Darüber berichtete aerzteblatt.de in einem ersten Artikel vom 31.7. Nun liegt die endgültige Publikation vor. Über den Stand von Ende Juli war zu lesen:
»T‑Zellen können nach Kontakt zu saisonalen humanen Coronaviren auch Strukturen des SARS-CoV-2-Virus erkennen. Das legt eine Studie der Universitätsklinik Tübingen nahe, die Mitte Juni als Vorveröffentlichung erschienen ist (DOI: 10.21203/rs.3.rs-35331/v1). Eine Immunität gegen SARS-CoV‑2 geht damit nicht einher.
Vorangegangene Arbeiten mit SARS-CoV‑1 hätten gezeigt, dass eine antikörpervermittelte Immunität nur von kurzer Dauer sei, schreiben die Autoren. Der zellulären Immunantwort käme daher wahrscheinlich auch bei SARS-CoV‑2 eine große Bedeutung zu. Neuere Studien ließen zudem eine Kreuzreaktivität von T‑Zellen vermuten…
Unter den nicht exponierten Proben zeigten 81 % eine T‑Zell-Antwort auf die kreuzreaktive Epitopkomposition. Sie fiel geringer aus als bei den vorher exponierten Proben. Die SARS-CoV-2-spezifische Komposition löste hier keine Immunreaktion aus…
Wie sich diese kreuzreaktive T‑Zell-Erkennung in 81 Prozent der Bevölkerung auf eine Infektion mit SARS-CoV‑2 sowie auf die Schwere der Erkrankung auswirkt, wird die Forschergruppe nun in weiteren Studien prospektiv untersuchen.«
Am 7.8. sah sich die ForscherInnen-Gruppe zu dieser Stellungnahme veranlaßt:
»Derzeit werden erste Studienergebnisse zur kreuzreaktiven T‑Zell-Erkennung in den Medien falsch wiedergegeben. Die Forschergruppe hat hierzu ein Statement verfasst. Diese kreuzreaktive T‑Zell-Erkennung ist NICHT gleichbedeutend mit einer Immunität gegen SARS-CoV‑2.«
Am 30.9. bekräftigten sie dies, erklärten aber:
»Für die in der renommierten Fachzeitschrift Nature Immunology publizierte Arbeit wurden insgesamt mehr als 180 Probanden nach überstandener COVID-19-Erkrankung untersucht. Die im Rahmen der Studie identifizierten T‑Zell-Epitope ermöglichten den Nachweis, dass bei 100 Prozent der Patienten nach Infektion T‑Zell-Immunantworten gegen SARS-CoV‑2 erfolgt sind. Dies traf auch auf Patienten zu, bei denen keine Antikörperantwort nachweisbar war.
Vorerfahrungen mit zwei anderen Coronaviren – SARS-CoV‑1 und MERS-CoV‑2 – sowie erste Berichte über Genesene nach durchgemachter COVID-19 Erkrankung legen nahe, dass T‑Zellantworten tatsächlich eine bedeutende Rolle auch bei der Abwehr von SARS-CoV‑2 spielen, wie das bei allen anderen Virusinfektionen der Fall ist…
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Studie, die durch die Sonderfördermaßnahme COVID-19 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert wurde, Blutproben von Personen, die vor Ausbruch der Pandemie gesammelt wurden, und somit keinen Kontakt zu SARS-CoV‑2 hatten, untersucht. Dabei zeigte sich, dass auch bei 81 Prozent der untersuchten Spender ohne Kontakt zu SARS-CoV‑2 kleine Mengen an T‑Zellen, die Virusbestandteile erkennen, nachweisbar sind.
Diese könnte auf einen vorangegangenen Kontakt der Spender mit anderen humanen Erkältungs-Coronaviren (HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-NL63 und HCoV- HKU1) zurückzuführen sein.
Eine solche kreuzreaktive T‑Zell-Erkennung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer Immunität gegen SARS-CoV‑2. "Wie sich diese kreuzreaktive T‑Zell-Erkennung in 81 Prozent der Bevölkerung auf eine Infektion mit SARS-CoV‑2 sowie auf die Schwere der Erkrankung auswirkt, werden wir in weiteren Studien prospektiv untersuchen", kommentiert Walz dieses Ergebnis.«
Der Artikel in Nature Immunology ist hier zu finden.
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)
Die Wissenschaftler sind aus nachvollziehbaren Gründen vosichtig mit der Interpretation ihrer Befunde. Aber, wenn die T4_Zellen das Sars‑2
Virus als Fremdeiweiss erkennen, dann liegt es auf der Hand, dass sie eine Immunreaktion auslösen: Aktivierung von Makrophagen und Stimulation Antikörper produzierender Lymphozyten.
Das heißt dass diese Studie, die monatelang ohne erkennbare Gründe noch nicht mal im Peer Review, sondern im PrePrint-Stadium im Internet herumgammelte, am 30.9. doch veröffenticht wurde.