Schwafel in stiller Ruh'

»Stille Nacht. In die­sem Jahr kann die Liedzeile zwei sehr unter­schied­li­che Bedeutungen anneh­men: Entweder kann sie für ein Corona-Weihnachten ste­hen, an dem es viel ruhi­ger zugeht, als es die mei­sten je erlebt haben. Weil die Menschen in Deutschland an den Feiertagen sogar auf Besuche bei der Familie und engen Verwandten ver­zich­ten und das Weihnachtsfest in ihrem eige­nen Haushalt ver­brin­gen, womög­lich ein­sam. Oder aber für ein Corona-Weihnachten, das für vie­le Menschen zum letz­ten ihres Lebens wird, weil sie Anfang 2021 an Covid-19 ster­ben, nach­dem sie sich in engen, schlecht gelüf­te­ten Räumen bei zu lan­gen Besuchen mit Sars-CoV‑2 infi­ziert haben.«

Das ist am 2.11. zu lesen in einem Artikel "Alle Jahre wie­der – nur nicht die­ses" auf zeit​.de. Einsam blei­ben oder ster­ben lau­tet danach die Alternative. Schuld ist die Mathematik. "Denn die Mathematik zeigt: Familienbesuche sind ris­kant."

Ansatzweise erkennt der Autor den Unsinn sei­ner Aussage, bleibt aber beim Bild der "Opa-Mörder":

»So bie­tet zum Beispiel der teils vor­ge­zo­ge­ne Beginn der Schulferien nur einen rela­ti­ven Gewinn an Sicherheit. Selbst wer ab dem vier­ten Adventswochenende kon­se­quent daheim blie­be, hät­te bis zum Weihnachtsabend mit den Großeltern nicht ein­mal die Hälfte der Spanne von 14 Tagen erreicht, die das Gesundheitsamt für eine Corona-Quarantäne ver­an­schlagt. Klar, auch kon­se­quen­ter Abstand, Hygiene und Lüften kön­nen schüt­zen. Aber wür­de man mit Opas Leben dar­auf wet­ten wol­len

Wie es bei dem Autor ("Hat ein Faible für alles Digitale") um die Kenntnisse der Mathematik steht, zeigt das auch von ihm bemüh­te Reis-Schachspiel-Beispiel:

»Schon bald ist die Reismenge gigan­tisch. Ein sich selbst ver­stär­ken­des Wachstum kenn­zeich­net auch anstecken­de Krankheiten, denn jeder Infizierte ist ein poten­zi­el­ler Infizierer. Den Oktober über ver­dop­pel­te sich die Zahl der täg­li­chen Corona-Infektionen etwa alle zehn Tage. Längst über­rag­te die­se zwei­te Welle die erste vom Frühjahr.

Als die Ministerpräsidenten und die Bundesregierung dann Ende Oktober ihren "Corona-Wellenbrecher" beschlos­sen, mel­de­te das Robert Koch-Institut schon zehn­mal so vie­le Neuinfektionen wie Anfang September.«

Lieber Stefan Schmitt, das mit dem Schachspiel ist schon rich­tig beschrie­ben: Eins, zwei, vier, acht, sech­zehn… Wie aber paßt das dazu, daß es Ende Oktober zehn­mal so vie­le Neuinfektionen wie Anfang September gab? Wenn sich etwa alle zehn Tage etwas ver­dop­pelt, soll­ten wir nach 2 Monaten nicht wenig­stens den 32-fachen Wert haben?

Auch das mit den Äpfeln und Birnen ist unfein für einen "Wissenschafts­redakteur":

»Das war die Hypothek für den November: Zwar konn­te der Zuwachs aus­ge­bremst wer­den, doch der Sieben-Tage-Durchschnitt der Fallzahlen blieb höher, als er im rasan­ten Oktober gewe­sen war – so gab es im November mehr posi­ti­ve Testergebnisse pro Tag als im Juni oder Juli pro Monat.«

Im November war das Reis-Schachspiel, das schon im Oktober nicht funk­tio­nier­te, also lan­ge vor­bei. Also ver­gleicht er ein­fach einen Novembertag mit einem Juni-Monat. Wie die "posi­ti­ven Testergebnisse" erzeugt wur­den, kann auch schnup­pe sein. Gab es da nicht so etwas wie die "neue Teststrategie", wonach nicht wild jeder Reiserückkehrer gete­stet wer­den soll­te, son­dern eher "Verdachtsfälle"?

