»Unabhängig davon, ob an COVID-19 erkrankt oder nicht«

Tri­um­phie­rend wird auf dem Phar­ma-Infor­ma­ti­ons­por­tal gel​be​-lis​te​.de  am 13.3.23 gemeldet:

»Hohes Immu­ni­täts­ni­veau schützt vor Covid-19-Tod
Wäh­rend der Omi­kron-Wel­le schütz­te eine voll­stän­di­ge Impf­stoff-indu­zier­te oder hybri­de Immu­ni­sie­rung älte­re Men­schen signi­fi­kant vor Covid-19-asso­zi­ier­ten Todes­fäl­len, selbst die über 80-Jäh­ri­gen. Je höher das Immu­ni­täts­ni­veau lag, umso nied­ri­ger war das Sterberisiko…«

Schaut man in die zugrun­de lie­gen­de Stu­die, erkennt man: Zu früh gefreut. Sie wur­de unter dem Titel "Impf­stoff-indu­zier­te oder hybri­de Immu­ni­tät und COVID-19-beding­te Sterb­lich­keit wäh­rend der Omi­kron-Wel­le. Eine retro­spek­ti­ve Beob­ach­tungs­stu­die bei älte­ren Men­schen" am 7.3.23 auf aerz​te​blatt​.de ver­öf­fent­licht. Dort ist zu erfahren:

»… Metho­den: In die­ser retro­spek­ti­ven Stu­die wur­den 470 159 baye­ri­sche Fäl­le ≥ 60 Jah­re aus­ge­wer­tet, die zwi­schen dem 01.01. und dem 30.06.2022 posi­tiv auf SARS-CoV‑2 getes­tet wur­den. Anhand von Cox-Model­len wur­den – abhän­gig vom Geschlecht, Alter, Zeit­punkt der Infek­ti­on und von ver­schie­de­nen Immu­ni­täts­ni­veaus – adjus­tier­te Hazard Rati­os (aHR) für das Ver­ster­ben bis 60 Tage nach Infek­ti­on geschätzt…

Studiendesign und Zielgruppe

In die­ser retro­spek­ti­ven Kohor­ten­stu­die ana­ly­sier­ten wir alle mit­tels „Real-Time-Poly­me­ra­se Chain Reac­tion“ (RT-PCR) bestä­tig­ten SARS-CoV-2-Fäl­le, die zwi­schen dem 01.01.2022 und dem 30.06.2022 nach dem Infek­ti­ons­schutz­ge­setz (IfSG) in Bay­ern offi­zi­ell gemel­det und über­mit­telt wor­den waren (unab­hän­gig davon, ob an COVID-19 erkrankt oder nicht)…

Datenmanagement

Die Daten beinhal­ten alle Todes­fäl­le, bei denen nach ärzt­li­cher Ein­schät­zung COVID-19 direk­te oder indi­rek­te Todes­ur­sa­che war, sowie Todes­fäl­le mit unbe­kann­ter oder nicht ermit­tel­ba­rer Todesursache.

„Zeit­punkt der Infek­ti­on” beschreibt im Fol­gen­den das ange­nä­her­te Datum der Infek­ti­on defi­niert als das Kalen­der­da­tum, an dem ent­we­der eine Infek­ti­on gemel­det wur­de oder an dem ers­te Sym­pto­me auf­tra­ten (je nach­dem, wel­ches Datum frü­her lag). Ziel­va­ria­ble war die Über­le­bens­zeit bis zum Tag 60 nach dem Zeit­punkt der Infek­ti­on. Somit erstreck­te sich der Beob­ach­tungs­zeit­raum vom 01.01. bis zum 29.08.2022 (60 Tage nach dem 30.06.2022).

Das indi­vi­du­el­le Immu­ni­täts­ni­veau wur­de wie folgt klas­si­fi­ziert: unbe­kannt, nicht geimpft, unvoll­stän­di­ges pri­mä­res Immu­ni­täts­ni­veau (eine Imp­fung ohne vor­an­ge­gan­ge­ne SARS-CoV-2-Infek­ti­on), voll­stän­di­ges pri­mä­res Immu­ni­täts­ni­veau (zwei Imp­fun­gen oder eine Imp­fung in Kom­bi­na­ti­on mit einer vor­an­ge­gan­ge­nen SARS-CoV-2-Infek­ti­on), erreicht ent­we­der mehr oder weni­ger als sechs Mona­te vor dem Zeit­punkt der Infek­ti­on, geboos­ter­tes Immu­ni­täts­ni­veau (drei oder vier Imp­fun­gen oder zwei Imp­fun­gen in Kom­bi­na­ti­on mit einer vor­an­ge­gan­ge­nen SARS-CoV-2-Infek­ti­on), erreicht ent­we­der mehr oder weni­ger als drei Mona­te vor dem Zeit­punkt der Infek­ti­on. Fäl­le mit einer vor­an­ge­gan­ge­nen SARS-CoV-2-Infek­ti­on, aber ohne Imp­fung, gal­ten als ungeimpft…

