Noch'n Korn

Ein Körnchen Wahrheit im Sandhaufen der Lügen war hier vom "Tagesspiegel" berich­tet wor­den. Auch ein "ARD-fak­ten­fin­der" gibt am 2.9. auf tages​schau​.de zu bedenken:

»Geimpfte und Ungeimpfte
Zahlen-Chaos bei Inzidenzberechnung

Haben Ungeimpfte ein 14 Mal höhe­res Risiko, an Covid-19 zu erkran­ken als Geimpfte? Diesen Eindruck ver­mit­teln die Inzidenzwerte, die Bayern ver­öf­fent­licht. Doch es gibt Schwächen bei der Berechnung.«

Seriöserweise hät­te hier ein Fragezeichen hingehört:

»14 Mal so viele Neuinfektionen bei Ungeimpften

Bayern und Baden-Württemberg wei­sen als ein­zi­ge Bundesländer mitt­ler­wei­le die Sieben-Tages-Inzidenz auch getrennt nach Geimpften und Ungeimpften aus. Auch Hamburg und Bremen haben das in der ver­gan­ge­nen Woche getan, aber schnell wie­der ver­wor­fen. Denn die Berechnung wirft eini­ge Fragen auf.

Bayern, das die getrenn­ten Zahlen ein­mal wöchent­lich aktua­li­siert, weist aktu­ell (Stand 01.09.2021) bei Ungeimpften eine Sieben-Tages-Inzidenz von 158,75 aus, bei voll­stän­dig Geimpften von 11,27. Ungeimpfte sind dem­nach der­zeit 14 Mal so oft von Corona-Infektionen betrof­fen wie Geimpfte. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Inzidenz für Bayern am Stichtag mit 69,8 an.

Bei der Berechnung wer­den die Meldefälle der ver­gan­ge­nen sie­ben Tage nach Impfstatus unter­teilt. Diese wer­den dann den Bevölkerungszahlen für Geimpfte und Ungeimpfte aus dem Digitalen Impfmonitoring des RKI gegenübergestellt.

"Teil-Geimpfte" werden nicht erfasst

Ein Teil der Neuinfektionen wird bei der getrenn­ten Auswertung aber gar nicht erfasst, wie das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) gegen­über tages​schau​.de erklär­te. Denn wer zwar bereits geimpft ist, aber noch nicht als voll­stän­dig geimpft gilt, fällt bei einer Neuinfektion durchs Raster.

Vollständig geimpft sind Menschen erst, wenn die letz­te erfor­der­li­che Impfung 14 Tage zurück­liegt – also am 15. Tag. Wer bei­spiels­wei­se die Erstimpfung mit dem Impfstoff AstraZeneca bekom­men hat, muss bis zu zwölf Wochen bis zur Zweitimpfung und dann noch zwei wei­te­re Wochen bis zum voll­stän­di­gen Impfschutz warten.

Zahlen-Chaos in Hamburg

Hamburg hat die Inzidenzwerte ledig­lich ein­mal getrennt nach Geimpften und Ungeimpften aus­ge­wie­sen – als die bun­des­weit bis­lang ein­ma­li­ge 2G-Option (Zutritt nur für Geimpfte und Genesene) beschlos­sen wur­de. In der Pressemitteilung der Sozialbehörde hieß es:

"Bezogen auf die Gesamtbevölkerung liegt die Sieben-Tage-Inzidenz unter Personen mit einem Impfschutz gegen Covid-19 bei 3,36; bei Ungeimpften liegt die­ser Wert bei 78,12."

"Bezogen auf die Gesamtbevölkerung" ergibt die Inzidenz jedoch wenig Sinn. Sinnvoller wäre es eher, die Inzidenz (von 3,36) im Verhältnis zu den jewei­li­gen Gruppen (rund 60 Prozent Geimpfte und rund 33 Prozent Ungeimpfte) zu set­zen, so wie es Bayern macht. Ob die berech­ne­ten Werte stim­men, lässt sich auch nicht über­prü­fen, da die abso­lu­ten Zahlen der Neuinfektionen in Hamburg nicht getrennt nach Geimpften und Ungeimpften aus­ge­wie­sen wurden.

Und es gibt noch ein Problem bei der Berechnung der Werte: Die Angaben zu geimpf­ten und unge­impf­ten Infizierten wer­den von den Gesundheitsämtern anony­mi­siert an das Infektionsepidemiologische Landeszentrum, das Institut für Hygiene und Umwelt, über­mit­telt, wie die Hamburger Sozialbehörde auf Anfrage von tages​schau​.de mit­teil­te. "Gegenwärtig gibt es unter­schied­li­che Werte bzw. Betrachtungsweisen in ver­schie­de­nen Kommunen und Bundesländern zu den Inzidenzen, die sich alle begrün­den und ver­tre­ten lassen."…«

3 Antworten auf „Noch'n Korn“

  1. Die wich­tig­ste und gra­vie­rend­ste "Schwäche" in der Berechnung die­ses Unfugs wird natür­lich unter­schla­gen: Man ver­gleicht die "Inzidenz" einer Bevölkerungsgruppe, die prak­tisch von allen Testpflichten befreit ist, mit der einer ande­ren Bevölkerungsgruppe, die sich, wenn sie wei­ter­hin am öffent­li­chen Leben teil­neh­men möch­te, per­ma­nent anlass­los Tests unter­zie­hen muss. Selbstverständlich und logi­scher­wei­se haben letz­te­re einer höhe­re Inzidenz. Sie haben ja eine ungleich höhe­re Chance, als "infi­ziert" detek­tiert zu wer­den als Geimpfte. Dabei ist ein gro­ßer Teil von ihnen auch völ­lig sym­ptom­frei, wäh­rend Geimpfte, wenn über­haupt, nur dann in der Statistik auf­schla­gen, wenn sie Symptome ent­wickeln und dann ent­we­der blöd genug sind, um einen Corona-Test zu machen, oder auf ärzt­li­che Hilfe ange­wie­sen sind. 

    Zu behaup­ten, dass eine sol­che Statistik ohne jede Aussagekraft ist, wäre daher noch deut­lich unter­trie­ben. Das ist schlicht Schwachsinn und aber­mals ein durch­schau­ba­rer Versuch, die Impfung wirk­sa­mer daste­hen zu las­sen, als sie ist, und die Ungeimpften durch plum­pe Irreführung zur Impfung zu treiben. 

    Das Beruhigende ist: Beide Intentionen wer­den sich an der Realität blamieren.

    1. @A.U.
      "Das Beruhigende ist: Beide Intentionen wer­den sich an der Realität blamieren."
      Das haben sie zwar schon, aber es nützt nichts.
      So gut wie jedes reli­giö­se Dogma hat sich schließ­lich "an der Realität blamiert".
      Trotzdem wur­den Hexen und Ketzer ver­brannt, Ungläubige aus der Gesellschaft aus­ge­schlos­sen und/oder ob der ihnen dro­hen­den, ewi­gen Verdammnis besten­falls bemitleidet.
      Aktuelle Analogien dazu sind klar erkennbar.
      Wenn in, na, 40 Jahren (viel­leicht) dar­über gelacht wird, dann habe zumin­dest ich sicher nichts mehr davon.
      Und das ist kei­nes­falls beruhigend.

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