Offener Brief an Partei-Chefs: Wissenschaftler-Gruppe fordert neues Corona-Konzept

»Der Medizin-Statistiker Gerd Antes und der Virologe Klaus Stöhr for­dern kurz vor der Wahl zusam­men mit rund 100 Ärzten, Juristen und ande­ren Antworten zur Corona-Strategie und die Zeit danach. FOCUS Online doku­men­tiert ihren Offenen Brief im Wortlaut.

Zahlen-Chaos bei Behörden, "ver­schwun­de­ne" Intensivbetten, Unklarheit über die Aussagekraft von Corona-Schnelltests: Die Corona-Pandemie hat einen ziem­li­chen Daten-Salat hin­ter­las­sen. Dennoch wur­den etwa mit Inzidenz-Zahlen zeit­wei­se mas­si­ve Grundrechts-Einschränkungen bis hin zu Ausgangssperren gerecht­fer­tigt. Das Bundesverfassungsgerecht wird wahr­schein­lich im Spätherbst dar­über ent­schei­den, ob das alles ver­fas­sungs­ge­mäß war.

Parteien sollen Corona-Strategie offenlegen

Auf man­che Kritikpunkte von Experten – etwa bei der Inzidenz – hat die Bundesregierung mitt­ler­wei­le reagiert, auf ande­re nicht. Eine Reihe hoch­ka­rä­ti­ger Wissenschaftler und Mediziner, Rechtsexperten sowie eini­ge Prominente aus Kultur und Medien haben jetzt einen Offenen Brief an alle gro­ßen im Bundestag ver­tre­te­nen demo­kra­ti­schen Parteien geschrieben.

Deren Vorsitzende sol­len dem­nach offen­le­gen, wel­che Strategien sie zur Bewältigung der Corona-Krise haben – und für die Schadensbegrenzung in der Zeit danach. Dabei geht es um die wirt­schaft­li­chen, gesund­heit­li­chen und gesell­schaft­li­chen Folgen, die die Pandemie, aber auch die Corona-Maßnahmen verursachen…

FOCUS Online doku­men­tiert im Folgenden den Brief im Wortlaut.

"Offener Brief an die Vorsitzenden der SPDCDUCSUFDP, Linke und Bündnis90/Die Grünen

Sehr geehr­te Damen und Herren Vorsitzende,

kurz vor der Bundestagswahl gewin­nen wir den Eindruck, dass Corona im Wahlkampf kein Thema ist. In den Parteiprogrammen ver­mis­sen wir Konkretes. Als Wählerinnen und Wähler dür­fen wir von den Parteien Konzepte für die zukünf­ti­ge Corona-Politik einer Bundesregierung erwar­ten. Es wird eine zen­tra­le Aufgabe der neu­en Bundesregierung sein, die gesell­schaft­li­chen Folgen der Pandemie zu bewältigen.

Corona war für die mei­sten Bürgerinnen und Bürger ein tie­fer Einschnitt. Das öffent­li­che Leben ist seit März 2020 durch eine Vielzahl von Einschränkungen geprägt. Schulen, Universitäten, Gaststätten, Theater und vie­le ande­re Einrichtungen blie­ben lan­ge Zeit geschlos­sen. Die sozia­len, see­li­schen und wirt­schaft­li­chen Folgen wie­gen schwer.

Wir erwar­ten von den Parteien Antworten auf die drän­gend­sten Fragen der Corona-Politik (Wahlprüfsteine):

