Wer das glaubt, ist doof

Alle, alle Medi­en plap­pern die dpa-Mel­dung vom 18.2.23 nach, hier zitiert nach welt​.de (im Wirt­schafts­teil, zustän­dig für sozia­len Zusammenhalt):

»Zustim­mung zum sozia­len Pflicht­jahr wächst – auch unter Jugendlichen

In Kri­sen­zei­ten steigt einer Umfra­ge zufol­ge die Zahl der Deut­schen, die jun­ge Men­schen für ein sozia­les Jahr in die Pflicht neh­men wol­len. So stimm­ten zwei Drit­tel (65 Pro­zent) der vom Ham­bur­ger Opa­schow­ski Insti­tut für Zukunfts­for­schung (OIZ) Befrag­ten dem Satz zu: „Für Jugend­li­che soll­te am Ende der Schul­zeit ein sozia­les Pflicht­jahr ein­ge­führt wer­den, um den sozia­len Zusam­men­halt zu för­dern und das Aus­ein­an­der­drif­ten der Gesell­schaft zu verhindern.“

Im Vor­kri­sen­jahr 2019 lag die Zustim­mung noch bei 37 Pro­zent. Auch unter den 14- bis 23-Jäh­ri­gen ver­dop­pel­te sich den Anga­ben zufol­ge der Zustim­mungs­wert nahe­zu von 22 Pro­zent auf 41 Pro­zent. Die mit 72 Pro­zent größ­te Zustim­mung für ein sozia­les Pflicht­jahr gab es dem­nach bei Gering­ver­die­nern mit einem Haus­halts­ein­kom­men von unter 1500 Euro sowie bei über 65-Jäh­ri­gen (76 Prozent)…

„Die anhal­ten­den Kri­sen­zei­ten ver­än­dern die Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­tens­wei­sen der Bevöl­ke­rung nach­hal­tig“, sag­te Insti­tuts­lei­ter Horst Opa­schow­ski der Deut­schen Pres­se-Agen­tur. Der Pflicht­ge­dan­ke erfah­re eine höhe­re Wert­schät­zung, da er mit per­sön­li­cher Her­aus­for­de­rung, gesell­schaft­li­cher Not­wen­dig­keit und Sinn­erfül­lung ver­bun­den sei…

Dabei sei ein dop­pel­ter Gewinn mög­lich: „für die Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung der Schul­ab­gän­ger und für die Zukunft des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halts“. Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, Kran­ken­häu­ser, Ret­tungs­diens­te, Kata­stro­phen­schutz, Rotes Kreuz und Tech­ni­sches Hilfs­werk könn­ten davon pro­fi­tie­ren.«

Opa Schow­ski hat sich das Mot­to "Re:vision" der Mün­che­ner Mili­ta­ris­ten­kon­fe­renz zu Her­zen genom­men. Revi­sio­nis­mus in Bezug auf den "Sozi­al­staat" ist ange­sagt, der Arbeits­dienst wird wie in fins­ters­ten Zei­ten ver­klärt zur Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung. Anstatt Fach­kräf­te aus­zu­bil­den und ordent­lich zu bezah­len, soll die Knu­te ein­ge­setzt werden.

Der Horst hät­te auch die Zustim­mung zu dem Satz erfra­gen kön­nen: "Die Quas­sel­bu­de Bun­des­tag soll­te auf­ge­löst und ein Füh­rer ein­ge­setzt wer­den, um den sozia­len Zusam­men­halt zu för­dern und das Aus­ein­an­der­drif­ten der Gesell­schaft zu ver­hin­dern." Er hät­te sicher auch dafür eine Zustim­mung model­lie­ren können.

