15 Millionen mal wurde die Corona-Warn-App heruntergeladen. Wieviele User sie wirklich nutzen, ist unbekannt. Es dürften kaum mehr als 1% sein. Das RKI registrierte 165.934 "Anrufe bei der technischen Hotline und der Verifizierungshotline im Zeitraum 16. Juni bis 13. Juli 2020."
Es seien 513 Teletans für positive Testergebnisse ausgegeben worden. Das "bedeutet nicht, dass die Nutzerin/der Nutzer das Testergebnis auch in die App eingegeben hat."
Das würde im übrigen bedeuten: Wenn es 165.934 NutzerInnen gäbe und davon 513 positiv getestet wären, hätten wir es mit einer Infektionsquote von 0,3% zu tun.
SAP und Telekom erhalten für die App 68 Mio. € aus Steuergeldern.
Selbst für die wenigen User scheint so einiges nicht zu funktionieren.
Am 12.7. berichtete die Zeit:
»Wer sich in der Corona-Warn-App infiziert melden will, soll sein positives Testergebnis eigentlich in der App über einen QR-Code verifizieren können. Da die technischen und organisatorischen Voraussetzungen in den Laboren dafür aber oft noch nicht erfüllt sind, hat die Telekom-Tochter T‑Systems zusätzlich eine Telefonhotline eingerichtet. Über sie sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen, ob Anruferinnen und Anrufer tatsächlich getestet wurden…
Die Hotline von T‑Systems ist nicht nur kritisiert worden, weil sie ein teurer Behelfsprozess ist. In den Augen von Experten mangelt es ihr auch an Datensparsamkeit und sie ist fehleranfällig.«
Eine Betroffene schildert ihre langen Wartezeiten in der Hotline und ihren Frust bei dem Versuch, sich wieder gesund zu melden.
»Bei einem Test vor zwei Wochen konnte das Virus nicht mehr nachgewiesen werden. Nur gibt es ein Problem: Der App kann sie das nicht mitteilen. "Wenn ich die App aufmache, sagt sie mir: 'Bedenken Sie, Sie sind positiv getestet'", sagt Wolfinger. Bluetooth habe sie vorsichtshalber ausgeschaltet, damit niemand um sie herum die Warnung erhalte, dass er Kontakt mit einer Corona-Infizierten habe. Sie würde die App aber gerne weiter nutzen, auch für den Fall, dass sie nur kurz immun ist…
Auf Nachfrage heißt es vom Robert Koch-Institut (RKI): "Eine Gesundmeldung ist […] nicht möglich." Zurzeit gehe die Wissenschaft davon aus, dass bei korrektem Testergebnis nach der Genesung zunächst ein Schutz vor einer Neuinfektion bestehe. Aktuelle Studien untersuchten gerade, wie lange der anhalte. Personen, die ihr positives Testergebnis registriert hätten, könnten die Corona-Warn-App daher wieder löschen.
Die Smartphones von Corona-Infizierten tauschen bei Kontakt zwar weiter Schlüssel aus, doch die Kontakte erfahren scheinbar nichts davon. Wer den Status ändern wolle, könne die Corona-Warn-App über die Einstellungen zurücksetzen. So schreibt es das Bundesgesundheitsministerium. Es würden nur die Kontakte informiert, die bis zum Zeitpunkt der bestätigten Infektion erkannt würden. "Der Programmlogik lag dabei die Überlegung zugrunde, dass sich Personen mit einem positiven Test in häusliche Isolation begeben, sodass keine aufzuzeichnenden Begegnungen stattfinden."
Durchdacht wirkt diese Lösung nicht. Man kann sie auf die Kürze der Zeit schieben, in der die App entstanden ist. Während allerdings das FAQ auf der Seite der Corona-Warn-App um sämtliche mögliche Fehlermeldungen ergänzt wurde, fehlt ein Hinweis darauf, was Infizierte eigentlich machen sollen, wenn sie irgendwann wieder gesund sind. Auch auf der Website des RKI und der Bundesregierung sucht man vergeblich danach (Stand: 12. Juli 2020).
Und es ist paradox, wenn zwar weiter temporäre Schlüssel ausgetauscht werden, sobald sich ein Mensch über die App als infiziert meldet – aber die Personen, die mit ihm später in Kontakt standen, darüber möglicherweise nicht mehr informiert werden. Man sollte natürlich darauf hoffen, dass sich alle Infizierten an die Quarantäne halten. Schließlich wird die vom Gesundheitsamt vorgeschrieben, sobald man positiv getestet ist. Was aber, wenn jemand nach der Positiv-Registrierung in der App doch noch kurz zum Supermarkt läuft, um sich für die Zeit zu Hause mit Essen auszustatten? Oder wenn man zu einem Arzttermin muss? Kontakte, zu denen es dabei kommt, würden nichts von ihrem Risiko erfahren. Man würde erwarten, dass die Corona-Warn-App für solche Eventualitäten gerüstet ist.
Grundsätzlich setzt die App an vielen Stellen auf eigenverantwortliches Handeln ihrer Nutzerinnen und Nutzer. Darauf, dass sie sehr gut informiert sind – nicht nur über die Funktionsweise der App, sondern auch über das Gesundheitssystem in Deutschland und den aktuellen Stand zu empfehlenswertem Verhalten bei einer Sars-CoV-2-Infektion. Behörden und Ärzte sollen Menschen, die per App von einem Risikokontakt erfahren, nahelegen, zu Hause zu bleiben, verpflichtend ist das aber nicht. Tests werden zwar mehr oder weniger dringend empfohlen, doch eindeutig sind die Hinweise auch nicht. Die App verweist zwar an Gesundheitsämter, dort weiß man aber mit einer App-Warnung allein recht wenig zu raten. Bedeutet im Ergebnis: Der Erkrankte oder die Erkrankte muss ziemlich viel selbst entscheiden. Muss er die App selbst löschen oder zurücksetzen, um sie weiter nutzen zu können, ist dies eine Fortsetzung dieser Logik. Allerdings eine, von der sich manche Nutzerin der App auch schnell überfordert fühlen könnte.«
Auf welchen Geräten die App überhaupt nicht läuft, ist hier nachzulesen.