Egal, Schmitt macht wei­ter mit Gruselgeschichten aus "womög­lich", "zuwei­len" und "schlimm­sten­falls" in einem ein­zi­gen Satz:

»Weil eini­ge Zeit ver­geht, bevor Menschen mit schwe­ren Symptomen ins Krankenhaus, womög­lich auf die Intensivstation kom­men, wo sie zuwei­len wochen­lang behan­delt wer­den oder schlimm­sten­falls sterben.«

Und dann sagt er ein­fach mal dum­mes Zeug, wir sind ja bei der "Zeit":

»Das Potenzial für eine Ansteckung, auch für eine unent­deck­te, ist höher denn je in die­ser Pandemie…
Zur Erinnerung: Solange nicht gro­ße Mengen Impfstoff ver­füg­bar sind, gilt "Testing und Tracing" als Königsweg der Seuchenbekämpfung.
«

Das Folgende hört sich schön bil­dungs­bür­ger­lich an, ergibt aber auch kei­nen Sinn:

»Der Advent birgt eine para­do­xe Gleichzeitigkeit. Er steht noch ganz unter dem Eindruck der Rekordzahlen des Novembers. Zu wel­cher Zuspitzung in den Kliniken sie füh­ren, wird sich in den kom­men­den Wochen zei­gen. Aktuell lie­gen die Sterbezahlen schon deut­lich über dem Höchstwert der ersten Welle, Tendenz stei­gend. Zugleich geht es längst um den Januar. Denn die letz­ten Tage von 2020 ent­schei­den, ob 2021 mit einem wei­te­ren Anstieg beginnt. Sollte sich eine Dynamik à la Oktober abzeich­nen, wird eine Debatte über einen har­ten Lockdown folgen.

Zusammengenommen ist das eine Aufforderung an jeden mün­di­gen Bürger, nicht alles zu tun, was gera­de erlaubt ist.«

6 Antworten auf „Schwafel in stiller Ruh'“

  1. Solche Schwachkopf-Systempropagandisten, wie die­ser Typ der Zeit machen mich nur noch wütend. Wer kauft sol­che Drecksblätter noch? Grünwählende Lehrer mit Doppelnamen?

    1. Also die "ZEIT" soll­te sich pri­ma bei Malerarbeiten zum Abdecken des Fußbodens eige­nen, anson­sten hät­te ich inzwi­schen kei­ne ande­re Verwendung mehr dafür.
      Auf die­se Weise lie­ße sich noch was Sinnvolles mit dem "Transatlantischen Kampfblatt für men­ta­le Hygiene" anfangen.

      1. … Niemand bei Verstand, wird im Jahr 2020 mit Malerarbeiten in den frü­her mal unver­sehr­ten (eige­nen) vier Wänden begin­nen … Oder ?

  2. So gibt es auch hier etwas durch die ZEIT zu berich­ten und zu schwa­dro­nie­ren. Wenn das jemand mit gesun­dem Menschenverstand wie Helmut Schmidt wüss­te. Wo sind denn die Toten, hät­te er wohl den "Herrn Wissenschaftsredakteur" in der Redaktionskonferenz angeblafft.

  3. …bit­te nicht : ' bin gera­de 'rein­ge­kom­men, im Hintergrund "das" heu­te-jour­nal … Und nun die­ser Artikel … Als ich noch Mathematik ver­stan­den habe (es muss so in der Grundschulzeit gewe­sen sein), da waren mei­ne Opas schon längst ver­stor­ben … Kurz nach dem ein­zi­gen Foto mit sei­nem letz­ten Enkelsohn war dann auch die letz­te "Opa-Plaat" irgend­wie weg … (Sars-CoV-'68 ?)

    Trotz eini­ger per­sön­li­cher Weiterentwicklungen in Reis-Schach und Obst-Rechnungen kann ich dem Unterricht der Neu-Zeit nicht mehr fol­gen und gebe nun end­gül­tig auf …

  4. Ja, ja, die kom­men­den Tage wer­den sehr span­nend. Besorge ich mir genü­gend Popcorn. Und freue mich auf die bal­di­gen Weihnachts- und Neujahrssprechblasen der ober­sten Trümmerfrau aus dem Kanzleramt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert