Als Reaktion auf den Beitrag Mehr Diktatur wagen schrieb die Leserin Kathrin Schmidt:
»Ich schäme mich für meine Zunft. Deshalb kann ich nicht anders, als hier mal meinen Artikel aus der Berliner Zeitung vom 12.10.2020 zu verlinken. Sorry, Herr Brussig.«
Da dieser Artikel hinter einer Bezahlschranke steht, sei er auszugsweise hier wiedergegeben:
»Inzwischen bin ich nicht mehr erstaunt, sondern fassungslos darüber, was der Spaltpilz Corona mit unserer Gesellschaft anzurichten vermochte. Mit einer Gesellschaft, deren Grundgesetz ich hoch achtete und mich froh machte, ihm und nicht mehr der Gesetzlichkeit der DDR zu unterliegen.
Aber ist wirklich Corona der Spaltpilz, der Gräben gerissen hat, die wir uns alle vor einem Dreivierteljahr nicht vorzustellen vermochten? Ich gebe die Antwort auf diese eigentlich rhetorische Frage vorab: Nein. Und Gräben gab es schon lange vorher, nur traten sie weniger Menschen als heute so deutlich zutage.
Nun glaube ich in allerletzter Zeit zu bemerken, dass sich „etwas tut".«
Sie zählt eine Handvoll Sendungen im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen auf, in denen KritikerInnen der "Maßnahmen" zu Wort kommen konnten. Damals, Mitte Oktober, war es ihr auch noch möglich, in der "Berliner Zeitung" solche Gedanken zu publizieren:
»Der erste Pandemie-Plan der WHO wurde 1999 aufgestellt, zwei Jahre nach der Vogelgrippe von 1997. Natürlich braucht die WHO Experten, auf die sie sich bei ihren Entscheidungen stützen kann. Unter diesen Experten befand sich die European Scientific Working Group on Influenza, ESWI, ein maßgeblich von Roche und anderen Grippemittelherstellern finanzierter Zusammenschluss, der sich durchaus als Lobbygruppe gegenüber Regierungen versteht, ihnen die Sicherheit und Wirksamkeit antiviraler Medikamente zu vermitteln, ihnen die Impfstoffforschung nahezulegen und sie zu einer gewissen Vorratslagerung von Medikamenten und Impfstoffen für Pandemien zu veranlassen. Weiterhin waren Koautoren einer von Roche finanzierten Tamiflu-Studie beteiligt.
Diese Studie wurde im Fortgang von der WHO auch gleich noch in einer Kronzeugenfunktion herangezogen. Unmittelbar vor Ausrufung der Schweinegrippen-Pandemie, im April 2009, ließ die WHO einen Passus unter den Tisch fallen, in dem es hieß, dass eine Pandemie mit einer enormen Zahl von Erkrankungs- und Todesfällen einherzugehen habe. Selbst wenn man nicht so weit geht, der WHO diese Veränderung auf direkten Druck der Pharmalobby anzulasten, so bleibt unzweifelhaft bestehen, dass sie von den Interessenskonflikten vieler ihrer Experten und Expertengruppen wusste und diese nicht kommunizierte. Und selbstverständlich profitiert nun auch die IT-und Pharmabranche überproportional von der Krise…
Reich werden auch die Hersteller von PCR-Massentests, deren Aussagekraft bei Symptomlosigkeit mehr als fraglich ist. In einem Gespräch mit der Wirtschaftswoche vom 16.5.2014 wurde Christian Drosten befragt, wie er sich eine in der saudiarabischen Stadt Dschidda plötzlich explodierende Fallzahl an MERS-CoV-Erkrankten erkläre. Er antwortete, dass in Saudi-Arabien eben im Moment am intensivsten getestet werde, mit einem PCR-Test. Auf die Bemerkung des Interviewers, dass das doch modern und zeitgemäß sei, sagte er: „Ja, aber die Methode ist so empfindlich, dass sie ein einzelnes Erbmolekül dieses Virus nachweisen kann. Wenn ein solcher Erreger zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht, ohne dass sie erkrankt oder sonst irgend etwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich ein Mers-Fall. Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten. Auch so ließe sich die Explosion der Fallzahlen in Saudi-Arabien erklären. Dazu kommt, dass die Medien vor Ort die Sache unglaublich hochgekocht haben."
Genau das, was Drosten hier sagt, halten ihm heute seine Kritiker entgegen…
Dieses Virus ist kein Killervirus. Es kann jedoch insbesondere alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen empfindlich treffen und töten. Das können aber andere Erreger auch, es liegt in ihrer und unserer Natur. Wenn wir alle Aufmerksamkeit auf Sars-CoV‑2 konzentrieren, eines unter vielen, die uns von allem Anfang an begleiten und unausrottbar sind, vergessen wir beispielsweise, dass wichtige Impfkampagnen wie die in Afrika gegen Masern, Poliomyelitis, Tuberkulose oder auch die Malaria-Prophylaxe derzeit stocken, gar auf Eis liegen, weil Lieferketten und Personalkapazitäten, coronabedingt, nicht mehr da sind. Ich halte das angesichts der jährlichen Todeszahlen durch diese Krankheiten, auch unter Kindern und jungen Menschen!, für nicht hinnehmbar und möchte zum Beispiel dagegen aufbegehren. Wie kann ich das tun angesichts der gesellschaftlichen Gräben, die durch die Corona-Maßnahmen umso sichtbarer wurden?
Es zeichnete sich in den letzten Jahren bereits sehr deutlich ab, dass die Debattenkultur auch hierzulande schweren Schaden nimmt, wenn sie zu einer Art Gesinnungsbeweiskultur verkommt. Ich vermisse auch Intellektuelle unter jenen, die sich dem nicht beugen wollen. Dabei weiß ich durchaus, wovon ich spreche: Zum Beispiel würde auch ich nicht wagen, meine derzeitige, nicht gerade einfache Hypothese der Überrumpelung oder Inhaftnahme von Regierungen weltweit durch überwachungskapitalistische und pharmaindustrielle Interessenverbände, die sich dem Aus des kapitalistischen Finanzsystems im Februar/März 2020 gegenübersahen und denen ein plötzlich auftauchendes Virus gerade recht kam, überall frank und frei und detailliert zu äußern, weil ich mich gesinnungsdiktatorischen Angriffen nicht gewachsen fühle.
Gesinnungsgräben stehen letztlich jedem wissenschaftlichen Diskurs im Wege. Aber auch ein einfacher Austausch von Argumenten funktioniert im Moment nicht. Eine meiner Grundannahmen, aus meiner Berufszeit als Psychologin herrührend, ist jene, dass jedwede Handlung eines Menschen, sei er nun Politiker oder Bürger, einfachen menschlichen Bedürfnissen folgt. Die sind oft nicht leicht auszumachen, es braucht Empathie und Urteilsfreiheit im eigentlichen Sinne, sie aufzuspüren. Solche einfachen Bedürfnisse sind jene nach Nahrung, Liebe, Anerkennung, Ruhe oder auch das Bedürfnis, keine Angst haben zu müssen. Aus Letzteren ließe sich übrigens sowohl das Verhalten der Maßnahmen-Befürworter als auch das der erbitterten Gegner relativ schlüssig erklären.«
@ Kathrin Schmidt: ein sehr guter unaufgeregter Artikel, der gut zusammen faßt was viele darüber auch schon vorher dachten. Und auch was hierzulande in Familien und bei unseren sozialen Kontakten passiert: Spaltung, extem, abstrus.
Wow, sehr gut!
Liebe Frau Schmidt,
vielen Dank für Ihre ehrlichen Worte und Ihren Mut!
Herzliche Grüße aus der Nähe von Göttingen 🙂
So sehr wahr. Nur schade das er bei der Masse-Mensch nicht ankommt oder Früchte.