Ergebnisse

Zwi­schen dem 01.01. und dem 30.06.2022 wur­den in Bay­ern ins­ge­samt 3 846 297 Fäl­le mit posi­ti­vem RT-PCR-Befund gemel­det. Davon konn­ten 470 159 Fäl­le in die Haupt­ana­ly­se ein­be­zo­gen wer­den (Gra­fik 1). 248 312 Per­so­nen (52,8 %) waren weib­lich und 48 (0,01 %) divers; 94 457 Per­so­nen (20,1 %) waren zum Zeit­punkt der Infek­ti­on älter als 79 Jah­re. 1,7 % der infi­zier­ten Per­so­nen waren bereits zuvor mit SARS-CoV‑2 infi­ziert gewesen.

3 836 Fäl­le ver­star­ben bis zum Ende des Beob­ach­tungs­zeit­raums (60-Tage-Fall-Sterb­lich­keits­ra­te (FSR) 0,82 %), wobei 25 % der Todes­fäl­le bei Per­so­nen im Alter von 90 Jah­ren oder dar­über auf­tra­ten. Die media­ne Zeit­span­ne zwi­schen dem Zeit­punkt der Infek­ti­on und dem Tod betrug 8 Tage (Inter­quar­tils­be­reich 4–14 Tage).

COVID-19 war in 2 663 Fäl­len (69,4 %) die direk­te Todes­ur­sa­che; in 871 Fäl­len (22,7 %) trug COVID-19 indi­rekt zum Tod bei, und in 302 Fäl­len (7,9 %) war die Todes­ur­sa­che unbe­kannt oder konn­te nicht ermit­telt werden…«

Bei drei Vierteln "Immunitätsniveau" unbekannt

»Bei den meis­ten Per­so­nen (n = 343 018, 73,0 %) war das Immu­ni­täts­ni­veau unbe­kannt. Bei bekann­tem Immu­ni­täts­ni­veau hat­ten 79 083 Per­so­nen (62,2 %) ein geboos­ter­tes Immu­ni­täts­ni­veau, 15 652 ein voll­stän­di­ges pri­mä­res Immu­ni­täts­ni­veau (12,3 %) und 19 561 (15,4 %) waren ungeimpft.«

Spä­tes­tens ab die­sem Punkt kann man die Stu­die in die Ton­ne hau­en. Die anschlie­ßend viel­fach berech­ne­ten "Adjus­tier­ten Hazard Rati­os" erge­ben kei­ne sinn­voll anwend­ba­ren Infor­ma­tio­nen. Dabei ist noch nicht berück­sich­tigt, daß das gan­ze Werk auf aus­sa­ge­schwa­chen PCR-Tests beruht und die Ermitt­lung der Todes­ur­sa­che belie­big wirkt.

»Diskussion

Ein zen­tra­les Ergeb­nis unse­rer Stu­die war, dass – im Ver­gleich zu unge­impf­ten Per­so­nen, und nach Adjus­tie­rung für Alter, Geschlecht und den Zeit­punkt der Infek­ti­on – ein zuneh­men­des Immu­ni­täts­ni­veau mit einem abneh­men­den Ster­be­ri­si­ko sowie mit einer zuneh­men­den Wirk­sam­keit und abso­lu­ten Risi­ko­re­duk­ti­on ver­bun­den war…

Qua­li­ta­tiv stimmt die Rich­tung unse­rer Ergeb­nis­se zum pri­mä­ren und geboos­ter­ten Immu­ni­täts­ni­veau mit den Beob­ach­tun­gen zahl­rei­cher ande­rer inter­na­tio­na­ler Stu­di­en über­ein, die die Wirk­sam­keit von Impf­stof­fen im Hin­blick auf ein Ver­ster­ben unter­sucht haben…