„Corona verändert uns für immer!“

opa​schow​ski​.de

Wes Geis­tes Kind Opa­schow­ski ist, hat er am 2.1.23 in einem Inter­view auf augs​bur​ger​-all​ge​mei​ne​.de gezeigt:

»Opa­schow­skiEs zeich­net sich ein drei­fa­cher Wer­te­wan­del ab, den ich auf­grund mei­ner Unter­su­chun­gen ermit­telt habe: Ers­tens wird in den sub­jek­ti­ven Ein­stel­lun­gen der Deut­schen Frei­heit ohne Sicher­heit immer weni­ger wert. Ja, Sicher­heit – etwa inne­re oder sozia­le Sicher­heit – wird für vie­le sogar wich­ti­ger als Kli­ma­schutz. Zwei­tens sind inzwi­schen Nach­barn oft hilf­rei­cher als Freun­de. Das hat sich in der Coro­na-Kri­se gezeigt. Freun­de waren weit weg, aber Nach­barn sofort da und hal­fen. In vie­len Fäl­len. Und drit­tens ist die Ehe mit Trau­schein und Kin­dern für die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung inzwi­schen wie­der "das erstre­bens­wer­tes­te Lebens­mo­dell". Gesell­schaft­lich wird uns neben der Umwelt‑, Kli­ma- und Ener­gie­po­li­tik die Gesund­heits­vor­sor­ge und der Pfle­ge­not­stand wei­ter zu schaf­fen machen. Die sozia­le Ungleich­heit wächst, die Woh­nungs­not nimmt zu und eine dop­pel­te Armut, die Geld- und Kon­takt­ar­mut, brei­tet sich aus. Auf die­se Pro­ble­me reagiert die Bevöl­ke­rung mit einer posi­ti­ven Gegen­be­we­gung: Die Fami­lie wird der wich­tigs­te Lebens­in­halt. Die Freund­schaft zwi­schen den Gene­ra­tio­nen wächst. Und die posi­ti­ve Ein­stel­lung zum Leben über­wiegt. Die Men­schen wol­len unter allen Umstän­den wei­ter­hin opti­mis­tisch in ihre per­sön­li­che Zukunft schau­en.«

Aus sei­nem Profil:

de​.lin​ke​din​.com
focus​.de (11.1.21)

16 Antworten auf „Wer das glaubt, ist doof“

  1. Ja, stimmt. Vie­le Men­schen wer­den aber auch rei­cher, den­noch nicht glück­li­cher. Reich zu sein und trotz­dem unglück­lich, DAS muss quä­len, oder?

    Reich sein und trotz­dem irgend­wann ster­ben zu müs­sen, das tut weh. Mil­li­ar­dä­re haben die­sel­be bio­lo­gisch vor­ge­ge­be­ne Lebens­uhr wie arme Men­schen, even­tu­ell ein wenig län­ger, da sie sich das Leben ange­nehm machen kön­nen. Wenn auch nur vor­über­ge­hend. Doch im Durch­schnitt ist spä­tes­tens mit 120 Jah­ren auf die­ser Erde das Leben eines Men­schen zu Ende. Ab ca. 100 Jah­ren Lebens­zeit wird es dann auch für Mil­li­ar­dä­re sehr anstren­gend, noch zu jog­gen oder Trep­pen zu steigen.

    Vie­le Grüße,

    Opa und Oma Schowski

  2. Ach, guck an. Gera­de hat­te ich unter einem ande­ren Arti­kel dazu etwas kommentiert. 😉

    https://​www​.coro​dok​.de/​b​a​d​e​n​-​w​u​e​r​t​t​e​m​b​e​r​g​-​m​i​l​l​i​o​n​e​n​g​e​w​i​n​n​e​/​#​c​o​m​m​e​n​t​-​1​8​2​697

    Irgend­wie wider­sin­nig fin­de ich, dass auch die Zustim­mung unter den Jugend­li­chen zunimmt. Wie­so machen die dann nicht alle ein frei­wil­li­ges sozia­les Jahr? Anstatt zu befür­wor­ten, dass alle dazu ver­pflich­tet werden?

    Erin­nert mich ein wenig an jene Funk­tio­nä­re im medi­zi­ni­schen Bereich, die sich nur gegen die sek­to­ra­le Impf­pflicht aus­ge­spro­chen haben. Mit einer all­ge­mei­nen Impf­pflicht aber kei­ne Pro­ble­me gehabt hätten.

  3. irgend­was gibt es kri­ti­sches zum
    Opa­schow­ski … erin­ne­re mich nur gera­de nicht …

    aber nach 3 Jah­ren CM mit Kin­der­ein­sper­ren erle­ben wir jetzt ne Zynis­mus unglaub­li­chen Ausmaßes. .…
    schlim­mer geht immer!

