Verwaltungsgerichtshof kippt nächtliche Ausgangssperre in Baden-Württemberg – Land will nun umsteuern

Dar­über berich­tet heu­te swr​.de:

»Der baden-würt­tem­ber­gi­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof (VGH) hat die coro­nabe­ding­ten nächt­li­chen Aus­gangs­be­schrän­kun­gen in Baden-Würt­tem­berg auf­ge­ho­ben. In einem am Mon­tag in Mann­heim ver­kün­de­ten unan­fecht­ba­ren Beschluss gaben die Rich­ter dem Eil­an­trag einer Frau aus Tübin­gen statt. Zum letz­ten Mal fin­det die Maß­nah­me dem­nach in der Nacht von Mitt­woch auf Don­ners­tag Anwendung.

Dem Beschluss zufol­ge ist die von 20 bis 5 Uhr gel­ten­de pau­scha­le Aus­gangs­sper­re wegen der erheb­lich ver­bes­ser­ten Pan­de­mie­la­ge nicht mehr ange­mes­sen. Man wer­de das Urteil selbst­ver­ständ­lich umset­zen "und es best­mög­lich und effek­tiv gestal­ten", sag­te Baden-Würt­tem­bergs Gesund­heits­mi­nis­ter Man­fred Lucha (Grü­ne) im SWR…

Das Land kün­dig­te dar­auf­hin an, nur noch für Coro­na-Hot­spots sol­che Maß­nah­men ergrei­fen zu wollen…

"Die­se Maß­nah­me war zu die­sem Zeit­punkt bis jetzt enorm hilf­reich und hat enorm gewirkt – die Anste­ckungs­zah­len deut­lich zu sen­ken“, sag­te der Gesund­heits­mi­nis­ter über die nächt­li­chen Aus­gangs­be­schrän­kun­gen. Im pri­va­ten Bereich habe es die meis­ten Über­tre­tun­gen gel­ten­der Regeln gege­ben, so Lucha.

Baden-Würt­tem­bergs Umwelt­mi­nis­ter Franz Unter­stel­ler (Grü­ne) bedau­er­te den Beschluss des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs: "Vor dem Hin­ter­grund der her­un­ter­ge­hen­den Zah­len ist sowas immer zu befürch­ten gewe­sen." Das wer­de nicht dazu bei­tra­gen, dass die Zah­len wei­ter sin­ken, so Untersteller…

Richter weisen Argumentation der Landesregierung zurück

Der 1. Senat argu­men­tiert, die Lan­des­re­ge­lung habe zuletzt die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nicht mehr erfüllt. Nach dem Infek­ti­ons­schutz­ge­setz sei­en Aus­gangs­be­schrän­kun­gen nur mög­lich, wenn ihr Unter­las­sen zu irgend­wel­chen Nach­tei­len in der Pan­de­mie­be­kämp­fung füh­re. Sie kämen nur dann in Betracht, wenn der Ver­zicht auf Aus­gangs­be­schrän­kun­gen – auch unter Berück­sich­ti­gung aller ande­ren ergrif­fe­nen Maß­nah­men – zu einer wesent­li­chen Ver­schlech­te­rung des Infek­ti­ons­ge­sche­hens füh­re. Die Mann­hei­mer Ver­wal­tungs­rich­ter wie­sen die Argu­men­ta­ti­on der Lan­des­re­gie­rung zurück, dass eine "ver­früh­te" Auf­he­bung der Aus­gangs­be­schrän­kun­gen die Gefahr eines erneu­ten expo­nen­ti­el­len Wachs­tums des Infek­ti­ons­ge­sche­hens ber­ge. Die­se Dar­stel­lung sei zu pau­schal und undifferenziert.

