Skepsis gegenüber Wissenschaft in der Corona-Pandemie

»Wenn auch das Vertrauen in Wissenschaft und Forschung all­ge­mein hoch ist und die Mehrheit der Befragten (66 Prozent) die aktu­el­len Corona-Maßnahmen als ange­mes­sen betrach­tet, so zeigt das Wissenschaftsbarometer 2020 auch skep­ti­sche Positionen gegen­über der Pandemie, dem Umgang damit und der Rolle der Wissenschaft dabei. Rund 40 Prozent der Befragten stim­men zu, dass Wissenschaftler uns nicht alles sagen, was sie über das Coronavirus wis­sen. Ebenso vie­le sagen, dass es wich­tig ist, sei­ne Informationen dazu auch von außer­halb der Wissenschaft zu bezie­hen. Knapp 30 Prozent stim­men zu, dass die Corona-Pandemie zu einer grö­ße­ren Sache gemacht wird, als sie ist. 15 Prozent der Befragten sind sogar der Meinung, dass es kei­ne ein­deu­ti­gen Beweise für die Existenz des Coronavirus gibt. Auch wenn sich mit 55 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten sich wahr­schein­lich imp­fen las­sen wer­den, wenn es im näch­sten Jahr einen in Deutschland zuge­las­se­nen Impfstoff gibt, so sagen auch knapp 30 Prozent, das sei unwahrscheinlich.«

Das sind Ergebnisse des letz­ten "Wissenschaftsbarometers".

»Das Wissenschaftsbarometer ist eine bevöl­ke­rungs­re­prä­sen­ta­ti­ve Meinungsumfrage. Es betrach­tet seit 2014 die Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gegen­über Wissenschaft und Forschung. Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers 2020 basie­ren auf 1.016 Telefoninterviews (Festnetz/Mobilfunk, 80:20), die vom 3. bis zum 9. November 2020 im Rahmen einer Mehrthemenumfrage von Kantar – im Auftrag von Wissenschaft im Dialog – geführt wur­den. Als Grundgesamtheit dien­te die deutsch­spra­chi­ge Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 14 Jahren. Das Wissenschaftsbarometer 2020 ist ein Projekt von Wissenschaft im Dialog. Förderer und Unterstützer sind die Robert Bosch Stiftung und die Fraunhofer-Gesellschaft. «

6 Antworten auf „Skepsis gegenüber Wissenschaft in der Corona-Pandemie“

  1. Skepsis gegen­über der Wissenschaft als Abstraktum ist nicht gebo­ten, son­dern gegen­über ein­zel­nen Gestalten, die für sich in Anspruch neh­men, die Wissenschaft zu reprä­sen­tie­ren und begrün­de­te Gegenmeinungen kri­mi­na­li­sie­ren oder patho­lo­gi­sie­ren. Natürlich ist nicht jede Gegenmeinung begrün­det oder nur im ent­fern­te­sten erwä­gungs­wür­dig. Es wird viel Blödsinn als „alter­na­ti­ve Meinung“ ver­kauft, der ledig­lich einen pro­fun­den Mangel an Sachverstand doku­men­tiert. Für Laien (die wir alle auf fast allen Gebieten sind) ist es unheim­lich schwie­rig zu unter­schei­den, ob sie jeman­dem zuhö­ren, der einen ver­nünf­ti­gen Gegenstandpunkt ver­tritt, oder jeman­dem, der Grütze aus falsch ver­stan­de­nen Fachbegriffen und dilet­tan­ti­schen Mißverständnissen daher­plap­pert. Ein Pseudosinologe könn­te mich ohne wei­te­res aufs Kreuz legen, und ich wür­de es nicht mer­ken. Die Argumentation von Dummbatzen ist etwa so: Wenn ich am Strand ste­he und ein Lineal am aus­ge­streck­ten Arm hal­te, ist der Horizont genau deckungs­gleich mit dem Lineal, was bei einer Kugel unmög­lich wäre (Tangente berührt Kreisperipherie nur an einem Punkt). Also ist die Erde eine Scheibe, quod erat demon­stran­dum. Argumentativ ist dage­gen nicht vor­zu­ge­hen, denn es fehlt an ele­men­ta­rem Verständnis. Diese Menschen sind in der Tat zumin­dest in die­ser Hinsicht Wirrköpfe, aber sie reprä­sen­tie­ren nicht den wis­sen­schafts­in­ter­nen Widerstand gegen Wissenschaftsfunktionäre, die anschei­nend in die Fänge von Politik und Wirtschaft gera­ten sind und den star­ken Eindruck ver­mit­teln, die Wissenschaft ver­ra­ten zu haben. Die Naturwissenschaften haben star­ke Selbstheilungskräfte, und wir befin­den uns gera­de am Anfang ihres Selbstverteidigungskampfes, den sie immer gewinnt. Ein gewis­ses Maß an Vertrauen in Fachleute ist unum­gäng­lich, sonst wür­den wir uns wohl kei­nen Bohrer in den Mund stecken las­sen, und die­ses Vertrauen ist gera­de sehr ram­po­niert wor­den. Das ist aber nicht das Verschulden der Wissenschaft, son­dern derer, die die Wissenschaft zu instru­men­ta­li­sie­ren ver­su­chen. Das wird scheitern.

