Wie war das noch… mit Montgomery und den Schmiergeldern

Was hat sich die Medienwelt auf­ge­regt 2009 über den Lobbyisten! Heute wird er wie Lauterbach, der jah­re­lang im Aufsichtsrat des pri­va­ten Rhön-Klinikums saß, als "Experte" rauf und run­ter zitiert.

tz​.de (18.9.09)

Am 17.9.09 war im "Spiegel" zu lesen (für die­se Zeit gibt es noch kei­ne doku­men­tier­ten Schmiergeldzahlungen der Gates-Stiftung für das Magazin):

»Ärzte-Lobbyist ver­tei­digt Schmiergeld für Mediziner

"Ein ganz nor­ma­les, natür­li­ches Verhalten": Mit die­sen Worten kom­men­tier­te der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, die Zahlungen des Pharmakonzerns Ratiopharm an Mediziner – ein kla­rer Widerspruch zur Berufsordnung der Ärzte in Deutschland…Pharmaunternehmen Ratiopharm syste­ma­tisch Ärzte mit Geld oder Geschenken dazu brach­te, die haus­ei­ge­nen Präparate bevor­zugt zu ver­ord­nen. Die Staatsanwaltschaft Ulm eröff­ne­te 3000 Ermittlungsverfahren, gab die mei­sten inzwi­schen aber an die ört­lich zustän­di­gen Staatsanwaltschaften ab.

In Frankfurt, Bochum, Bielefeld und Paderborn wur­den in den ver­gan­ge­nen Wochen die ersten 200 Verfahren ein­ge­stellt. Warum? Nicht weil die Staatsanwälte Zweifel an den Schmiergeldzahlungen hat­ten, son­dern weil sie der Meinung sind, dass sich ein nie­der­ge­las­se­ner Arzt als Freiberufler wegen der Annahme von Schmiergeld über­haupt nicht straf­bar machen kann. Andere Juristen sehen das ande­res. Aber die genann­ten Staatsanwälte stell­ten die Verfahren ein – und über­ga­ben sie gleich­zei­tig an die zustän­di­gen Landesärztekammern. Die Ärztekammern sind aber nicht fürs Strafrecht, son­dern nur fürs Berufsrecht zuständig.
Laut Berufsrecht ist die Annahme von Geld und Geschenken aber ein kla­rer Verstoß – was Frank-Ulrich Montgomery bei "Hart-aber-fair" ein­fach unter den Tisch fal­len ließ. In Paragraf 34 der Berufsordnung für Ärzte in Deutschland heißt es klipp und klar: "Ärzten ist es nicht gestat­tet, für die Verordnung von Arzneimitteln eine Vergütung oder ande­re Vorteile für sich oder Dritte zu for­dern, sich oder Dritten ver­spre­chen zu las­sen oder anzunehmen."…

Umso erstaun­li­cher die Reaktion Montgomerys – immer­hin einer der höch­sten Repräsentanten der deut­schen Ärzteschaft. Bei "Hart aber fair" stell­te er den Schmiergeld-Ärzten qua­si einen Freibrief aus, wört­lich sag­te er in der Sendung vom Mittwochabend: "Vor eini­gen Monaten (tat­säch­lich war es im November 2005, Anmerkung der Redaktion) hat eine gro­ße Zeitung behaup­tet, dass die Firma Ratiopharm Ärzte schmie­ren wür­de. 260 Ärzte soll­ten ange­zeigt wer­den (tat­säch­lich waren es 3000, Anmerkung der Redaktion). Die Staatsanwaltschaft hat in sämt­li­chen Fällen alle ein­ge­stellt (tat­säch­lich hat sie nur die ersten 200 Fälle ein­ge­stellt, Anmerkung der Redaktion), weil es nicht straf­bar war, was da geschah. Es war ein ganz nor­ma­les, natür­li­ches Verhalten."…«

Im Mai 2010 berich­te­te die "Süddeutsche Zeitung":

»Bestechung als System

… Die Justiz ermit­telt seit 2005 gegen Vertriebsmitarbeiter und Regionalleiter von Ratiopharm, weil die­se Ärzte durch Geschenke zum Betrug ange­stif­tet haben sol­len. Mit Geld- und Sachleistungen sol­len die Vertreter die Mediziner dazu gebracht haben, Ratiopharm-Produkte zu verschreiben…

Mit 3400 Verfahren lei­te­te die Ulmer Staatsanwaltschaft eine der bis­lang größ­ten Aktionen gegen die weit ver­brei­te­te Korruption zwi­schen Ärzten und Pharmaindustrie ein. Allerdings muss­te die Staatsanwaltschaft nun 600 Verfahren ein­stel­len, weil sie kei­ne oder nur gering­fü­gi­ge Schmiergeldzahlungen nach­wei­sen konnte.