Zudem müs­se die Lan­des­re­gie­rung prü­fen, ob die­se Aus­gangs­be­schrän­kun­gen lan­des­weit ange­ord­net wer­den müss­ten oder ob dif­fe­ren­zier­te­re, am regio­na­len Infek­ti­ons­ge­sche­hen ori­en­tier­te Rege­lun­gen in Betracht kämen. Den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen habe das Land zuletzt – anders als Ende Dezem­ber und Mit­te Janu­ar, als Eil­an­trä­ge erfolg­los blie­ben – nicht mehr entsprochen…

Kretschmann wollte an Ausgangssperre festhalten

Noch vor rund zwei Wochen hat­te Baden-Würt­tem­bergs Minis­ter­prä­si­dent Win­fried Kret­sch­mann (Grü­ne) der For­de­rung von FDP-Frak­ti­ons­chef Rül­ke nach einer Locke­rung der Aus­gangs­be­schrän­kun­gen am Abend und in der Nacht eine Absa­ge erteilt. "Erfah­run­gen aus Öster­reich zei­gen, dass man nicht zu früh öff­nen darf", hat­te Kret­sch­mann gesagt. Des­we­gen wer­de man an der Aus­gangs­sper­re fest­hal­ten…«

12 Antworten auf „Verwaltungsgerichtshof kippt nächtliche Ausgangssperre in Baden-Württemberg – Land will nun umsteuern“

  1. Hier ein umfas­sen­der, immer wie­der erfor­der­li­cher Rück­blick auf die Grund­le­gung des heu­te und wohl noch sehr lan­ge aktu­el­len Irrsinns:

    http://​www​.barth​-engel​bart​.de/​?​p​=​2​2​6​136

    "coro­na unend­lich: was ist dran an der “Gel­ben Gefahr” oder Gates “Not Mis­siles! Microes!” ?"

    Man könn­te sagen: Wie aus 41 angeb­lich unge­wöhn­lich lun­gen­er­krank­ten Chi­ne­sen eine gefähr­li­che welt­wei­te Seu­che erdich­tet und insze­niert wur­de, inklu­si­ve Hell­se­her, Zau­be­rer und wohl­tä­tigs­ter Mäzene.

    "Ali­baba und die 40 Räu­ber" ist dage­gen eine blas­se Sto­ry, lite­ra­risch gesehen.

    1. Hat in Bawü eh kei­ne Sau inter­es­siert ob man Nachts raus durf­te. Bin die letz­ten 3 Mona­te so oft an die Poli­zei gera­ten, nie was bezahlt. Die waren hier sehr ent­spannt und wer­den froh sein wenn der Stumpf­sinn offi­zi­ell nen Ende hat.

  2. Die­ser Beschluss ist kein gro­ßer Fort­schritt, weil die Rich­ter sich wei­ter­hin wei­gern, die Grund­la­gen die­ses Blöd­sinns anzu­tas­ten. Und selbst wenn sie sich lang­fris­tig wider­spre­chen, schert sie das nicht im gerings­ten. Im Som­mer gab es eini­ge Beschlüs­se, bei denen eini­ge (u. a. Leh­rer) här­te­re "Maß­nah­men" gefor­dert hat­ten. Die wur­den auch abge­lehnt; weil es kei­nen Beleg dafür gebe, dass här­te­re "Maß­nah­men" über­haupt etwas brin­gen würden.

    Solan­ge kein ver­wal­tungs­ge­richt­li­ches Urteil kommt (was nicht pas­sie­ren wird, weil sie sich sonst selbst ver­leug­nen müss­ten), wel­ches die­sen Mist kom­plett als ver­fas­sungs­wid­rig bezeich­net, ist das nix ande­res, als eine gericht­li­che Haft­lo­cke­rung. Das sieht man ja auch dar­an, dass man nun auf der Kreis­ebe­ne wei­ter­ma­chen will.

  3. Dass wei­ter­hin, ohne es bewei­sen zu müs­sen, behaup­tet wer­den darf: "Die­se Maß­nah­me war zu die­sem Zeit­punkt bis jetzt enorm hilf­reich und hat enorm gewirkt – die Anste­ckungs­zah­len deut­lich zu sen­ken“ ist eher dreist.
    Nach Lek­tü­re des Urteils besteht ohne­hin kein beson­de­rer Grund zu Begeisterung:

    https://​ver​wal​tungs​ge​richts​hof​-baden​-wuert​tem​berg​.jus​tiz​-bw​.de/​p​b​/​,​L​d​e​/​S​t​a​r​t​s​e​i​t​e​/​M​e​d​i​e​n​/​C​o​r​o​n​a​-​V​e​r​o​r​d​n​u​n​g​_​+​N​a​e​c​h​t​l​i​c​h​e​+​A​u​s​g​a​n​g​b​e​s​c​h​r​a​e​n​k​u​n​g​e​n​+​a​b​+​D​o​n​n​e​r​s​t​a​g​+​a​u​s​s​e​r​+​V​o​l​l​z​u​g​_​+​E​r​f​o​l​g​r​e​i​c​h​e​r​+​E​i​l​a​n​t​r​a​g​+​g​e​g​e​n​+​C​o​r​o​n​a​-​V​e​r​o​r​d​n​u​n​g​/​?​L​I​S​T​P​A​G​E​=​1​2​1​3​200

