Drosten-Dissertation: Zweifel wachsen

Die "Fakten-Checker" haben ja Recht. Es gibt eine Doktorarbeit von Christian Drosten. Sie hät­ten sich die Recherche spa­ren kön­nen, wenn sie hier nach­ge­le­sen hätten.

Ihre Checks ähneln sich. Es wird eine völ­lig absur­de Behauptung wider­legt ("D. hat gar kei­nen Dr.-Titel") und damit ist die wei­ter­füh­ren­de Frage, war­um es schwie­rig bis unmög­lich ist, die Dissertation zu lesen, ad acta gelegt. So beim sich links geben­den Volksverpetzer ("Echten Corona-Expert*innen wie Dr. Drosten oder der WHO glau­ben sie nicht" Quelle) oder auf mimi​ka​ma​.at ("Zuerst den­ken, dann klicken").

Unterdessen bleibt es dabei: Es gibt abseh­bar kei­nen Zugang zu den bei­den ein­zi­gen öffent­lich bereit­ge­stell­ten Exemplaren des Werks. Beide sind aus­ge­lie­hen, Vormerkungen nicht möglich.

Anfragen zur von der Universitätsbilbiothek Frankfurt vor­ge­se­he­nen Digitialisierung wur­den mehr­fach nega­tiv beschie­den. Das sei nur mög­lich, "wenn der Urheber oder die Urheberin bereits über 70 Jahren tot ist".

Das ist aus meh­re­ren Gründen Unfug. Die bei der Abfassung der Arbeit gül­ti­ge Promotionsordnung des Fachbereichs Humanmedizin der Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt am Main vom 3. April 1997 (Dank an einen Mitleser für die­se Info!) sieht für die Veröffentlichung vor:

»(1) Nach erfolg­rei­chem Abschluß des Prüfungsverfahrens hat der/die Doktorand/in unent­gelt­lich abzuliefern:
entweder
a) min­de­stens 30 Exemplare, jeweils in Buch- oder Photodruck zum Zwecke der Verbreitung oder
b) drei Exemplare, wenn die Veröffentlichung in einer Zeitschrift erfolgt ist
oder
c) drei Exemplare, wenn ein gewerb­li­cher Verleger die Verbreitung über den Buchhandel über­nimmt und eine Mindestauflage von 150 Exemplaren nach­ge­wie­sen wird und auf der Rückseite des Titelblatts die Veröffentlichung als Dissertation unter Angabe des Dissertationsorts aus­ge­wie­sen ist
oder
d) drei Exemplare in kopier­fä­hi­ger Maschinenschrift zusam­men mit der Mutterkopie und 30 wei­te­ren Kopien in Form von Mikrofiches.

(2) In den Fällen a) und d) über­trägt der/die Doktorand/in der Hochschule das Recht, wei­te­re Kopien von der Dissertation her­zu­stel­len und zu verbreiten. «

Das als ein­zi­ger Bestandteil der Dissertation ver­öf­fent­li­che Inhaltsverzeichnis legt nahe, daß es sich hier um den Punkt d) handelt.

Wenn nicht gra­vie­ren­de Fehler vor­lie­gen, besitzt die Bibliothek also drei Exemplare und 30 Kopien.

Auch eine Anfrage beim Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie des DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen gemein­nüt­zi­ge GmbH, dem Ort, an dem Drosten dem Inhaltsverzeichnis zufol­ge die Arbeit erstell­te, blieb erfolglos.

Inzwischen drängt sich die Frage auf: Gibt es in die­ser Dissertation etwas, das der Öffentlichkeit ver­bor­gen blei­ben soll?

10 Antworten auf „Drosten-Dissertation: Zweifel wachsen“

  1. Das Werk kann ein­ge­se­hen wer­den in der DNB Frankfurt

    http://d‑nb.info/1213667046

    Ansonsten hät­ten Sie sich vor­mer­ken las­sen kön­nen, als Sie den Artikel vom 26.6. geschrie­ben haben. Jetzt müs­sen Sie halt täg­lich nach­schaun, ob Sie sich vor­mer­ken las­sen kön­nen. Haben Sie es schon per Fernleihe ver­sucht? Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie sich son­der­lich schlau anstel­len. Einen (Uni-)Bibliotheksausweis braucht es schon.

