz-Forscher klar: Wie es an einer zufrieden stellenden Evidenzbasis im Hinblick auf die untersuchten Corona-Maßnahmen mangele, so "fehlt es an Belegen für die wirtschaftlichen und sozialen Schäden, die sich aus diesen Maßnahmen ergeben".
Es ist offensichtlich, dass es hier um formale wissenschaftliche Letztbeweise geht, die in einer unabgeschlossenen pandemischen Situation wie heute noch nicht zu erbringen sind – und im seuchenpolitischen Alltag deswegen auch nicht Voraussetzung für Entscheidungen sein können. Schon der Gottesbeweis war so nicht vernünftig zu führen. Es gilt: Abwesenheit von Evidenz ist noch keine Evidenz der Abwesenheit. Trotzdem ist der Streit um die Corona-Evidenzen offenbar geeignet, den Zirkus auf den sozialen Plattformen auch bei entspannter Pandemielage am Laufen zu halten.«
Ein albernes Wortspiel und die Diskreditierung renommierter WissenschaftlerInnen als Zirkus-ArtistInnen beschreiben das Niveau des Ressorts "Natur und Wissenschaft" der FAZ. Hilflos der Wirklichkeit gegenüberstehend erklärt der Autor, wie die NetzwerkerInnen vorgehen:
»Das erste antiwissenschaftliche Einfallstor waren zuerst die Infektionszahlen – und daraus abgeleitete, schiefe Vergleiche. Besonders beliebt: die vermeintlich "harmlose Grippe". Die bevölkerungsweite Infektionssterblichkeit von Covid-19 bewegt sich in vielen Ländern immer noch deutlich über der saisonalen Influenza-Grippe, selbst in europäischen Ländern wie Spanien und Großbritannien. Aber niemand kann ausschließen, dass es am Ende in Ländern mit einer guten medizinischen Versorgung wie in Deutschland und auch in solchen mit einer weniger risikobehafteten Altersverteilung der Bevölkerung, zu einer weiteren Annäherung der Sterblichkeitsziffern kommt. Je mehr junge Menschen symptomarm oder symptomlos erkranken und je nachhaltiger das Sterblichkeitsrisiko durch die sukzessive eingeführten Therapien für schwer kranke Covid-19 gesenkt wird, desto harmloser mag das neue Corona-Virus erscheinen. Ein trügerischer Fehlschluss. Sars-CoV‑2 ist in den ersten neun Monaten der Pandemie nicht harmloser geworden. Der Blick in die Hotspots der Virenausbreitung lässt da keine Zweifel zu. Und auch bei uns ist die latente Gefahr in den höheren Altersgruppen und auch jene für Krebs‑, Herzpatienten und schwergewichtige Diabetiker bisher ganz offenkundig nur durch Masken, Abstandhalten und Hygiene beizukommen. [so im Original, AA]«
Logik ist nicht seins
Dem Autor unterläuft hier eine logische Schlußfolgerung, die er nicht beabsichtigt haben wird: Wenn es denn "zu einer weiteren Annäherung der Sterblichkeitsziffern kommt" an die "harmlose Grippe" und "Sars-CoV‑2 nicht harmloser geworden" ist, dann bleibt nur als Erkenntnis: Das Virus war so gefährlich wie das einer Grippe, die im übrigen ernstzunehmende KritikerInnen niemals als harmlos bezeichnet haben. Ein trotziges Betonen der "offenkundig" erscheinenden Maßnahmen für Risikogruppen hilft aus dieser Lage nicht heraus – abgesehen davon, daß es hier gar nicht um das Thema der NetwerkerInnen geht. Der Autor sucht die Rettung in Beschimpfungen:
»Der Corona-Politik ihrerseits wird das Präventionsparadox mutmaßlich noch lange nachhängen. Je mehr sie tut, um die Pandemie in den Griff zu bekommen und das vorzeitige Sterben durch Covid-19 zu verhindern, desto stärker tritt der Obskurantismus ihrer Gegner hervor. Das Verharmlosen von tausenden Grippetoten gehört genauso dazu. Die Toten sind für die meisten nur so lange erträglich, wie sie als abstrakte Zahlen verhandelt werden.«
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)
Ich habe noch nirgendwo gehört, dass jemand die vielen Grippetoten verharmlost hätte. Im Gegenteil, Kritiker wie Prof. Dr. Dr. Haditsch (der wohl etwas mehr von der Sache versteht als dieser Autor, ich vermute, der kommt eher aus dem Feuilleton) heben ja die Gefährlichkeit der Influenza hervor. Gerade das Argument, für die Grippe gäbe es eine Impfung und eine Grundimmunität, sie sei also weniger gefährlich, kam doch von offizieller Stelle und aus den Mainstreammedien. Wenn es aber trotz Impfung und Hintergrundimmunität vor zwei Jahren wesentlich mehr Grippetote gab als jetzt Coronatote, gebietet es die Logik, anzunehmen, dass die Grippe gefährlicher ist. Aber um Logik geht es den korrumpierten Schreiberlingen schon lange nicht mehr. Gerade, weil sie immer an der Wahrheit
vorbeischreiben müssen, greifen sie zu den abstrusesten Schlüssen oder flüchten sich in Beschimpfungen.
Wenn die Gegenseite keine Argumente mehr hat, fängt sie an dich zu beschimpfen.
Ein kluger Alltagsspruch, aber das kennen wir bereits. Wir können diese Artikel einfach ignorieren, aber leider lesen noch genug "Intelektuelle" solche meinungsmachende Medien.
Das eigentliche Problem, vor dem wir alle stehen, ist, dass wir für uns alle noch keine Lösung gefunden haben wie wir aus der Nummer rauskommen.
Sie kennen das sicher alle aus ihrem Familien‑, Freundes- und Bekanntenkreis. Sie haben ihre Ansicht und die anderen die Mainstreamansicht. Wir können sie nicht bekehren.
Leider sind wir, die sich gegen die Maßnahmen engagieren, noch zu wenig. Wir sind schon viele, aber gegen 80 Mio. (mehr oder weniger), die es über sich ergehen lassen, spielen wir keine Bedeutung. Es ist schön zu sehen, dass wir doch mutige Wissenschaftler und Mediziner haben, die sich mit ihren Mitteln versuchen gegen das alles zu wehren. Diese Personen können uns vielleicht alle am Ende schützen, wenn es doch zu einer Impfpflicht kommt.
Kurz noch zu Maßnahmen, die wir unternehmen können:
Ich finde die Taktik der "Schwarzen Wahrheit" super. Es ist eine unkonventionelle Maßnahmen, die wir angehen könnten. Es verlangt aber auch viel Disziplin von den Demoteilnehmern. Vielleicht könnte jeder das der vor Ort ansässigen Querdenken/Nicht ohne uns-Gruppe vorschlagen? Auch wenn wir noch nicht ausreichend viele sind, denke ich, dass wir das alles zum Kippen bringen können. Ein zweiter Lockdown wird sicherlich aus dem Grund, dass wir mehr Zuwachs hätten, ausgeschlossen. Es wäre sonst wohl für uns eher ein Katalysator.