    • Expertenrat: Welche kon­kre­ten Maßnahmen plant Ihre Partei, dass die künf­ti­ge Corona-Politik beglei­tet wird durch einen Expertenrat, der sich aus allen betrof­fe­nen Disziplinen zusam­men­setzt: Expertinnen und Experten aus Medizin, Statistik, Virologie und Epidemiologie, aber auch Soziologie, Verhaltenspsychologie, Pädagogik, Kultur, Ökonomie, Politologie sowie Juristinnen und Juristen?
    • Institutionen: Wie sieht die Anerkennung und der öffent­li­che Respekt Ihrer Partei vor der Arbeit der STIKO als gesetz­lich man­da­tier­ter Kommission aus, wenn dem Impfen eine zen­tra­le Funktion bei der Bewältigung der Pandemie zukommt? Warum ist das Robert-Koch-Institut – anders als bei­spiels­wei­se die Datenschutzbehörden – kei­ne unab­hän­gi­ge Behörde, son­dern dem Bundesministerium für Gesundheit unterstellt?
    • Enquetekommission: Was tut Ihre Partei dafür, dass der näch­ste Bundestag eine Enquetekommission ein­setzt zur Untersuchung der Versäumnisse, die es bei der Bewältigung der Corona-Krise gege­ben hat und wei­ter­hin gibt, und zur Ausarbeitung von insti­tu­tio­nel­len, struk­tu­rel­len, gesund­heits- und rechts­po­li­ti­schen Vorschlägen für Reformen und Veränderungen?
    • Politik nach Inzidenzen: Welche kon­kre­ten Vorschläge hat Ihre Partei für Messwerte zur Beurteilung der Infektionsgefahren, die an die Stelle der star­ren „7‑Tage-Inzidenzen“ tre­ten? Wie kön­nen neue Bezugsgrößen kon­kret lauten?
    • Stufenplan: Welche Ideen hat Ihre Partei für einen Corona-Stufenplan mit mit­tel- und lang­fri­sti­gen Strategien zur Normalisierung des gesell­schaft­li­chen Lebens? Wie kann es gelin­gen, eine Politik zu ent­wickeln, deren Horizont über weni­ge Wochen hinausreicht?
    • Entschädigung: Welches Konzept hat Ihre Partei für eine gerech­te und trans­pa­ren­te Verteilung der finan­zi­el­len Lasten der Pandemie? Wie lässt sich ein dau­er­haf­ter Ausgleich schaf­fen zwi­schen Bürgern, die schwe­re finan­zi­el­le Einbußen hin­neh­men muss­ten, und Unternehmen, Beamten und Angestellten, die ein unge­schmä­ler­tes Einkommen hat­ten oder sogar wirt­schaft­lich von der Corona-Krise profitieren?
    • Kultur: Für Kulturschaffende ist die Corona-Krise ein tie­fer Einschnitt. Viele Künstlerinnen und Künstler konn­ten seit März 2020 kaum arbei­ten. Kultur wur­de dem Anschein nach als ver­zicht­ba­res Freizeitvergnügen ange­se­hen. Welches Konzept hat Ihre Partei für eine zukunfts­fe­ste Kulturlandschaft? Welche Lehren zieht Ihre Partei aus der Krise für eine bes­se­re sozia­le Absicherung von Kulturschaffenden und „Soloselbstständigen“?
    • Bürgerrechte: Welche Ideen für ein Konzept hat Ihre Partei, wie es sich ver­mei­den lässt, dass Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hin­ter ver­schlos­se­nen Türen Entscheidungen über Corona-Maßnahmen tref­fen, die tief in das Leben und in die Grundrechte der Bürger ein­grei­fen? Wie las­sen sich Transparenz, demo­kra­ti­sche Prozesse, öffent­li­che Kommunikation und ver­hält­nis­mä­ßi­ge Abwägungen bes­ser gewährleisten?

Corona wird mit der Bundestagswahl nicht ver­schwin­den. Und die wei­te­re Bewältigung der Krise wird eine der her­aus­ra­gen­den Aufgaben des neu­en Bundestags sein. Als Wählerinnen und Wähler erwar­ten wir kla­re Aussagen der Parteien zur Corona-Politik. Und wir erwar­ten alter­na­ti­ve und zukunfts­fä­hi­ge Vorschläge und Ideen zur Corona-Politik, damit wir nicht nur zwi­schen Personen, son­dern auch zwi­schen Ideen und Programmen wäh­len kön­nen. Die Bundestagswahl bie­tet die Gelegenheit einer Neuorientierung, die nur von den Parteien im Wettbewerb der Ideen aus­ge­hen kann.

Wir freu­en uns auf Ihre Ideen und Vorschläge, damit wir am 26. September 2021 auch bei der Corona-Politik eine ech­te Wahl haben.

Mit freund­li­chen Grüßen«

Auf der Seite fin­det sich auch die Liste der UnterstützerInnen.

21 Antworten auf „Offener Brief an Partei-Chefs: Wissenschaftler-Gruppe fordert neues Corona-Konzept“

  1. Bislang schien es als Strategie, kei­ne "Strategie" zu haben und sich in Unwissenheit ( s.Merkels Eklärung zur Funktion des PCR Testes!) und Lügennetzen zu verfangen.
    Ich plä­die­re für eine Art Volksabstimmung über die­se Punkte , noch vor der Wahl .

    1. Wird nicht pas­sie­ren. Und über das Ergebnis wäre ich mir auch mal nicht so sicher …
      Man muss mög­lichst vie­len Leuten aus sei­nem Umfeld klar machen, dass es hier Probleme gibt, die nicht als Verschwörungstheorien abzu­tun sind.
      Das geht nur mit sehr viel Geduld, Ruhe, Verständnis, Aufopferungsbereitschaft und Sachlichkeit. Gerade ange­sichts der ver­här­te­ten Fronten.

    1. Ist doch auch klar. "Wir pis­sen gegen den Wind" ist so eine genia­le Taktik, die kann man nicht ein­fach an eine ein­stel­li­ge Welle verschwenden.