  4. „Pflicht“(jahr) soll sozia­len Zusam­men­halt för­dern… und die Zustim­mung ist groß…. Also wenn das wirk­lich so ist, dann braucht es kei­ne Pflicht dann macht man es näm­lich frei­wil­lig. Wie eine Pflicht irgend­ein Zusam­men­halt för­dern kann ist mir auch leicht schlei­er­haft. Zum Zusam­men­halt durch Zwang ver­don­nert erregt zumin­dest bei mir einen ziem­lich gro­ßen Wider­wil­len. Gesell­schaft­li­che Not­wen­dig­keit und Sinn­erfül­lung ist eben­falls eine komi­sche Kom­bi­na­ti­on. Ganz abge­se­hen, dass Horst nicht sagt um wel­che gesell­schaft­li­chen Not­wen­dig­kei­ten es sich han­delt, ist eine „Not­wen­dig­keit“ eine Sache, die „irgend­wie gemacht wer­den muss“, also Pla­cke­rei bes­ten­falls not­wen­di­ges Übel. Sinn­erfül­lung (was immer das genau sein mag) wür­de für mich eher ins „Reich der Frei­heit“ gehö­ren, wo sich die Men­schen eben frei nach ihren Bedürf­nis­sen ent­fal­ten kön­nen und zwar jen­seits jeg­li­cher Not­wen­dig­keit. Das Horst dies nicht gemeint hat und Frei­heit von Not­wen­dig­keit weder auf dem Pro­gramm steht als auch nir­gend­wo mehr ver­spro­chen wird, hat Herr Asch­mon­eit mit dem Begriff Revi­sio­nis­mus gut auf den Punkt gebracht. Eben nicht Fort­schritt im Bewußt­sein der Frei­heit, son­dern mit Voll­dampf zurück in die Vor­mo­der­ne also Clan, Fami­lie und „dorf­ar­ti­ge Gemein­schaft“ ist laut Opa Host wie­der das erstre­bens­wer­te Lebens­mo­dell. Als Sah­ne­häub­chen wird zum Schluss auch noch die Armut als Glücks­brin­ger ver­edelt… Und AA hat abso­lut Recht: WER DAS GLAUBT IST DOOF!

    1. Wir wis­sen doch jetzt, wie das mit der Pflicht und der Frei­wil­lig­keit funk­tio­niert, laut einer zir­ka ein Jahr alten Aus­sa­ge eines belieb­ten, zukunfts­ori­en­tier­ten und umsich­ti­gen Poli­ti­kers, der mit sei­nem medi­zi­nisch außer­or­dent­li­chen Exper­ten­wis­sen ger­ne Pro­dukt­emp­feh­lun­gen von sich gibt. 

      Auch auch bei mir sträubt sich alles, wenn ich so etwas lese, höre oder sehe.

  5. Wie Zwangs­ar­beit, die übri­gens nach inter­na­tio­nal gül­ti­gem Recht ver­bo­ten ist, den gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt stär­ken kann, muss mal jemand erklä­ren. Davon abge­se­hen sieht man, was die Rechts­nor­men die­ser frei­heit­lich-kapi­ta­lis­ti­schen Grund­ord­nung, abge­se­hen vom frei­lich nicht expli­zit kodi­fi­zier­ten Recht auf Aus­beu­tung, wert sind. 

    Ich weiß, ich weiß: "Hät­te, hät­te Fahr­rad­ket­te." Aber ich wünsch­te, ich hät­te total­ver­wei­gert, statt den beque­men Weg zu gehen und nur den Mili­tär­dienst zu verweigern.

  6. Erquick­li­che Lebens­weis­hei­ten für reg­ne­ri­sche Tage:
    https://​www​.opa​schow​ski​.de/​b​i​o​g​r​a​p​h​i​e​-​u​n​d​-​w​e​r​d​e​g​a​ng/
    Na dann:
    "1. Womit haben Sie Ihr ers­tes Geld verdient?
    Mit dem Auf­stel­len von Kegeln auf der Kegelbahn.
    2. Und wofür haben Sie es ausgegeben?
    Für Cola und Kino. "
    (ver­ant­wor­tungs­los! In sei­nen mut­maß­li­chen "Pflicht­jahr", 1960+, konn­te er der Gesell­schaft aber sicher viel zurückgeben )

    "4. Was macht Ihnen Angst?
    Die man­gel­haf­te Zukunfts­fä­hig­keit von Poli­tik und Politikern.
    (…)
    8. Was wür­den Sie als Bun­des­kanz­ler sofort ändern?
    Das Den­ken in Legis­la­tur­pe­ri­oden durch Weit­sicht und Zukunfts­vor­sor­ge ersetzen."