    1. Ein net­ter Versuch!
      Wie Sie der MARC21-XML-und der BIBFRAME-Repräsentation des Datensatzes ent­neh­men kön­nen, wur­de der Titel am 14.7. hier eingestellt.

      Und ein­se­hen läßt sich die Arbeit auch hier nicht…

    2. Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Die Arbeit wird in Frankfurt bereit­ge­stellt und das hat der Author im Blog schon längst erklärt. Da ist die Arbeit aus­ge­lie­hen. Wenn Sie jemals eine Universitätsbibliothek benutzt hät­ten, dann wüss­ten Sie dass man nor­ma­ler­wei­se jeder­zeit vor­mer­ken kann. Fernleihe wird auch schwie­rig, da Uni Bibliotheken dank Corona geschlos­sen sind.

  2. LMAO dass die Arbeit jetzt x‑mal vor­ge­merkt ist, haben Sie doch sel­ber maß­geb­lich mit­ver­ur­sacht, mit dem gan­zen Getöse, das sie seit Wochen ver­an­stal­ten. Davor hat sich kein Mensch für die Arbeit inter­es­siert. Aber nein, das kann natür­lich nicht sein, das ist alles eine Verschwööööörung :)))

    1. Janet,
      wäre es nicht das Einfachste und wür­de jeden Gedanken an Verschwörung im Keime ersticken, wenn die UB rasch die 122 Seiten digi­ta­li­sier­te und zum Download zur Verfügung stellte?
      Ich wür­de es sogar auf mich neh­men, nach Frankfurt zu fah­ren, dort zu ver­su­chen, mir einen Bibliotheksausweis aus­stel­len zu las­sen und Einsicht in die Arbeit zu neh­men, wenn es denn wenig­stens mög­lich wäre, eine Vormerkung zu bestel­len. Leider ist aber auch die­ser Weg nicht möglich.
      Und ja, ich hät­te eigent­lich Besseres zu tun.

      1. Das Einfachste ist aber lei­der ein klein wenig ille­gal. Die UB darf nicht ein­fach ein urhe­ber­recht­lich geschütz­tes Werk ein­scan­nen. Und nein, das Weglassen von zwei bis vier Seiten genügt da nicht.

        Jede UB hat eine Grenze, bis zu der sie Vormerkungen annimmt. Normalerweise so drei bis fünf. Es macht ein­fach kei­nen Sinn, ein Buch für eine Rückgabe in 10 Monaten vor­zu­mer­ken. Wie gesagt, dass es so vie­le Vormerkungen gibt, haben Sie maß­geb­lich sich sel­ber zuzuschreiben :)) 

        Vielen Dank übri­gens für den Unterhaltungswert, ist wirk­lich inzwi­schen gro­ßes Komödiantenstadl, das Sie da veranstalten.

  3. Es dürf­te sich übri­gens ent­ge­gen ihrer Vermutung um Fall b) han­deln. Wie Sie rich­tig erkannt haben in Ihrem frü­he­ren Blog-Beitrag, sind aus der Diss drei Zeitschriftenartikel hervorgegangen.

    1. Ich fürch­te, da irren Sie. Die Dissertation ist in kei­ner Zeitschrift ver­öf­fent­licht worden.
      Das ver­öf­fent­lich­te Inhaltsverzeichnis sieht mir auch eher nach "kopier­fä­hi­ger Maschinenschrift" aus.

      1. Der Inhalt muss ver­öf­fent­licht sein. Diese Zeitschriftenartikel hat­ten Sie damals ja schon moniert, kom­plett mit impli­zi­ter Unterstellung, die Diss ent­hal­te kei­ne eigen­stän­di­gen Forschungsergebnisse.

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