Die umstrittene elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist ein milliardenschweres Projekt, das von der gematik GmbH technisch realisiert wird.
Weil wie bei der Corona-App die Technik vorne und hinten nicht funktioniert und deshalb ÄrztInnen und TherapeutInnen nicht nur immense Kosten entstehen, den Praxen nicht zu handhabende Verpflichtungen für den ohnehin prekären Datenschutz auferlegt werden und die Bedenken seit Jahren weitgehend ignoriert werden, meutern nun mehrere Kassenärztliche Vereinigungen.
In einem Offenen Brief an den Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 14.7. erklären sie zur technischen Infrastruktur (Korrektur 16.7.: Telematik-Infrastruktur):
»Fakt ist, wir als Landesvorstände sind nicht mehr in der Lage, die TI mit ihrer inzwischen unendlichen Reihen von Pannen und Peinlichkeiten, verbunden mit einem Null-Nutzen, unseren Mitgliedern weiter zu vermitteln. Die ärztlichen und psychotherapeutischen Mitglieder in den unterzeichnenden KVen akzeptieren einfach die Rahmenbedingungen der TI-Ausgestaltung in der derzeitigen Form nicht mehr…
Leider fühlen wir uns in diesem Falle auch, trotz des an den KBV-Vorstand immer wieder ausgesprochenen Auftrags, den Prozess aktiv mitzugestalten, hier nicht mehr wirklich durch diesen vertreten.«
Sie betonen, daß die
»… Hardware, das Management durch die gematik, der Einfluss der Industrie, die politischen, gesetzgeberischen Rahmenbedingungen und auch die Rolle der KBV aber in keiner Weise mehr akzeptiert wird.«
Neben dem Kostenfaktor spielt eine Rolle:
»Die TI ist in den vergangenen Wochen langfristig ausgefallen, immer noch nicht in allen Bereichen wiederhergestellt. Die Kommunikation seitens der gematik war mehr als dürftig…
Es ist vorhersehbar, dass ein flächendeckendes Update angesichts der Protesthaltung der Ärzte nicht erreichbar sein wird und somit zum 01.01.2021 die Etablierung der eAU nicht in Kraft treten kann.
Seit nunmehr 2 Jahren erfolgt die Diskussion um eine Datenschutzfolgeabschätzung mit dem Ergebnis, dass sie immer noch nicht existent ist und die Ärzte mit TI-Anschluss letztendlich doch einem erheblichen Risiko ausgesetzt sind, für Probleme in der Datensicherheit gerade stehen zu müssen.«
Unterzeichner des Schreibens sind die Vorstandsvorsitzenden der KV Baden-Württemberg, Bayerns, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein, Saarland, Westfalen-Lippe, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.
Gematik
»Die Gesellschafter der Gematik sind das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Bundesärztekammer (BÄK), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Deutsche Apothekerverband (DAV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV).« Wikipedia
Mit dem Terminservicegesetz wurde am 11. Mai 2019 eine Mehrheit von 51% des Bundes zementiert. Nach der Ermächtigung zu Notstandsverordnungen im März stellt das einen weiteren Machtzuwachs für den Gesundheitsminister und eine Entdemokratisierung von Entscheidungsprozessen dar.
(Hervorhebungen nicht in den Originalen.)