Trump ist nicht an allem schuld

So lau­te­te am 17.12. die Über­schrift der Druck­aus­ga­be der FAZ, etwas anders auf faz​.net (Bezahl­schran­ke). Es ist zu erfahren:

»Die Kata­stro­phe, die das Virus in Ame­ri­ka anrich­tet, geht nicht allein auf das Kon­to der Trump-Regierung.

Im Land grei­fen vie­le Kri­sen und Sys­tem­de­fek­te inein­an­der, die die Pan­de­mie-Bekämp­fung beson­ders schwer machen…

Lückenhaftes Gesundheitssystem

In der Kri­se sind Men­schen ohne Kran­ken­ver­si­che­rung beson­ders schutz­los, denn sie gehen oft zu spät zum Arzt und bekom­men nicht die Ver­sor­gung, die sie brau­chen. Fast 29 Mil­lio­nen Ame­ri­ka­ner waren 2019 nicht ver­si­chert. Die Poli­cen sind für vie­le Men­schen uner­schwing­lich – auch mit „Oba­mac­a­re“, das wei­ter über pri­va­te Ver­si­che­rungs­kon­zer­ne orga­ni­siert ist. 

Der durch­schnitt­li­che monat­li­che Bei­trag liegt zur Zeit bei 462 Dol­lar, dazu kom­men Selbst­be­hal­te von meh­re­ren Tau­send Dol­lar, bevor die Ver­si­che­rung über­haupt zahlt. Die häu­figs­te Ursa­che von Pri­vat­in­sol­ven­zen sind über­hand­neh­men­de Krankheitskosten.

Eine güns­ti­ge­re Kran­ken­ver­si­che­rung ist häu­fig an den Job gebun­den und endet auch mit ihm. Nach Anga­be des Eco­no­mic Poli­cy Insti­tu­te haben bis Ende August bis zu zwölf Mil­lio­nen Ame­ri­ka­ner durch die Pan­de­mie ihre Kran­ken­ver­si­che­rung ver­lo­ren. Vie­le müs­sen sich nun selbst ver­si­chern, Zei­ten ohne Absi­che­rung ris­kie­ren, oder sie kön­nen vor­über­ge­hend die Gesund­heits­ver­sor­gung für Arme, Medi­caid, beantragen.

In 15 Bun­des­staa­ten haben die Regie­run­gen den „Afforda­ble Care Act“ von 2010 zudem nicht umge­setzt und Medi­caid nicht aus­ge­wei­tet. Die­se Staa­ten sind ent­we­der repu­bli­ka­nisch regiert, oder die Repu­bli­ka­ner haben die Mehr­heit im Par­la­ment. Laut dem par­tei­un­ab­hän­gi­gen For­schungs­in­sti­tut Cen­ter on Bud­get and Poli­cy Prio­ri­ties waren die 35 Bun­des­staa­ten, die Medi­caid aus­ge­wei­tet haben, bes­ser auf die Pan­de­mie vorbereitet.

130 Kliniken binnen zehn Jahren geschlossen

Das Gesund­heits­sys­tem lei­det vie­ler­orts auch unter der Pro­fit­ori­en­tie­rung der Kran­ken­häu­ser. So sind medi­zi­nisch nicht not­wen­di­ge Ein­grif­fe oft lukra­ti­ver als die Ver­sor­gung von Kran­ken. Kli­ni­ken spe­zia­li­sie­ren sich auf bestimm­te Dienst­leis­tun­gen und ver­nach­läs­si­gen ande­re – oder sie schlie­ßen unter dem finan­zi­el­len Druck gleich ganz. In den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren gaben lan­des­weit 130 Kran­ken­häu­ser auf. In länd­li­chen Gebie­ten ist die Ver­sor­gung lücken­haft und oft auch qua­li­ta­tiv schlecht.

Joe Biden ver­sprach im Wahl­kampf, der über pri­va­te Ver­si­che­rungs­kon­zer­ne orga­ni­sier­ten „Obamacare“-Versorgung eine „öffent­li­che Säu­le“ hin­zu­zu­fü­gen. Sei­ne Kri­ti­ker mer­ken an, dass mit dem „Medi­ca­re for All“ von Sena­tor Ber­nie San­ders ein popu­lä­res Kon­zept für eine all­ge­mei­ne öffent­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung auf dem Tisch lie­ge, des­sen Zeit gera­de jetzt gekom­men sei.

Stei­gen­de Arbeits­lo­sen­zah­len, man­geln­de Absicherung
Mil­lio­nen Men­schen ver­lo­ren durch die Pan­de­mie ihren Job. Weil die sozia­le Absi­che­rung in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten sehr lücken­haft ist, sind immer mehr Men­schen von Hun­ger betrof­fen und ste­hen vor den Food Banks in lan­gen Schlangen…

Armut und struktureller Rassismus

Beson­ders vie­le Men­schen, die nach einer Infek­ti­on mit dem Coro­na­vi­rus ster­ben, sind nicht weiß. Nach Zah­len des APM (Ame­ri­can Public Media) Rese­arch Lab star­ben bis­lang drei­mal so vie­le Schwar­ze und Lati­nos und 3,2 mal so vie­le Urein­woh­ner nach einer Covid-Erkran­kung wie Wei­ße. Mil­lio­nen sind trotz Arbeit arm, weil sie in pre­kä­ren Jobs arbei­ten. Vie­le leben mit Ver­wand­ten zusam­men, was ihr Risi­ko einer Anste­ckung erhöht. Das For­schungs­in­sti­tut Urban Insti­tu­te schätzt die Armuts­quo­te für das Jahr 2020 auf 9,2 Pro­zent – 6,6 Pro­zent unter Wei­ßen und 15,2 bezie­hungs­wei­se 13,8 Pro­zent unter Schwar­zen und Lati­nos. In Städ­ten wie New York waren auch vor der Pan­de­mie bereits zehn­tau­sen­de Men­schen obdach­los – auch ihre Situa­ti­on hat sich durch das Coro­na­vi­rus verschlechtert.

Einen Virus-Test kann man zwar mitt­ler­wei­le kos­ten­frei bekom­men, doch die Ver­sor­gungs­qua­li­tät hängt vom Ein­kom­men ab. Zudem haben arme Men­schen und ins­be­son­de­re Pati­en­ten, die nicht weiß sind, häu­fi­ger mit Vor­er­kran­kun­gen zu kämp­fen…«

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