Limitierungen

Wie bei jeder retro­spek­ti­ven Beob­ach­tungs­ana­ly­se bestand die Mög­lich­keit einer Ver­zer­rung durch ver­schie­de­ne unbe­rück­sich­tig­te Kova­ria­ten, zum Bei­spiel Zeit­punkt der Impf­emp­feh­lun­gen, Art der SARS-CoV-2-Vari­an­te, The­ra­pie­zie­län­de­run­gen, Kom­or­bi­di­tä­ten (etwa eine schwe­re Immun­sup­pres­si­on), Gesund­heits-/Ri­si­ko­ver­hal­ten, sozio­öko­no­mi­scher Sta­tus, eth­ni­sche Zuge­hö­rig­keit, Body-Mass-Index (BMI) oder zeit­lich ver­än­der­tes Test­ver­hal­ten, wel­ches mit der Dun­kel­zif­fer der uner­kann­ten Infek­tio­nen zusam­men­hängt. Unse­re Ergeb­nis­se könn­ten auch durch eine unglei­che zeit­li­che Ver­tei­lung einer zwei­ten Auf­fri­schungs­imp­fung, durch den soge­nann­ten Healt­hy Vac­ci­nee Bias oder durch eine fal­sche Klas­si­fi­zie­rung der Todes­ur­sa­che beein­flusst wor­den sein.

Wir berück­sich­tig­ten…

        • die Tat­sa­che, dass nach dem 12. Febru­ar 2022 indi­vi­du­el­le RT-PCR-Tests nur dann kos­ten­los waren, wenn ein vor­an­ge­gan­ge­ner Schnell­test oder ein gepool­ter Test mit­tels RT-PCR ein posi­ti­ves Ergeb­nis auf­ge­wie­sen hat­te (e9). Per­so­nen, die sich nach die­sem Datum frei­wil­lig einem RT-PCR-Test unter­zo­gen, könn­ten im Mit­tel krän­ker gewe­sen sein und somit ein höhe­res Risi­ko für einen schwe­re­ren COVID-19-Ver­lauf gehabt haben. Dies wür­de zu einer zuneh­men­den Über­schät­zung der Ster­be­ra­ten, jedoch nicht not­wen­di­ger­wei­se zu einer Ver­zer­rung der Wirk­sam­keits­schät­zung führen…

Eine wei­te­re Limi­tie­rung bestand dar­in, dass die Voll­stän­dig­keit und Qua­li­tät unse­rer Daten ein­ge­schränkt war. Die­se Para­me­ter konn­ten sowohl zeit­lich als auch regio­nal vari­ie­ren, je nach unter­schied­li­chen Bedin­gun­gen, wie zum Bei­spiel vor­über­ge­hen­de Per­so­nal­knapp­heit in den ört­li­chen Gesund­heits­äm­tern. Das pri­mä­re Ziel der Daten­er­he­bung war die Infek­ti­ons­über­wa­chung, sodass ins­be­son­de­re in Zei­ten hoher Inzi­denz (wie spe­zi­ell wäh­rend der Omi­kron-Wel­le) die Erfas­sung von Kon­takt­da­ten oder des Mel­de­da­tums eine höhe­re Prio­ri­tät hat­ten als ande­re. Dies könn­te zum Bei­spiel den hohen Anteil feh­len­der Daten zum Immu­ni­täts­ni­veau erklären…

Schlussfolgerung

Unse­re Ergeb­nis­se zei­gen, dass ein voll­stän­di­ges pri­mä­res Immu­ni­täts­ni­veau einen signi­fi­kan­ten Schutz vor COVID-19-beding­ter Sterb­lich­keit in Bay­ern bie­tet, selbst bei über 80-Jäh­ri­gen. In die­ser Unter­grup­pe kann die Wirk­sam­keit jedoch auf unter 50 % sin­ken, wenn ein der­ar­ti­ges Immu­ni­täts­ni­veau bereits mehr als sechs Mona­te vor dem Zeit­punkt der Infek­ti­on erreicht wur­de. Ein geboos­ter­tes Immu­ni­täts­ni­veau führ­te in allen Alters­grup­pen zu einem zusätz­li­chen Schutz, der jedoch nach drei Mona­ten gering­fü­gig schwä­cher aus­fiel.«

(Her­vor­he­bun­gen in blau nicht im Original.)

