»Bei der Zahl der gesamten Todesfälle haben Brasilien und Mexiko Italien längst überholt. In beiden Ländern spielen die Staatschefs die Pandemie herunter, priorisieren die Exportwirtschaft und reisen ohne Mundschutz durchs Land. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro erkrankte selbst an dem, was er als "kleines Grippchen" abtut.
Nach dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro hat sich nach eigener Aussage jetzt auch der Sozialminister mit dem Coronavirus infiziert. Er ist – nach General Augusto Heleno, Chef des Kabinetts für institutionelle Sicherheit, und Energieminister Bento Albuquerque – der dritte Minister mit Corona in der Regierung des ultrarechten Bolsonaro, der vor zwei Wochen positiv getestet worden war.«
So schreibt am 20.7. der österreichische Standard und folgt damit der auch hierzulande gängigen Diktion. Die Infektionen werden mit kaum unterdrückter Häme als Beleg für "unseren" vorbildlichen Umgang mit Corona interpretiert.
Blicken wir zurück, wie es unseren Vorbildern erging. Bereits am 23.3. schilderte unter dem Titel "Corona in Deutschland: Diese Politiker sind derzeit in Quarantäne" das Redaktionsnetzwerk Deutschland, daß
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- sich Angela Merkel wegen der Positivtestung ihres Arztes "freiwillig" in Quarantäne begeben mußte,
- Ähnliches für Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker galt,
- 15 Abgeordnete und MitarbeiterInnen der SPD-Bundestagsfraktion, darunter Karl Lauterbach, wegen Kontakts zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person "vorsorglich" in häuslicher Quarantäne gehen mußten. Das Gleiche galt für ein weiteres Dutzend MitarbeiterInnen des Justizministeriums
- Friedrich Merz, Cem Özdemir und der FDP-Bundestagsabgeordnete Hagen Reinhold positiv getestet wurden
Am 27.3. meldete der Focus die Infektion der FDP-Abgeordneten Alexander Graf Lambsdorff und Thomas Sattelberger. Ebenso befand sich Johannes B. Kerner unter den positiv Getesteten.
Die Süddeutsche Zeitung nannte am 7.4. Boris Johnson, Prinz Charles, den EU-Brexit-Chefverhandler Michel Barnier, die spanische Vize-Ministerpräsidentin Carmen Calvo, Nicola Zingaretti, Vorsitzender des in Italien regierenden Partito Democratico und Andere.
Genug der Beispiele. Allen Genannten gemeinsam ist die Tatsache, daß keine nennenswerten Schädigungen durch die Infektion gemeldet wurden. Es ist zu vermuten (für anständige Menschen: zu hoffen), daß es den brasilianischen Politikern ähnlich ergehen wird.
Sie sollten für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, die sie den armen Teilen ihrer Bevölkerung, dem Regenwald und damit dem Weltklima antun. Sie müssten Rechenschaft darüber ablegen, warum das Virus wie in den USA die sozial Deklassierten am ehesten trifft, während sich Wohlhabende in Luxuswohnungen separieren können und sich – nicht nur dort – einen home-office-Arbeitsplatz leisten können. Die Empörung darüber, daß sie sich einem von reichen europäischen Staaten und ihren Virologen verordneten Lockdown nicht anschließen, ist scheinheilig.
Nach heutigem Stand (John Hopkins Universität) verzeichnet Brasilien die hohe Zahl von 101,68 Infizierten pro 10.000 Einwohner. Das ist auch die Größenordnung von Luxemburg (91,58). 11 Länder liegen über diesem Stand.
Die Zahl der "an und mit Corona Verstorbenen" liegt in Brasilien bei 38,45 Toten pro 100.000 Einwohnern. Darüber liegen Staaten wie Spanien, Italien, Belgien, Großbritannien, Schweden und Frankreich. Keines davon wird rechtsradikal regiert. Mit Ausnahme von Schweden gab es in ihnen einen rigiden Lockdown. Quelle
Was sind die wahrscheinlichen Auswirkungen?
Wenn wie zu erwarten Bolsonaro & Co. gesundheitlich glimpflich davonkommen, wird das Wasser auf die Mühlen der Komplettignoranten und Rechtsradikalen leiten.
Doch auch die vorsichtig Skeptischen in unserem Land werden sich in ihrem Mißtrauen gegen vermeintlich wissenschaftlich gestützte Panikszenarien bestärkt fühlen.
Wenn sich stabilisieren sollte, daß zumindest außerhalb Europas die wirtschaftlichen und sozialen Schäden des Lockdowns desaströser sind als die durch Corona verursachten, dann wird dies a) im "globalen Süden" zu einer verstärkten Skepsis gegenüber den von wohlhabenden Staaten verordneten Rezepten führen und b) weitere Migrationsströme auslösen.
Insofern bewirkt das Aufrechterhalten einer Panikstimmung einerseits einen garantierten Absatz der hochsubventionierten Impfstoffe und Testinstrumente und schafft den Spielraum, weitere Planspiele durchzuführen (dazu gehören die Riot-Bekämpfungsmaßnahmen von Stuttgart und Frankfurt). Andererseits ist dies in höchstem Maße destabilisierend in Hinblick auf mögliche Entwicklungen hin zu einer wenigstens etwas gerechteren Weltordnung.
Zusammengenommen haben wir es noch nicht einmal mit einer Strategie zu tun, den Kapitalismus als Gesellschaftsordnung zu stärken. Es scheint vielmehr so, daß zur Zeit die Fraktion der Weltkonzerne, die auf maximale Gewinne im Gesundheitssystem spekulieren, ihre Interessen gegen andere Sparten durchsetzen.
Den unteren Klassen könnte gleichgültig sein, ob ihre Lebensbedingungen wie in den Jahrzehnten zuvor durch die Erdöllobby, zuletzt die Automobilindustrie oder heute durch Pharmakonzerne zerstört werden. Das Ausmaß der Schäden sowie der Subventionierung, die sie zu bezahlen haben werden, läßt hoffen, daß die gegenwärtige Krise als Krise des Systems verstanden wird. Denn eines ist Corona zu verdanken: In jedwedem Zusammenhang wird schlagartig sichtbar, daß Ressourcen falsch eingesetzt werden, nämlich so, daß gesellschaftlich Notwendiges vernachlässigt wird, damit einige sehr wenige sehr mächtige KapitalbesitzerInnen ihre Renditen ins Unermeßliche steigern.
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)
Brasiliens Präsident Bolsonaro: Wurde negativ auf Coronavirus getestet.
https://www.rnd.de/politik/brasilien-bolsonaro-negativ-auf-corona-getestet-nach-eigenen-angaben-EV5PNPHTEWECZ5E6JY37QPXTCM.html