    (In den 80ern lau­te­te der voll­stän­di­ge, angst­ma­chen­de Satz im pla­ka­ti­ven Titel
    https://www.sinus-institut.de/media-center/studien/5‑millionen-deutsche-wir-sollten-wieder-einen-fuehrer-haben
    so:
    "Wir soll­ten wie­der einen Füh­rer haben, der Deutsch­land zum Woh­le aller mit star­ker Hand regiert"
    Wär's mit "Weit­sicht und Zukunfts­vor­sor­ge" und ohne "wie­der" OK?)

  7. Soso, das OIZ hat also „Befra­gun­gen“ durch­ge­führt. ‑Kommt doch drauf an, wo man fragt. Ich kann mir vor­stel­len, dass in ein­schlä­gi­gen CSU-Krei­sen (bei der Gene­ra­ti­on 70+) genau die­se Mei­nung ver­tre­ten wird. Bei Jün­ge­ren glau­be ich das eher nicht. Wahr­schein­lich lief es so: als man ein paar Leu­te gefragt hat­te, wur­de das Ergeb­nis am PC „model­liert“; Ergebnis:„eindeutiger Bürgerwille“. -
    „ Und drit­tens ist die Ehe mit Trau­schein und Kin­dern für die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung inzwi­schen wie­der "das erstre­bens­wer­tes­te Lebens­mo­dell".“ Hat sich Herr Opa­schow­ski mal die Raten für Ehe­schlie­ßun­gen (https://​de​.sta​tis​ta​.com/​s​t​a​t​i​s​t​i​k​/​d​a​t​e​n​/​s​t​u​d​i​e​/​2​2​7​/​u​m​f​r​a​g​e​/​a​n​z​a​h​l​-​d​e​r​-​e​h​e​s​c​h​l​i​e​s​s​u​n​g​e​n​-​i​n​-​d​e​u​t​s​c​h​l​a​nd/ ) und die rela­tiv kon­stan­ten Schei­dungs­ra­ten der letz­ten Jah­re ange­schaut? Ca. jede drit­te Ehe wird geschie­den (https://​de​.sta​tis​ta​.com/​s​t​a​t​i​s​t​i​k​/​d​a​t​e​n​/​s​t​u​d​i​e​/​7​6​2​1​1​/​u​m​f​r​a​g​e​/​s​c​h​e​i​d​u​n​g​s​q​u​o​t​e​-​v​o​n​-​1​9​6​0​-​b​i​s​-​2​0​08/). Ich kann da kei­ne nach­hal­ti­ge Trend­wen­de erkennen.
    Im Übri­gen sind mir (okay, ich gebe zu: nicht reprä­sen­ta­tiv) mitt­ler­wei­le fast nur jun­ge Leu­te bekannt, die ohne Trau­schein, (aber ger­ne mit Kin­dern) zusammenleben.

  8. Arbeits­dienst hat in Deutsch­land eine lan­ge Tra­di­ti­on. Die vie­len Stein­brü­che ent­lang der Berg­stra­ße bis in den Oden­walt hin­ein zeu­gen davon.

  9. Von Prof. Opa­schow­skis Homepage:

    ‘„Ein Buch von Opa­schow­ski ist wie eine Ach­ter­bahn­fahrt: Man liest sich zunächst in freie, luf­ti­ge Höhen und saust dann mit Blick auf die Rea­li­tät wie­der in die Tie­fen gesell­schaft­li­cher Ver­wer­fun­gen. Den­noch löst man bei Opa­schow­ski immer wie­der eine Fahrkarte.“
    Süd­deut­sche Zei­tung (Peter Felixberger)’

    Grund­re­gel:
    Wenn eine Rezen­si­on so erbärm­lich geschrie­ben ist, wird das Buch, das sie lobt, auch erbärm­lich sein.