    Gegen­über den Schreib­tisch­tä­te­rIn­nen, die das gan­ze ver­bockt haben, lässt man die gan­ze Mil­de des Geset­zes wal­ten, indem man trotz allem, teil­wei­se, deren töner­ner Argu­men­ta­ti­on folgt
    und
    das Gericht drückt sich (mit Hin­weis auf ein unter­ge­ord­ne­tes und mög­li­cher­wei­se ohne­hin grund­ge­setz­wid­ri­ges "Infek­ti­ons­schutz­ge­setz") davor, das Gan­ze gleich in toto zu kip­pen, gibt gar "Tipps", wie man das trotz­dem auf regio­na­ler Ebe­ne durch­zie­hen könn­te und gönnt damit den Schreib­tisch­tä­tern vol­le 4 Tage zur "Nach­bes­se­rung".
    Die "Gewal­ten­tei­lung" bei "uns" ähnelt der­zeit eher der in Nord­ko­rea oder Iran als dem, was ich in der Schu­le gelernt habe (abge­se­hen von: "Glau­be lie­ber an die Unschuld einer Hure als an die Unab­hän­gig­keit der Justiz")

    1. Man muss lei­der sagen, dass das in der Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit schon seit jeher üblich ist; nicht nur nach Füll­mich, Kar­pen­stein oder auch Jung­bluth ver­ste­hen sich die Ver­wal­tungs­ge­rich­te in der Tat als ver­län­ger­ter Arm der Ver­wal­tung und hel­fen die­ser – wenn es zu pein­lich wer­den wür­de – auch ger­ne mal aus, indem sie sich halb­wegs pas­sen­de Aus­flüch­te ausdenken.

      In die­sem Bereich wur­de der gera­de im Straf­recht gel­ten­de Rechts­grund­satz "im Zwei­fel für den Ange­klag­ten" lei­der grund­ge­setz­wid­rig ("Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve") für die Ver­wal­tung über­nom­men. Das heißt, obwohl sie für in die Grund­rech­te ein­schnei­den­de Rege­lun­gen beweis- und recht­fer­ti­gungs­pflich­tig ist, bekommt sie (gera­de bei Eil­ent­schei­dun­gen) stets im Zwei­fel Recht, auch wenn sie über über­haupt kei­ner­lei Bewei­se oder Bele­ge ver­fügt. Müss­te "im Zwei­fel für die Grund­rech­te" ent­schie­den wer­den, hät­te die­ser Putsch nie eine Chan­ce gehabt. Es ist über­haupt – und das sehen wir ja seit März 2020 – unheim­lich gefähr­lich, eine Exe­ku­ti­ve ange­sichts einer unkla­ren Situa­ti­on erst ein­mal freie Hand zu las­sen. Genau die­se Art von indi­rek­tem, inof­fi­zi­el­lem Not­stands­recht war im GG – aus guten Grün­den – nie vorgesehen.

    2. @Kassandro: "Dass wei­ter­hin, ohne es bewei­sen zu müs­sen, behaup­tet wer­den darf … " 

      Wir sind ein frei­es Land!
      Lügen fällt unter die ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Äuße­rungs­frei­heit, und es gibt nur weni­ge Berei­che, in denen zu lügen nicht nur unethisch, son­dern auch ille­gal ist:
      – im Geschäfts­ver­kehr (Betrug)
      – als Zeu­ge vor Gericht (Mein­eid)
      – in Bezug auf kon­kre­te Per­so­nen (Ver­leum­dung)
      – in Bezug auf weni­ge Men­schen­grup­pen (Volks­ver­het­zung);
      Beim letz­ten Punkt sehen sie schon: Kol­lek­tiv­schutz genie­ßen sehr weni­ge. Über die von Ihnen erwähn­ten "Huren" darf man z.B. schlecht reden wie der Tag lang ist. Über "die Jus­tiz" zum Glück auch.