  2. Wenn ich das Ergebnis vor­weg­neh­men darf:
    die back-stage-Planspieler haben längst Textbausteine in unbe­grenz­ter Zahl und in allen Sprachen der Welt auf Abruf vor­rä­tig. Der Rücklauf wird die Unterzeichner sehr zufrie­den­stel­len. Vielleicht springt ja noch ein Pöstchen für eini­ge von ihnen her­aus, denn von einem Untersuchungsausschuss, gar von recht­li­chen Konsequenzen für die Verantwortlichen in Fällen von vor­sätz­li­chen straf­ba­ren Handlungen zum Nachteil von Millionen von Bürger*Innen und zehn Tausenden von Unternehmen habe ich nichts gelesen.

    1. Dem kann ich nur zustim­men. Es macht über­haupt kei­nen Sinn, einen Brief an das Politbüro zu schicken; die ste­hen da eh unter Drogen.

      Die Betriebe der Auftraggeber soll­ten wir solan­ge bela­gern, bis die "Pandemie" endet. Wenn Microsoft in der EU dicht machen kann, dann ist der Bär los. Und wenn nicht, dann kom­men Apple, BlackRock, Google und Vanguard dran.

  3. Passend zum Schweigen der Parteien gibt es auf Wahl​-​o​-mat​.de zur Bundestagswahl zwar eine ein­zi­ge Frage zu Patenten auf Corona-Impfstoffe, aber kei­ne ein­zi­ge zur all­ge­mei­nen Corona-Politik und den Maßnahmen.

  4. Wenn ich sehe, wie ängst­lich die Menschen sind, und wie mora­lisch auf­ge­la­den das Tragen der Masken mitt­ler­wei­le ist, gehe ich nicht davon aus, dass sich das Leben schnell (oder abseh­bar) nor­ma­li­siert. Egal, wel­che Partei nach der Wahl am Ruder ist…
    Beispiel: im Urlaub in Deutschland sind mir immer wie­der Leute in Fußgängerzonen begeg­net, die mit Stolz ihren FFP2-Kaffeefilter im Gesicht spa­zie­ren tru­gen und sich an Hauswände drück­ten, wenn ich mich ihnen (unge­schützt!) auf einen Meter näher­te… (ich bin übri­gens gesund und im Vollbesitz mei­ner gei­sti­gen Kräfte).

    1. Du woll­test doch sicher "unmas­kiert" statt "unge­schuetzt" schrei­ben, oder? Denn bekannt­lich bie­ten die Masken kei­nen wirk­lich rele­van­ten Schutz (weder fuer den Traeger noch fuer ande­re) und der beste Schutz ist ein intak­tes Immunsystem, dem man not­falls auch noch mit hoch­do­sier­tem Vitam C und einem aus­rei­chend hohen Vitamin D Spiegel (und ande­ren Massnahmen wie z.B. Abhaertung) etwas hel­fen kann.

      1. @JürgenIlse, natür­lich. Ich war unmas­kiert. Aber in den Augen der Coronajünger*Innen war ich „unge­schützt“ und damit ein Gesundheitsrisiko für sie (wes­halb sie sich an Hauswände press­ten- sehr lustig übrigens…)

  5. Was für Versager! Was für ein elen­di­ges Theater!

    Der wich­tig­ste Punkt fehlt: Verbot der Zertifikate ("was auch immer Pass").

    Ich gehe davon aus, dass die Einführung der Zertifikate das Ziel die­ser "Pandemie" ist. Die Superreichen wol­len die Kontrolle über das Währungssystem und die Wirtschaft in allen Ländern der Welt behal­ten. Dafür haben die schon gan­ze Länder bombardiert.

    Was die Verfassung betrifft, brau­chen wir drin­gend (!) eine Änderung der Verfassung, die eine Änderung oder Außerkraftsetzung der Verfassung oder Teilen davon nur mit einer 2/3 Zustimmung aller wahl­be­rech­tig­ten Bürger (nicht zu ver­wech­seln mit 2/3 der abge­ge­be­nen Stimmen) zwin­gend for­dert. Damit kön­nen die Bürger (als Teil des Staates) sich vor den pro­sti­tu­ier­ten Verwaltern im Bundestag und den Helfershelfern im Bundesverfassungsgericht des Staatsapparats selbst schüt­zen. Wenn jemand kri­ti­sche Stimmen mit 3G, Masken oder son­sti­gem Terror unter­drücken will, dann kommt es eben nicht zur not­wen­di­gen Beteiligung von min­de­stens 2/3 der Wahlberechtigten.

    In einem Rechtsstaat wäre die "Pandemie" schon längst erledigt.

