Die anderen wissenschaftlichen Beirater von "Veritas"

Wie in Beratungsstelle Veritas – wenn die Mutter ver­schwö­rungs­gläu­big wird, berich­tet, schie­ßen aller­or­ten angeb­li­che Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen für Menschen empor, die unter Aluhüten lei­den. Im genann­ten Beitrag wur­de über zwei Mitglieder eines Beirats zur "wis­sen­schaft­li­chen Begleitung" der vom Berliner Senat geför­der­ten Stelle infor­miert. Drei wei­te­re ste­hen aus. Einer ist Dr. Marius Raab vom Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie in Bamberg. Auf sei­ner Seite ver​schwoe​rung​.online fin­det man Gedanken, die gar nicht zu jener Beratungsstelle pas­sen wollen:

»Manche Theorien sind brand­ge­fähr­lich, weil sie gegen Minderheiten het­zen. Antisemitische—und in jüng­ster Zeit auch anti­is­lam­si­che [sic] — Theorien kon­stru­ie­ren mit meist haar­sträu­ben­den Behauptungen „Weltverschwörungen“ und lie­fern so einen Vorwand zur Verfolgung der Minderheit.

Die ande­re Seite ist aber: Manche Theorien benen­nen tat­säch­li­che Verschwörungen. Totalüberwachung? Autokonzerne, die vor­sätz­lich betrü­gen? Waffenlieferungen an tota­li­tä­re Regieme [sic]? Gepanschte Krebsmedikamente? Immer wie­der erfah­ren wir von Gruppen von Menschen (das kön­nen die Mitarbeiter einer Apotheke sein, aber auch ein Zusammenschluss der wich­tig­sten west­li­chen Geheimdienste mit ihren Regierungen), die im Geheimen am Werk sind. Bei den gro­ßen wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Skandalen gibt es meist schon Jahre vor dem offi­zi­el­len „Auffliegen“ der Affäre Menschen, die Indizien und Dokumente gesam­melt haben und die schon lan­ge öffent­lich gewarnt haben. Nur hat ihnen nie­mand zugehört. 

Eine nai­ve Verteidigung von Verschwörungstheorien und Verschwörungstheoretikern wäre also falsch. Eine pau­scha­le Ablehnung eben­so. Man muss schon genau­er hin­schau­en und sowohl die Theorien als auch die Menschen, die an sie glau­ben, unvor­ein­ge­nom­men betrach­ten. Als Psychologen wol­len wir dann ver­ste­hen, wann Menschen zu Verschwörungs-Erklärungen nei­gen. Welche Gedanken und Gefühle da im Spiel sind. Und wel­che Gemeinsamkeiten und Unterschiede all die Verschwörungstheorie-Spielarten aus­zeich­nen. Unvoreingenommen und kri­tisch zugleich stel­len wir uns dem Phänomen.«

Ja, es wird, qua­si als Leitgedanke, die­ses Zitat aufgeführt:

»Das Vorgefundene ein­fach hin­zu­neh­men, wie es ist; auch wenn es unge­wohnt, uner­war­tet, unlo­gisch, wider­sin­nig erscheint und unbe­zwei­fel­ten Annahmen oder ver­trau­ten Gedankengängen wider­spricht. Die Dinge selbst spre­chen zu las­sen, ohne Seitenblicke auf Bekanntes, frü­her Gelerntes, ‚Selbstverständliches‘, auf inhalt­li­ches Wissen, Forderungen der Logik, Voreingenommenheiten des Sprachgebrauchs und Lücken des Wortschatzes. Der Sache mit Ehrfurcht und Liebe gegen­über­zu­tre­ten, Zweifel und Mißtrauen aber gege­be­nen­falls zunächst vor allem gegen die Voraussetzungen und Begriffe zu rich­ten, mit denen man das Gegebene bis dahin zu fas­sen suchte.

