»In Hannover ist mehreren Eilanträgen gegen die nächtliche Ausgangssperre stattgegeben worden. Es bestünden "Bedenken, ob die Anordnung der Ausgangssperre verhältnismäßig sei", erklärte die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover. Die Region Hannover hatte verfügt, dass im Zeitraum vom 1. April bis einschließlich 12. April das Verlassen des Hauses jeweils von 22 Uhr bis 5 Uhr nur bei triftigen Gründen erlaubt sei.
Die Kammer betonte, dass angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen nicht "das Ob" weitergehender infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen in Frage stehe, sondern allein die Wahl des Mittels der nächtlichen Ausgangsbeschränkung geprüft worden sei. Die Entscheidung des Gerichts gilt vorerst nur für die Antragsteller. Diese sind nun von der nächtlichen Ausgangssperre ausgenommen. Die Region Hannover kann gegen das Urteil Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.«
tagesschau.de (2.4.)
Wie sind solche Urteile eigentlich zu bewerten?
"Die Entscheidung des Gerichts gilt vorerst nur für die Antragsteller. Diese sind nun von der nächtlichen Ausgangssperre ausgenommen."
Wie läuft sowas praktisch? Haben alle Kontrolleure von Polizei, Ordnungsamt und Denunziantenbürgern eine Liste aller Maßnahmen und er zugehörigen Menschen mit gerichtlich festgestellten Ausnahmen? Ist das DSGVO-konform? Muß man das Gerichtsurteil immer mitführen? Wird das genauso akzeptiert wie ein Maskenattest? Muß man irgend ein Symbol an der Kleidung tragen, das einen als Ausnahme ausweist?
Das liegt auch am miserablen deutschen Verwaltungs(gerichts)recht. Die überprüfen nur Einzelfälle. Auch wenn das gerade bei Verordnungen oder Allgemeinverfügungen wenig bis gar keinen Sinn macht. Normenkontrollklagen, die unmittelbare Wirkung gegenüber allen entfalten, sind nur eingeschränkt (über die OVGe oder Landesverfassungsgerichte) möglich. Einige Länder schieben dem auch noch zusätzliche Riegel vor.
Wenn wir die Zeit hätten, müssten wir auch dringend mal eine Diskussion darüber führen, inwiefern die Praxis der inzwischen bestimmt mehr als Tausend Verordnungen und Allgemeinverfügungen mit dem Rechtsstaatsgebot des GG vereinbar ist. Es nützt niemandem etwas, wenn irgendein Oberverwaltungs- oder Verfassungsgericht in ein paar Jahren urteilen würde, dass das alles verfassungswidrig gewesen wäre. Mit effektivem Rechtsschutz hat das nichts zu tun; vor allem dann, wenn die Gerichte in den (sowieso unzureichenden) Eilverfahren im Zweifel immer für die Exekutive – und nicht den Kläger entscheiden. Eine Praxis, die jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt.
Es steht aber natürlich trotzdem jedem frei, sich gegenüber der Büttelei auf jene Urteile der 1. Instanz zu berufen. Und sie an §§ 344 oder 239, 240 StGB zu erinnern.
@DS-pektiven;
Das sehe ich genauso. Wir erleben gerade jeden Tag, dass einer exzessiv agierenden Exekutive kaum mit juristischen Mitteln beizukommen ist.
Wenn z. B. das Bautzner OVG einfach so festlegt, dass ein Rachen- oder Nasenabstrich kein körperlicher Eingriff sein soll, oder wenn sich die Gerichte immer wieder auf die (wie allgemein bekannt) statistisch wertlosen, weil nicht ins Verhältnis gesetzten "Infektionszahlen" aka Inzidenzen berufen ist der von staatlicher Willkür betroffene Bürger am Ende mit seinem Latein.
Bleibt am Ende (wahrscheinlich) nur geduldiger, hartnäckiger ziviler Ungehorsam.