      Ich fin­de es gut, das wir in die­ser Hin­sicht noch frei sind, und man einen Lüg­ner als Per­son so nen­nen darf, wenn es zutrifft. Soll­ten wir viel öfter tun!

  4. wenn's unzu­läs­sig ist, ist es eigent­lich ab sofort unzu­läs­sig. soll aber erst ab don­ners­tag gel­ten. das stei­gert die will­kür eigent­lich noch ein­mal. bis dahin kön­nen sie noch jede men­ge neue tests machen. dann haben sie viel­leicht wie­der die benö­tig­ten zah­len. wenn's nicht so gut läuft, halt nur 10 hot­spots statt einem bun­des­land. ist ja auch schon etwas.

  5. Mit dem "Prä­ven­ti­ons­pa­ra­do­xon", wird jedes Gegen­ar­gu­ment ent­kräf­tet und vor­ge­gau­kelt, die Aus­brei­tung des Virus mit den – wie auch immer gear­te­ten – repres­si­ven Maß­nah­men steu­ern zu können.
    Nur dar­auf stützt sich das auto­ri­tä­re Pan­de­mie- Regime, ohne Bewei­se und ent­ge­gen aller Vernunft.

    Bei die­sem selbst­ge­fäl­li­gen Nar­ra­tiv wür­den genaue­re Stu­di­en, die etwas ande­res bele­gen, stö­ren; also wer­den sol­che igno­riert, auch wenn sie von nam­haf­ten Wis­sen­schaft­lern (Ioann­idis &a.) kommen.
    Die simp­le Logik: Sin­ken die Fall­zah­len, haben die hoheit­lich ver­ord­ne­ten Maß­nah­men gegrif­fen, stei­gen sie jedoch, dann waren die Regeln nicht streng genug bzw. haben die poli­ti­schen Wider­sa­cher bzw. "Super­sprea­der", "Mas­ken­ver­wei­ge­rer" usw. gegen die strik­te Regel- Ein­hal­tung verstoßen.
    Die Sta­tis­ti­ken wer­den auch will­kür­lich inter­pre­tiert, so dass sie zum offi­zi­el­len Nar­ra­tiv pas­sen und dies belegen.
    Die ein­zi­ge Hoff­nung liegt jetzt bei den Gerich­ten und auf einem wach­sen­den Unmut und Miss­trau­en in der Bevölkerung!

  6. Mas­ken­pflicht, Kon­takt­re­geln, Aus­gangs­sper­ren: Wann das Ende der Grund­rechts­ein­grif­fe kom­men muss
    Gesund­heits­mi­nis­ter Spahn hat einen Schluss­punkt für die Coro­na-Beschrän­kun­gen mar­kiert. Auch Ver­wal­tungs­rich­ter sehen die Not­wen­dig­keit von neu­en Bewertungen.
    Mas­ken­pflicht, Kon­takt­be­schrän­kun­gen, Aus­gangs­sper­ren – zur Ein­däm­mung der Coro­na-Pan­de­mie sind die Grund­rech­te in Deutsch­land stark ein­ge­schränkt wor­den. Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) hat nun trotz stei­gen­der Infek­ti­ons­zah­len den mög­li­chen End­punkt der Ein­schrän­kun­gen mar­kiert. „Wenn das Impf­an­ge­bot voll­um­fäng­lich da ist und zugäng­lich war für jeden, dann ist das aus mei­ner Sicht auch das Ende der Grund­rechts­ein­grif­fe“, sag­te Spahn bei einer Online-Ver­an­stal­tung des Bun­des Deut­scher Ver­wal­tungs­rich­ter und Ver­wal­tungs­rich­te­rin­nen (BDVR) Ende ver­gan­ge­ner Woche.
    Quel­le: Handelsblatt
    https://​www​.han​dels​blatt​.com/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​c​o​r​o​n​a​-​v​o​r​s​c​h​r​i​f​t​e​n​-​m​a​s​k​e​n​p​f​l​i​c​h​t​-​k​o​n​t​a​k​t​r​e​g​e​l​n​-​a​u​s​g​a​n​g​s​s​p​e​r​r​e​n​-​w​a​n​n​-​d​a​s​-​e​n​d​e​-​d​e​r​-​g​r​u​n​d​r​e​c​h​t​s​e​i​n​g​r​i​f​f​e​-​k​o​m​m​e​n​-​m​u​s​s​/​2​7​0​4​8​0​6​2​.​h​tml

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