Über "möglicherweise interessengeleitete Studien, über Lobbyismus und Berater" wird gesprochen in einem Artikel auf berliner-zeitung.de vom 22.1. mit obigem Titel. Es ist zu lesen:
»Deutschland, 2020: Während der Corona-Pandemie gehen 21 Krankenhäuser vom Netz. In diesem Jahr folgen weitere. Wie kann das sein?
BerlinDienstagabend, kurz vor zehn Uhr. Die Kanzlerin gibt eine Pressekonferenz. Elf Stunden hat Angela Merkel mit den Spitzen der Bundesländer verhandelt. Jetzt sitzt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller zu ihrer Linken, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zur Rechten. Merkel wirkt hellwach, als sie erklärt, warum der Lockdown hierzulande verlängert und verschärft werden muss. Sie sagt: „Es geht also um Vorsorge.“
Ein paradoxes Szenario ist derzeit in Deutschland zu beobachten. Corona droht, das Gesundheitswesen in die Knie zu zwingen. Neue Gefahr zieht auf in Gestalt von Mutationen des Virus. Immer größere Einschränkungen werden den Bürgern auferlegt, um einen Kollaps abzuwenden. Planbare Eingriffe müssen verschoben werden, um Betten für Corona-Patienten freizuhalten. Intensivstationen sind am Limit. Die Berliner Krankenhausgesellschaft schlägt Alarm. Es fehlt an Fachkräften, das vorhandene Personal ist chronisch erschöpft, das Klagen groß.
Gleichzeitig aber werden in Deutschland Krankenhäuser geschlossen, und kaum jemand nimmt davon Notiz. Mitten in der Pandemie werden Kapazitäten abgebaut, während der Mangel in täglichen Bulletins beklagt wird. Kapazitäten, die helfen würden, der zerstörerischen Kraft des Virus effektiver zu begegnen. Kapazitäten, die den Kennziffern der medialen Debatte etwas entgegensetzen könnten, den Todesraten, den Inzidenzen.
2020, im Jahr eins des Corona-Zeitalters, wurden 21 Kliniken deutschlandweit vom Netz genommen. Von 30 weiteren Krankenhäusern ist bekannt, dass ihnen die Schließung droht oder ihr Aus schon abgemachte Sache ist. Der Abbau hat in den zurückliegenden Jahren an Fahrt aufgenommen. 1991 gab es im gerade vereinten Land 2411 Kliniken, 2018 waren es 1925, zwölf Monate später nur noch 1914 Krankenhäuser in Deutschland.
Das Kliniksterben ist politisch gewollt, wird empfohlen von Gesundheitsökonomen und befeuert von ihren Gutachten. Ein bundesweiter Fonds über bis zu 750 Millionen Euro jährlich fördert die Konzentration auf große Standorte. Noch Ende Februar des vergangenen Jahres hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu mehr Mut bei Krankenhausschließungen geraten. Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach (SPD) hielt 2019 einen Abbau der Kapazitäten grundsätzlich für richtig.
Damals kommentierte Lauterbach eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die sich dafür aussprach, den Bestand an Kliniken in Deutschland auf etwa 600 große Versorger herunterzufahren…
Unabhängig von der Pandemie genießen die privaten Krankenhausbetreiber Privilegien. „Sie dürfen Abteilungen schließen, wenn diese nicht rentabel sind, was dann allerdings Lücken in die Versorgung reißt“, sagt der ehemalige Klinikchef Emmerich. „Sie können Synergien nutzen, die den kommunalen Trägern verwehrt bleiben. Sie können zum Beispiel mit ihren Klinikküchen auch externe Alten- und Pflegeheime beliefern.“
Die drei großen privaten Anbieter in Deutschland heißen Helios, Sana und Asklepios. Asklepios fusionierte im Juli 2020 mit den Rhön-Kliniken. Zum Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken gehörte Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung. Diese Personalunion wurde im Sommer 2019 in deutschen Medien vereinzelt diskutiert. Mögliche Interessenkonflikte schloss die Bertelsmann-Stiftung indes aus, sie teilte mit: „Wir empfehlen nicht, bestimmte Kliniken zu schließen, sondern wir schlagen eine generelle Neuordnung der Krankenhausstruktur in Deutschland vor.“ Mohn gehört dem Aufsichtsrat nicht mehr an.
Immerhin, die Debatte über möglicherweise interessengeleitete Studien, über Lobbyismus und Berater wurde geführt. Still und leise dagegen sterben nun Kliniken mitten in der Corona-Krise. „Meine große Befürchtung ist“, sagt Emmerich, „dass die Helden des Frühjahrs ganz schnell vergessen sein werden, wenn die Pandemie vorbei ist.“ Jene von den Balkonen der Republik beklatschten Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte, das Klinikpersonal von der Laborantin bis zur Raumpflegerin. „Dann heißt es: Wir haben nach den umfassenden Corona-Hilfsmaßnahmen kein Geld mehr, wir müssen überlegen, wofür wir es ausgeben. Für die kleinen Kliniken wohl eher nicht.“«
Danke für den Link aus einem Kommentar zum Kliniksterben!
Hier nochmals die fortlaufende Liste geschlossener Krankenhäuser https://www.mydrg.de/kliniksterben/index.html
Das war ein Link (von weiteren) aus den Kommentaren zum Blogeintrag
https://www.corodok.de/kliniksterben-in-deutschland/ vom 31. 12. 2020.