  10. "Der Horst hät­te auch die Zustim­mung zu dem Satz erfra­gen kön­nen: "Die Quas­sel­bu­de Bun­des­tag soll­te auf­ge­löst und ein Füh­rer ein­ge­setzt wer­den, um den sozia­len Zusam­men­halt zu för­dern und das Aus­ein­an­der­drif­ten der Gesell­schaft zu ver­hin­dern." Er hät­te sicher auch dafür eine Zustim­mung model­lie­ren können."

    Wie­so im Kon­junk­tiv? Läift doch. Heisst bloss "Pan­de­mie". War­um aus­ge­rech­net? Das weiss ver­mut­lich nicht mal die WHO.

    Blei­ben Sie gesund, mein CEO! 😉

  11. Beim Wehr­dienst soll­te man angeb­lich zum "Mann" wer­den. Im Nied­rig­lohn­sek­tor läge man dem "Steu­er­zah­ler" nicht auf der Tasche, heißt es. Hier ist es nun die Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung. Jede Form der Aus­beu­tung hat ihre Legende.

  12. Im Dezem­ber 2003 (!) schrieb ich in mei­ne Kolum­ne das Fol­gen­de hin­ein (Obacht, das wird etwas länger!):

    „Deutsch­land dei­ne Luder“ – mit die­ser mar­ki­gen Auf­for­de­rung bewirbt sich Deutsch­lands dümms­te Druck­schrift um eine aus­sichts­rei­che Posi­ti­on im Ren­nen um den Franz-Josef-Wag­ner-Pokal für den dümms­ten Satz in deut­scher Spra­che. Ehe ich mir Gedan­ken machen kann, wie man sei­ne „Luder“ „deutsch­lan­den“ könn­te, ob ich über­haupt „Luder“ besit­ze und wozu der gan­ze Vor­gang gut sein soll, ruft mein Lieb­lings­mensch aus tiefst getrof­fe­ner Redak­teurs­see­le dazwi­schen: „Fünf Tren­nun­gen hin­ter­ein­an­der! Da rol­len sich ja mei­ne Fuß­nä­gel auf!“ Gemeint ist nicht Bobs, Babs oder sons­ti­ges nutz­lo­ses Mil­lio­närs­ge­schwerl, son­dern nur – ein Text. In einer Zei­tung. Mit so was soll­te man sich gele­gent­lich beschäf­ti­gen, nicht nur über kryp­ti­sche Titel­sei­ten­be­feh­le rätseln!
    Zum Bei­spiel for­der­te kürz­lich im revo­lu­tio­nä­ren Kampf­blatt SZ der bekann­te Visio­när und Klas­sen­kämp­fer Hei­ner Geiß­ler (der schon vor dem Regie­rungs­wech­sel 1982 erkann­te: „Die vol­le Ver­ant­wor­tung für die unheil­vol­le Ent­wick­lung trägt die FDP!“) die umge­hen­de Abschaf­fung des Kapi­ta­lis­mus. Im sel­ben Blatt, sel­ber Tag: „Exper­ten leh­nen Fahr­ver­bo­te für Rechts­ra­di­ka­le ab“! Auch dies ver­nünf­tig – wie soll das buck­li­ge Glat­zen­pack zu Fuß jemals dahin kom­men, wo es hin­ge­hört (weit weg)? Ande­rer­seits ist in der viel­far­bi­gen Mei­nungs­pa­let­te auch Platz für Ewig­gest­ri­ge. So wird ein Herr namens Por­ter zitiert, „die Zwei­fel der Bevöl­ke­rung am kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tem” sei­en “noch immer nicht aus­ge­räumt.“ Nicht ein­mal die von Hei­ner Geiß­ler! wol­len wir dazwi­schen­grö­len, hä hä, aber der Por­ter schwallt schon wei­ter: „Man ver­sucht, das freie Wirt­schaf­ten zu behin­dern, um den Men­schen nicht weh zu tun. Dabei ist es genau umge­kehrt: Was gut ist für die Wirt­schaft, ist auch gut für die Gesell­schaft.“ Genau! Was gut ist für den Insek­ten­ver­nich­tungs­mit­tel­her­stel­ler, ist auch gut für Käfer, Schreck und Mil­be! Und die­ses gan­ze Kropp­zeug, das da über­all auf der Erde her­um­hun­gert und ‑jam­mert, das ist schließ­lich kein Mensch!