Phänomenologisches Postulat von Wolfgang Metzger, „Psychologie“, 1954«

Es gibt ein Video von ihm, in dem er sein Verständnis von Verschwörungstheorie dar­legt: Trau kei­nem Experten – aber wem dann? Alexander Fischer/ Marius Raab (Skepkon 2018). Es beschreibt recht gut, wie die offi­zi­el­le Erzählung zu Corona funktioniert…


Die vier­te Person im Beirat ist Dipl.-Psych. Dorothee Scholz. Sie hat sich auf Verschwörungstheorien spe­zia­li­siert, ein Begriff, zu dem ich von ihr kei­ne Definition gefun­den habe. Allerdings hat sie sich 2018 in einem Sinne geäu­ßert, der eine Unterstützung der "Beratungsstelle" frag­wür­dig macht. In einem Interview ant­wor­tet sie auf die Frage

»[Es gibt] die Sorge, dass der Begriff „Verschwörungstheoretiker“ ein „Kampfbegriff“ wird, mit dem Dissens und kri­ti­sche Fragen unter­drückt wer­den sol­len. Sehen Sie die­se Gefahr eben­falls? Wird der Begriff „Verschwörungstheoretiker“ zu häu­fig verwendet?

Dipl.-Psych. Dorothee Scholz: Ob die Nutzung des Begriffs sinn­voll ist, hängt vom Kontext und Ziel der Verwendung ab. Zur Markierung bestimm­ter Phänomene in gesell­schaft­li­chen Analysen und im wis­sen­schaft­li­chen Bereich ist er abso­lut not­wen­dig. In gesell­schaft­li­chen Diskursen, die viel­leicht eine Deradikalisierung und Aufklärung bestimm­ter Bevölkerungsgruppen zum Ziel haben, wer­den sol­che Bezeichnungen eher als Stigmatisierung emp­fun­den und füh­ren zu noch tie­fe­ren Gräben zwi­schen den Fronten. Die als „Kampfbegriffe“ emp­fun­de­nen Bezeichnungen lösen dann auf bei­den Seiten auto­ma­ti­sier­te Reaktionen und Beißreflexe aus, die eine sach­li­che Themenverhandlung völ­lig blockie­ren. Zusätzlich wer­den Opfernarrative von Verschwörungstheoretikern bedient und der Abspaltungsprozess damit unwil­lent­lich unter­stützt.«
ufuq​.de (26.2.2018) – nicht unfug​.de 🙂


Der Letzte im Bunde ist Jan Skudlarek, der sich auf jans​kud​la​rek​.de vor­stellt als "Autor, Philosoph, Kneipengänger* *vor Corona  krisenschauspieler@​gmail.​com". Man liest dort weiter:

ȆBER CORONA, IMPFGEGNER UND DIE IMPFPFLICHT
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat mich zu einem Gespräch ein­ge­la­den zum Thema Corona, Impfgegner und Impfpflicht ein­ge­la­den. Im Dialog mit Bernhard Wurzer argu­men­tier­te ich klar für eine Impfpflicht. Dennoch die Befürchtung „es wer­den Menschen lau­ter wer­den, aggres­si­ver, schlimm­sten­falls gewalttätiger".

DIE WAHRHEIT UND ANDERE LÜGEN
Lügen, Wahrheit und Wahrhaftigkeit sind die Themen des Textes, den ich für das Festival Magazin des Davos Festival geschrie­ben habe.«
jans​kud​la​rek​.de

Das wird sicher­lich eine ergeb­nis­of­fe­ne Beratung beför­dern… Das Davos Festival wird nicht vom World Economic Forum aus­ge­rich­tet, klingt in dem Zusammenhang aber auch interessant:

»Das 37. DAVOS FESTIVAL wid­met sich dem Motto «Flunkern» und betritt den schma­len Grat zwi­schen Wahrheit und Lüge. Es fin­det vom 6. bis 20. August 2022 statt.«
davos​fe​sti​val​.ch

In sei­nem genann­ten Text für das Festival bekennt Skudlarek:

»Als ein Fussballspiel auf­grund einer Bombendrohung abge­sagt wer­den muss­te, ver­wei­ger­te Herr de Maizière, von Journalisten auf kon­kre­te Informationen zur Bedrohungslage ange­spro­chen, die wei­te­re Auskunf mit dem spä­ter berühm­ten Satz «Teile mei­ner Antwort wür­den die Bevölkerung beun­ru­hi­gen». Selbstverständlich war es dann die­se aus­wei­chen­de Antwort auf der Metaebene, die die Bevölkerung mehr beun­ru­hig­te, als jede tat­säch­li­che Bedrohungslage es je getan häte – jede:r konn­te die kryp­ti­schen Worte des Innenministers mit eige­nen Schreckensvorstellungen fül­len. Als eine Empörungs- und Angstwelle über den Innenminister her­ein­brach, war es bereits zu spät für eine Korrektur in Form einer Notlüge. 

Es scheint: Manchmal ist ein biss­chen Flunkern okay. Ein biss­chen Unaufrichtigkeit wird erwar­tet und mit­ein­kal­ku­liert [sic]. Und in beson­de­ren Fällen rich­tet die Wahrheit viel mehr Schaden an als die Notlüge.«

Der Mann (* 1986) hat sich eine Wikipedia-Seite schrei­ben las­sen, auf der etwas über sein "Leben und Wirken" zu erfah­ren ist.

5 Antworten auf „Die anderen wissenschaftlichen Beirater von "Veritas"“

  1. Verschwörungstheorien? Echt jetzt?
    Ich wäre gespannt, zu erfah­ren, was besag­te "Beirater_innen" zu d e n Fakten sagen, die Thomas Röper in sei­nem gera­de erschie­nen Buch "Inside Corona" zusam­men­ge­tra­gen hat! Bye, Bye, ihr Tiefschläfer! Oder wisst ihr nicht, was Korruption ist?

  2. Die Psychiaterin Melitta Breznik hat das Schicksal ihrer von den Nazis im Sinne der Eugenik ermor­de­ten Großmutter beschrie­ben, wel­che über das "Umstellformat" der Nazis schi­zo­phren wur­de. Auch mei­ne als Kind Kriegstraumatisierte und von den Nazis ver­folg­te Mutter ist über ihre unver­ar­bei­te­ten Traumata schi­zo­phren und dement gewor­den, wie so vie­le ihrer Altersgenossinnen denen ich im Heim begeg­net bin. Auch Hölderlin flüch­te­te sich in sei­nen Turm, ver­folgt von den Nazis sei­ner Zeit. Und so erle­ben wir aktu­ell wie­der ein "Umstellformat" in eine Neue Normalität, model­liert von Pseudowissenschaftlern und Eugenikerin (heu­te Bioethik genannt) damals wie heu­te. AA hat mit die­sem Blog sei­ne Schreibtherapie gefun­den. Danke, dass wir dar­an teil­ha­ben dürfen.

    https://​www​.deutsch​land​funk​kul​tur​.de/​p​s​y​c​h​i​a​t​e​r​i​n​-​u​n​d​-​a​u​t​o​r​i​n​-​m​e​l​i​t​t​a​-​b​r​e​z​n​i​k​-​d​i​e​-​h​e​i​l​e​n​d​e​-​k​r​a​f​t​-​1​0​0​.​h​tml

  3. Ist ja herz­lich… Der gute Dr. Raab hält Vorträge auf der Skepkon. Da hät­te man eigent­lich auch direkt bei einem gewis­sen impres­sums­lo­sen Wiki nach Bewerbern suchen können.

    Nebenbei @aa, weils mir gera­de auf­ge­fal­len ist: Der "scharf lin­ke" scheint genau da abge­schrie­ben zu haben. Bzw aus dem dor­ti­gen Eintrag zum Corona Ausschuss. Du sel­ber hast keinen.

