Das Versagen weiter Teile der organisierten Linken bei der Verteidigung demokratischer Rechte wie dem, sich zu politischen Demonstrationen zu versammeln, führt zu immer wüsteren Verleumdungen der Menschen, die sich diese Rechte nicht nehmen lassen.
Nur wenige kleinere linke Gruppen organisieren in diesen Tagen Aktionen, an denen sich Menschen beteiligen können und die rechten Rattenfängern keine Anschlußmöglichkeiten bieten. So etwa zur Solidarität mit den Flüchtlingen in europäischen Lagern oder gegen die immer unzumutbareren Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Pflege und anderen Gesundheitseinrichtungen.
Der "linke Mainstream" aus taz, ND und junger Welt überschlägt sich statt dessen mit Diffamierungen. Jüngstes Beispiel ist ein Artikel in der heutigen jW, der allein an seiner Wortwahl erkennen läßt, daß Mindestregeln des Journalismus keine Rolle spielen:
Da wurden die Kundgebungen am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin "losgetreten", der veranstaltende Verein gibt sich einen "anmaßenden Namen" (lustig, wenn alte Männer sowas in einer "jungen Welt" schreiben), es "dominiert ein alternatives Milieu, das auch Esoteriker, Impfgegner, christliche Fundamentalisten und offenkundig Verwirrte umfasst". Faschisten "scheinen tonangebend zu sein" – zuvor zählt der Autor in der Tat eine Handvoll Nazis auf, die sich unter den nach seinen Angaben rund 1000 Menschen befunden haben. (Üblicherweise übernimmt das Blatt nicht vorbehaltlos die Polizeiangaben.)
Dann die Horrorvorstellung eines jeden Nicht-Berliners: "eine dichtgedrängte Menschenmenge ohne Schutzmasken". Ist doch gar nicht erlaubt! Allerdings ist das ein inzwischen nicht unübliches Bild in Berliner Parks und vielen anderen Städten. In der Millionenstadt haben 127 mit Corona verstorbene Menschen offenbar nicht mehr das gewünschte Einschüchterungspotential:
Link zum Stand 28.4.
"Auf Plakaten wurden dort einschlägige Feindbilder benannt: der als Strippenzieher und Profiteur hinter Corona vermutete US-Multimilliardär Bill Gates…"
Da lohnte sich genaueres Hinsehen. Dumm und plumpes Verschwörerdenken wäre es, Bill Gates auszumachen als jemanden, der heimlich in China ein Virus aussetzt, um noch mehr Anteil an der Weltherrschaft zu erlangen als er ohnehin hat.
Linker Journalismus würde aber doch zulassen, Fragen zu stellen. Etwa wie die von medico international, ob dessen Finanzierung der WHO und der Johns-Hopkins-Universität purer Altruismus ist. Nichts ist in der jungen Welt davon zu lesen, daß Biontech, die Firma, die in Deutschland Impfstoffe entwickeln soll, mit dutzenden Millionen von Gates finanziert wird – nicht als Spende, sondern als Investment, genau wie das anderer Pharmakonzerne. (Vgl. dazu Wer finanziert die WHO?, Wer ist Biontech?, Impfstoff: Profit vor Sicherheit?)
Reichlich an der Wahrheit vorbeigeschrammt auch diese "Information":
"Faschistische Kräfte versuchen auch in anderen Städten, den Unmut von Teilen der Bevölkerung über die Coronaeindämmungsmaßnahmen für Proteste gegen das »Merkel-Regime« und die Vorbereitung eines »Tag X« – den erhofften Umsturz – zu instrumentalisieren. So fanden Kundgebungen in Stuttgart, Frankfurt am Main, Hamburg, Kassel, Chemnitz und weiteren Städten statt. Hier ging die Initiative anders als in Berlin überwiegend von Anfang an von Rechten aus."
Keiner dieser Fälle wird belegt, eine Netzrecherche ergibt dazu nichts. Einzige Ausnahme: ein Artikel in der HNA über Kassel. Link In Chemnitz versammelten sich ca. 300 Menschen bei einer Aktion der rechten Pro-Chemnitz-Bewegung. Hier hatten Linke zu Protesten aufgerufen. Link und Link
Einen Überblick mit Quellen zu Aktionen am Wochenende gibt es dagegen hier.
Der jW-Artikel ist hier zu finden. Ob auch diesmal kritsche Leserbriefe wieder verschwinden werden wie in anderen Fällen zum Corona-Thema, bleibt abzuwarten.
Noch einmal:
Wer ernsthaft für den Erhalt von Grundrechten kämpfen will, darf sich nicht mit Nazis einlassen. Wenn die Veranstalter das nicht gewährleisten können, muß man sie kritisieren. Wer allerdings als Linker keine Angebote unterbreitet, wie solidarisch und ohne rechte Demagogen gegen den obrigkeitstaatlichen Abbau von Grundrechten protestiert werden kann, macht sich im besten Fall unglaubwürdig.