    Der ist viel­mehr Schwe­de: „In Schwe­den sind die jun­gen Leu­te mitt­ler­wei­le heiß dar­auf, Unter­neh­mer zu wer­den und viel Geld zu ver­die­nen. Es ist unglaub­lich, wie schnell sich die Men­ta­li­tät dort geän­dert hat.“ Herr Por­ter, der übri­gens von der Har­vard-Uni­ver­si­tät stammt (wo er in einer gerech­ten Welt den Staub aus den Ecken keh­ren dürf­te oder umge­kehrt), lobt immer­hin an Euro­pa im Gegen­satz zu den USA den „Aus­bil­dungs­stand“ und die „hohen Umwelt­stan­dards“. „Um so mehr“, läßt ihn die Süd­deut­sche genüß­lich sich selbst bloß­stel­len, „stel­le sich die Fra­ge, war­um Euro­pa bei der Wett­be­werbs­fä­hig­keit noch immer hin­ter­her­hin­ke.“ Weil es mit einem ordent­li­chen Wett­be­werb kei­ne „Umwelt“ mehr gibt viel­leicht? Ach was, ab ins Alt­pa­pier mit dem Kerl! (Har­vard! Man stel­le sich vor!)
    Ande­re geben sich nicht weni­ger Mühe: Sabi­ne Asgo­dom, trotz ihrem Namen nicht wei­ter bekann­te Teil­neh­me­rin einer „Podi­ums­dis­kus­si­on“ mit dem an sich schon aus­zeich­nungs­wür­di­gen The­ma „Arme Emma?“, sieht „das Jahr­zehnt der Weib­lich­keit bereits in vol­lem Gan­ge“. „Erfolg ist sexy“ lau­tet ihre Begrün­dung für die­ses Im-Gan­ge-Sehen. Zufäl­lig erfah­re ich tags dar­auf: So heißt auch Asgo­doms – logisch: – Buch, das recht­zei­tig zur „Podi­ums­dis­kus­si­on“ im Kabel-Ver­lag erschie­nen ist (der so heißt, weil sein Pro­gramm genau­so­gut spät­nach­mit­tags im gleich­na­mi­gen Fern­se­hen lau­fen könnte).
    Und für alle, denen dies noch nicht genügt, stellt ein „Frei­zeit­for­scher“ (das ist wahr­schein­lich jemand, der nur in sei­ner Frei­zeit forsch in der Gegend her­um exis­tiert) namens Opa­schew­ski (!) fest, die 18- bis 29jährigen woll­ten heut­zu­ta­ge „Arbeit nicht nur als Fron, son­dern auch als Fun erle­ben“. Das war frü­her bestimmt ganz anders; da mar­schier­ten Hee­re unzu­frie­de­ner Arbei­ter und Arbeits­wil­li­ger durch die Stra­ßen und for­der­ten laut­hals: „Wir wol­len Arbeit nur als Fron erle­ben! Laßt uns mit eurem Fun in Ruhe! Beu­tet uns gefäl­ligst anstän­dig aus!“

    Ich bit­te um Ver­zei­hung für das unmo­dern lan­ge Selbst­zi­tat. Ich woll­te nur zei­gen: In bald zwan­zig Jah­ren hat sich am Geis­tes­zu­stand der geis­ti­gen Füh­rer wenig ver­än­dert; am Namen höchs­tens ein Vokal (das war aber sicher ein Druck­feh­ler). Im Sep­tem­ber 2015 übri­gens zitier­te sel­bi­ge SZ (die den Typen zu so ziem­lich allem zitiert, was es gibt) den "Frei­zeit-" bzw. "Zukunfts­for­scher" so: "Was die jun­ge Gene­ra­ti­on sucht, ist viel Fun, wenig Ver­ein." Ach so: Der Mann ist 82; viel­leicht soll­te er mal sei­ne eige­ne Zukunft erforschen.

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