6 Antworten auf „»Unabhängig davon, ob an COVID-19 erkrankt oder nicht«“

  1. Schon öfters begeg­net, aber trotz­dem falsch! Die Abkür­zung RT-PCR steht für Rever­se Tran­scrip­ti­on Poly­me­ra­se Chain Reac­tion (Nach­weis von RNA, die eben erst zu DNA rever­se-tran­scri­piert wer­den muß, denn PCR geht nur mit DNA), und nicht Real-Time-Poly­me­ra­se Chain Reaction. 

    Sagt dann wohl eini­ges über die­se Stu­die aus. Wur­de sie peer-review­ed? Viel­leicht auch inner­halb von 2 Tagen, so daß die ein­fachs­ten Feh­ler nicht auf­fal­len? Wur­de zufäl­lig in Euro­sur­veil­lan­ce ver­öf­fent­licht? War zufäl­lig ein Dr. Osten beteiligt?

    Aber wen inter­es­siert das schon, in einer Welt, wo der CT-Wert für Kon­zen­tra­ti­on © zu einer bestimm­ten Zeit (t) steht (Dr. A. Merkel).

  2. Wie kann man etwas ueber den Ein­fluss des "Immu­ni­taets­sta­tus" auf das Ster­be­ri­si­ko aus­sa­gen, wenn der "Imu­ni­taets­sta­tus" bei 73% der in der Sttu­die berueck­sich­tig­ten Peso­nen gar nicht bekannt ist?
    Bei fast drei­vier­tel der Per­so­nen fehl­te die *wich­tigs­te* Inf­for­ma­ti­on ueber die die Stu­die etwas aus­sa­gen soll­te. Damit ist doch (unab­haen­gig vom "ermit­tel­ten Ergeb­nis") jeg­li­che Aus­sa­ge die­ser "Stu­die" kom­plett fuer die Tonne.

  3. Man soll­te ein­fach nciht erwar­ten, dass kapi­ta­lis­ti­sche FIr­men, die mit etwas Gewin­ne machen, es so genau mit der Wahr­heit neh­men. Vor dem Hin­ter­grund kann man den gan­zen Zir­kus als rei­ne Wer­be­ver­an­stal­tung sehen.
    Das Schlim­me ist in mei­nen Augen nur, dass die Poli­tik und Medi­en die­se Wer­be­ver­an­stal­tung mit­tra­gen und es nicht als Geld­schöp­fung und Betrug erken­nen, son­dern sich auch noch ein­lul­len las­sen, dass es ihrem Vor­teil die­nen wür­de und sich prak­tisch miss­brau­chen las­sen für die Werbeveranstaltung.

    Um so etwas zu ver­hin­dern, hat­ten wir mal die Idee einer Demo­kra­tie und den Medi­en als drit­ter Gewalt. Alles den Bach run­ter und die aso­zia­len Medi­en (Twit­ter & Co. mit ihrer simp­len schwarz-weiß-Funk­tio­na­li­tät) haben einen Teil dazu bei­getra­gen. Dazu auch die Kon­trol­le über die Medi­en, die in der Hand von Kon­zer­nen liegt (Goog­le & Co.) und es mitt­ler­wei­le gang und gäbe ist, dass ande­re Mei­nun­gen (die nicht der Wer­be­trom­mel-Ver­an­stal­tung die­nen) ein­fach gelöscht wer­den. Es ist ein Desas­ter und das größ­te Desas­ter ist, dass es kaum jemand erkennt und die Leu­te so dumm sind, sich AUF DIESE ART UND WEISE kau­fen zu lassen. 🙁

    Man soll­te sich inhalt­lich gar nicht mehr mit dem Müll aus­ein­an­der­set­zen, son­dern es ein­fach nur noch als Wer­be­ver­an­stal­tung zurückweisen.
    #Lob­by­is­ten raus aus der Regierung

  4. “Never vac­ci­na­ted' vs 'Ever vac­ci­na­ted' mor­ta­li­ty rate illu­si­on: sur­vi­vor bias & how to over­co­me it

    Shows a simp­le exam­p­le of how a ‘pla­ce­bo’ vac­ci­ne is cer­tain to result in redu­ced mor­ta­li­ty rate. But it is just ano­ther sta­tis­ti­cal illusion”

    https://m.youtube.com/watch?v=8gmtihqzBX4

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