Die betrof­fe­nen Mediziner hät­ten "maxi­mal 250 Euro von Ratiopharm kas­siert", sag­te Bischofberger. Die rest­li­chen 2800 schwe­rer wie­gen­den Fälle wür­den an die zustän­di­gen Staatsanwaltschaften im gan­zen Bundesgebiet überwiesen.

In Ulm wer­de auch gegen eini­ge lei­ten­de Angestellte von Ratiopharm ermit­telt, bestä­tig­te der Staatsanwalt…

Die beschlag­nahm­ten E‑Mails und die Aussagen der Außendienstmitarbeiter las­sen ein geziel­tes System der Bestechung erken­nen – wie es in der Generika-Branche jah­re­lang üblich war: Seit Mitte der 90er Jahre hat­te Ratiopharm dem­nach bun­des­weit über Außendienstmitarbeiter mit Ärzten gehei­me Vereinbarungen über Umsatzbeteiligungen abgeschlossen.

Diese hät­ten sich nach der Größe der Verschreibung gerich­tet, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. So hät­ten die Ärzte zwi­schen zwei und acht Prozent des Herstellerabgabepreises als Beteiligung erhal­ten. Solche Schmiergeldgeschäfte wer­den als Kickback-Zahlungen bezeichnet.

Zunächst sei­en die Mediziner mit Sachleistungen für ihre Praxen besto­chen wor­den, dar­un­ter Computer, Scanner, Drucker oder Kaffeemaschinen, berich­te­te der Staatsanwalt. Später sei die Bestechung direk­ter gewor­den, in den Arztpraxen sei­en dann Barschecks über­reicht worden.

Zur Tarnung hät­ten die Ärzte ange­ge­ben, Schulungen gege­ben und Vorträge gehal­ten zu haben – was nie der Fall war. Später sei­en die­se Umsatzbeteiligungen gegen­über den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) ver­schwie­gen wor­den, sag­te der Staatsanwalt. Das war Teil des Systems, denn die Kassenärztlichen Vereinigungen hät­ten den Ärzten anson­sten die Honorare gekürzt.«.

Montgomery hatte schon damals recht

Denn so ging die Sache aus: Im Dezember 2010 wur­de ein Arzt wegen Bestechlichkeit zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen ver­ur­teilt. Er soll ca. 10.000 Euro Schmiergeld ange­nom­men haben. Eine Außendienstmitarbeiterin von Ratiopharm erhielt die glei­che Strafe. (Quelle: fach​an​wael​te​-straf​recht​-pots​da​mer​-platz​.de)

Da aller­dings nicht nur das Bundesverfassungsgericht mit zuver­läs­si­gen und dem Profitsystem erge­be­nen RichterInnen besetzt wird, geschah 2012 dies:

»Ratiopharm-Boni waren keine Bestechung

Berlin – Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Bestechlichkeit von Ärzten geht ein jah­re­lan­ger Streit über das Verhältnis von Ärzten zu Pharmavertretern zu Ende. Im Fokus stand ein Vertriebskonzept des Generikakonzers Ratiopharm, bei dem Ärzte mit finan­zi­el­len Anreizen gelockt wur­den, die Produkte des Herstellers bevor­zugt zu ver­ord­nen. Der BGH hat nun ent­schie­den, dass dies straf­recht­lich nicht greif­bar ist…

Das Landgericht Hamburg hat­te jedoch einen Arzt und eine Pharmareferentin von Ratiopharm ver­ur­teilt. Der Mediziner hat­te für sein „Verordnungsmanagement“ für alle ver­schrie­be­nen Präparate eine Prämie von 5 Prozent des Herstellerabgabepreises erhalten.