    Zur Beruhigung für den geneig­ten Leser: Wir ken­nen Coronaviren seit den 60ern, ihre Existenz ist bom­ben­si­cher, wir haben ein Immunsystem und es gibt Antikörper. Die über­wäl­ti­gen­de Literatur dazu ist gro­ßen­teils auf PubMed ver­füg­bar. Sie ver­ste­hend zu lesen, erfor­dert aller­dings eini­ges an Vorkenntnissen.

    1. Danke, genau mei­ne Meinung. Und wenn man nach Impfung fragt, dann bit­te die Unterscheidung zwi­schen mRNA, Vector und her­kömm­li­chen Impfstoffen.
      Weitaus weni­ger Menschen haben Probleme damit sich mit einem auf her­kömm­li­che Art her­ge­stell­ten Virus imp­fen zu las­sen, als mit dem expe­ri­men­tel­len Impfstoff.

  2. 11.06.2020 Social Science Research Council, Brooklyn, NY, USA 

    The poli­ti­cal theo­lo­gy of coro­na, the virus with a crown 

    J. Brent Crosson 

    […] A new sovereign—a virus with a crown—has reve­a­led two con­tra­sting realms of the sacred during its own sta­te of emer­gen­cy. The first, the eco­no­mic indi­vi­du­al, has been the sacred object of US-led neo­li­be­ral capi­ta­lism. In prac­ti­ce, the wor­ship of this neo­li­be­ral sacred has invol­ved both the incre­a­sing dis­so­lu­ti­on of the social wel­fa­re sta­te and the expan­si­on of the secu­ri­ty or car­ce­ral sta­te. The result has been a dual ideo­lo­gy of mar­ke­ti­zed indi­vi­dua­lism and eco­no­mic libe­ra­lizati­on, on the one hand, and […] 

    https://​tif​.ssrc​.org/​2​0​2​0​/​0​6​/​1​1​/​t​h​e​-​p​o​l​i​t​i​c​a​l​-​t​h​e​o​l​o​g​y​-​o​f​-​c​o​r​o​n​a​-​t​h​e​-​v​i​r​u​s​-​w​i​t​h​-​a​-​c​r​o​wn/

  3. @Telemachos
    Leider bedarf es in der gegen­wär­ti­gen Krise nur einer gerin­gen Anzahl von Mietmäulern und ande­ren Claqueuren (geschickt posi­tio­niert z.B in pol. Beratergremien) um die Wissenschaft in Verruf und gro­ße Teile der Gesellschaft ins Unheil zu führen.
    Begünstigt von der "neo­li­be­ra­len" Umstrukturierung der Unversitäten/Forschungseinrichtungen in Richtung "Drittmittelabhängigkeit". Diese Entwicklung ist ja eine poli­tisch geplan­te Entwicklung und kein Zufallsprodukt
    (es gibt natür­lich exter­ne Stakeholder).
    Ich hof­fe instän­dig, daß die, von Ihnen benann­ten, Selbstheilungskräfte der Wissenschaft recht bald Ihre Wirkung ent­fal­ten, denn den größ­ten Teil des, bereits ent­stan­de­nen, Schadens haben wir noch gar nicht gesehen !

  4. Manches Mal ver­setzt es mich doch noch in Erstaunen, mit wel­cher Liebe zum Detail unse­re Steuergelder schon gegen uns ein­ge­setzt wurden.

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