  4. Einer von acht Tipps der In-jektio-Veritas-Stelle:
    „Zeigen Sie sich empa­thisch, offen und ver­ständ­nis­voll, anstatt von vorn­her­ein kon­fron­ta­tiv eine kla­re Position zu bezie­hen. Wird man als mögliche*r Gegner*in der eige­nen Überzeugung wahr­ge­nom­men, erschwert dies jedes Gespräch. Hat Ihr Gegenüber jedoch den Eindruck, dass Sie ver­su­chen, sie*ihn zu ver­ste­hen und bereit sind, einen Schritt auf sie*ihn zuzu­ma­chen, ist sie*er viel eher bereit, sich auf Sie einzulassen.“

    Und über ein dort bera­ten­des Wesen ist zu erfahren:
    „A. M. hat Pädagogik, Soziologie und Erwachsenenbildung stu­diert und eine Weiterbildung in klient*innenzentrierter Beratung und Gesprächsführung abgeschlossen.“

    Die Verschwörungspraktiker bei Veritas soll­te man zügig über das Genderitisvirus auf­klä­ren. Wird gegen Letzteres schon eine Impfung entwickelt?

  5. Eigentlich ist es eine Verschwörungstheorie, den Maßnahmengegnern uni­so­no Verschwörungstheorien zu unter­stel­len. Ich habe gro­ße Mühe, die Verschwörungstheorien zu fin­den und zu repli­zie­ren. Ich lese coro​dok​.de, reit​schu​ster​.de, ach​gut​.com, tichys​e​inblick​.de, coro​na​-blog​.net und tkp​.at. Dann nut­ze ich noch diver­se Podcasts wie Milena Preradovic und Paul Brandenburg. Unter ande­rem habe ich die Telegrammkanäle von Prof. Hockertz und Beater Bahner abon­niert. Verschwörungstheorien sind mir da nicht vorgekommen.

    Natürlich sind man­che Gäste im Corona-Ausschuss frag­wür­dig, aber ich kann das kri­tisch ein­ord­nen. Meister Füllmich nimmt da hof­fent­lich auch nicht alles für bare Münze.

    Mit Verschwörung erklä­re ich mir das Desaster auch nicht. Ich erklä­re es mir mit Dummheit, mas­sen­psy­cho­lo­gen Effekten, Interessenskonflikten, einer Medienkrise und macht­po­li­ti­scher Taktik. Ich bin der Meinung, im April 2020 wur­de der Abzweig ver­passt, zu ver­laut­ba­ren: "Leute, es ist nicht so schlimm. Habt kei­ne Angst. Wir been­den alle Maßnahmen." Es ist eine macht­po­li­ti­sche Pfadabhängigkeit, denn die­sen Zeitpunkt kann kein Politiker mehr ohne macht­po­li­ti­sche Schrammen die Normalität wie­der her­stel­len. Mittlerweile hat man sich der­art hin­ein­ge­stei­gert, dass eigent­lich sämt­li­che Politiker der erste Reihe in Deutschland (und in vie­len ande­ren Ländern) zurück­tre­ten müssen.

    Ein Problem in Deutschland ist es auch, dass vie­le Politiker nicht mehr trau­en, ihre Standpunkte dar­zu­le­gen. Man macht es abhän­gig, was die AfD sagt und hält auto­ma­tisch das Gegenteil für rich­tig. Lange vor Corona habe ich einem Freund am Telefon gesagt: Ich wür­de der AfD zu viel Macht geben, wenn ich erst schau­te, was die AfD so sagt, um bloß nicht mit ihr in Verbindung gebracht zu wer­den. Diese Anti-AfD-Ding ist sozu­sa­gen der Treibstoff für grup­pen­dy­na­mi­sche Effekte inner­halb der media­len und poli­ti­schen Kaste. Nur weni­ge ste­hen kom­plett drü­ber, wie Sahra Wagenknecht bei­spiels­wei­se, auch wenn ihr Verein mäch­tig hyperventiliert.

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