  6. Das Bundesverfassungsgerecht wird wahr­schein­lich im Spätherbst NICHT dar­über ent­schei­den, ob das alles ver­fas­sungs­ge­mäß war.

    WEIL näm­lich im Spätherbst wie­der Lockdown ist*, und dann wäre es unpassend.

    (* Klar, bin kein Prophet und irre mich gern. Aber ent­we­der so, oder die bis­he­ri­ge "Logik" wird ihre Herrschaft ver­lo­ren haben)

  7. " … haben jetzt einen Offenen Brief an alle GROSSEN im BUNDESTAG ver­tre­te­nen DEMOKRATISCHEN Parteien geschrieben."
    +
    "Offener Brief an die Vorsitzenden der SPD, CDU, CSU, FDP, Linke und Bündnis90/Die Grünen …"

    Also aus­ge­rech­net die Partei, die "Lockdown been­den und zurück zur alten Normalität" als Konzept hät­te, wird nicht adressiert.

    Im Bundestag ver­tre­ten? – check!
    Fraktionsgröße? – Platz 3 von sechs, check!
    demo­kra­tisch? – ähnelt pro­gram­ma­tisch der Union der 1980–2010er, nicht ver­bo­ten, auch kei­ne Verbotsverfahren ein­ge­lei­tet – check!

    Ehrlich, ich über­le­ge gera­de, zum Protestwähler zu werden …

  8. Vorhaben:
    Ich wer­de mich mor­gen qua­li­fi­ziert an die AfD wen­den mit dem Wunsch

    *) Sie mögen ein ver­ständ­li­cher­wei­se auf­ge­kom­me­nes Gefühl der Beleidigung hint­an­stel­len, und
    … Antes, G., Stöhr, K. et al. (2021) die auf­ge­wor­fe­nen Fragen sach­lich und aus­führ­lich beant­wor­ten, so als wären sie ange­fragt wor­den wie die übri­gen Fraktionen des BT auch. Es dürf­te nicht schwer sein, sich vom all­ge­mei­nen Ge-Eier (oder Abwesenheit der­sel­ben) wohl­tu­end abzuheben.

    Berücksichtigung der Notwendigkeit der Rückführung des InSG auf die Fassung prä-Corinna, das wäre noch ein Punkt, nach dem nicht gefragt wurde.

  9. Habe den offe­nen Brief unter­zeich­net mit Kommentar:

    "Sehr geehr­te Damen und Herren,
    Sie haben EINE Partei nicht nach einem Konzept zur Corona-Politik gefragt. 

    Das ver­wun­der­te mich zunächst, doch jetzt habe ich wohl begrif­fen, wie­so. Die Positionierung der dritt­größ­ten (nach neue­sten Umfragen künf­tig: zweit­größ­ten) Fraktion im Bundestag ist so klar und ein­deu­tig, dass danach nicht gefragt wer­den muss: Umgehende Aufhebung und Streichung der "epi­de­mi­schen Lage" aus dem Gesetz, Wiederherstellung der Normalität, kei­ne Impfüberredung oder gar ‑zwang.

    Dass muti­ge Menschen wie Sie – Mut muss man im der­zei­ti­gen hyste­ri­schen Diskurs haben, um sich so zu äußern wie Sie – einem Vorwurf der Kontaktschuld aus dem Weg gehen möch­ten, hielt ich doch für unwahrscheinlich."

    1. @Boris Büche: Da es um Hilfestellungen für eine Wahlentscheidung geht, war­um soll­ten klu­ge Menschen dabei eine Partei, die bestens mit einem Naziflügel aus­kom­men kann, in Betracht ziehen?

      1. @aa: Kluge Menschen mögen erkannt haben, dass Union/SPD/Grün/Links einen aus­ge­präg­ten tota­li­tär-pan­de­mi­sti­schen Flügel dul­den, und der FDP auch kei­ne Immunität gegen die Ideologie der "Church of Covid" zu atte­stie­ren ist.

        Wenn es Antes, Stöhr et al. nur um Hilfestellungen für eine Wahlentscheidung gin­ge, gäbe es kei­nen Grund, (noch) nicht im Bundestag ver­tre­te­ne Parteien und Vereinigungen im Anschreiben eben­falls unbe­rück­sich­tigt zu las­sen, oder die zwei, die mit frak­ti­ons­lo­sen Abgeordneten im BT bereits sitzen. 

        Mein Hintergedanke ist, eine Wahlentscheidung WEG vom eta­blier­ten Spektrum zu begün­sti­gen, wor­un­ter auch die Entscheidung zur demon­stra­ti­ven Nichtwahl zu ver­ste­hen wäre. Wichtig ist mir nicht, dass es der AfD zugu­te käme, son­dern dass die ande­ren NICHT profitieren.

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