Aus Sicht der Hamburger Richter war der Vertragsarzt als Beauftragter der Krankenkassen tätig – das Vertriebskonzept war dem­nach Bestechung im geschäft­li­chen Verkehr. Die Außendienstlerin hat­te das Urteil nicht hin­ge­nom­men und das Verfahren vor den BGH gebracht. Laut den ober­sten Zivilrichtern sind Ärzte weder Amtsträger noch Beauftragte der Kassen und kön­nen nicht wegen Bestechlichkeit belangt werden…

Strafen sind aktu­ell nur über die jewei­li­ge Berufsordnung mög­lich und kön­nen von Geldstrafen bis zum Verlust der Approbation füh­ren. Während sich die Krankenkassen für den Bereich der Korruption im Gesundheitswesen eine Verankerung im Strafrecht wün­schen, sehen die Ärzte hier­für kei­ne Notwendigkeit. Die Regierung sieht vor­erst kei­nen Handlungsbedarf.«
apo​the​ke​-adhoc​.de


So kann also etwa Frau Ciesek pro­blem­los Honorare für die Beratung von Pfizer/Biontech anneh­men (s. Sandra Ciesek auch von Biontech geschmiert) und die Süddeutsche Zeitung befin­den: "Die Pharmaindustrie macht jetzt Kasse – und das ist wun­der­bar."

13 Antworten auf „Wie war das noch… mit Montgomery und den Schmiergeldern“

  1. Vermutliches EasterEgg RKI 08.04.2020:
    2010-03-18 (Der Arzneimittelhersteller Ratiopharm wird für 3,6 Mrd. € an den israe­li­schen Konkurrenten Teva Pharmaceuticals verkauft.)

  2. Kann er doch sagen … jeder soll­te es wis­sen oder zumin­de­stens ahnen …das System funk­tio­niert schon immer so. Pharmareferenten wer­den vom Chef genau instru­iert wer, wann, was und wie­viel bekommt. Ist übri­gens nicht nur in der Branche "Normal".…..

  3. Montgomery ist geris­se­ner als er scheint, ziel­stre­big, skru­pel­los, ein­fluss­reich, kurz ein nicht zu unter­schät­zen­der Feind. Auch "sport­lich" scheint er mir für einen schnel­len Rückzug gut gewapp­net, gut ver­netzt, wenn es denn mal für ihn nötig würde.

  4. Die Zahlungen wer­den jetzt ein­fach als "Impf-Kopfprämien" eti­ket­tiert und alles ist gut. Schmiergelder. Doch nicht mit deut­schen Ärzten. Es sind für die Pharmafirmen "nütz­li­che Aufwendungen".

    Hat denn der Herr Funktionär auch alles erklärt und versteuert?

  5. Sag mal, das ist ja der­sel­be Schnurrbart wie in den Videos hier: https://​www​.coro​dok​.de/​w​e​l​t​a​e​r​z​t​e​p​r​a​e​s​i​d​e​n​t​-​k​a​m​p​f​-​t​r​o​t​z​k​i​s​t​en/! Der hat­te dort gesagt, dass wir uns alle gegen C19 imp­fen las­sen sol­len, nicht weil das Virus so gefähr­lich wäre, son­dern weil wir uns, /wenn/ es mal ein ganz gefähr­li­ches Virus gäbe, auch alle imp­fen las­sen müssten. 

    Wörtlich sag­te er dort: "Stellen Sie sich mal vor, die­ses Virus hät­te die Ansteckungsfähigkeit von Delta und die Tödlichkeit von Ebola, dann wür­de es uns wirk­lich nur hel­fen, wenn wir ganz schnell alle Menschen imp­fen würden." 

    Hätte hät­te Fahrradkette, weiß eigent­lich jeder. Ich kann mir nicht vor­stel­len, dass der Präsident des Weltärztebundes das nicht weiß: Er wür­de ja sonst unter Realitätsverlust in einem beäng­sti­gen­den Ausmaß lei­den. Ich glau­be also immer noch nicht, dass der Schnurrbart im Video wirk­lich Frank Ulrich Montgomery ist.

  6. Schaurig, dan­ke für den Rückblick!
    Es ist ver­wun­der­lich, wie es immer die skru­pel­lo­sen Unsympathen so weit 'nach oben' schaf­fen. Wahrscheinlich wol­len ech­te Ärzte lie­ber prak­ti­zie­ren und den Menschen hel­fen? Gewalt‑, Willkür- und Schreckensherrschaft der Sesselfurzer – ekel­haf­te Tyrannei…

  7. Ist es schlau, sich hier als ehe­ma­li­ger Mitarbeiter o.g.Firma zu outen, der im eben­falls o.g. Zusammenhang auch eine Hausdurchsuchung über sich hat erge­hen las­sen müssen?

  8. Das ist schon irre. Man hetzt Ärzten wegen aus­ge­stell­ter Maskenatteste Staatsanwalt und Polizei auf den Hals. Aber das Pampern durch Pharma-Lobbyisten ist voll im OK-Bereich.

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