Wieler hat den Laden nicht mehr im Griff. Nur ein Viertel der "Fälle" symptomatisch

Nur noch bis Ende März ist Lothar Wie­ler im Amt, und schon machen sol­che schwurb­le­ri­schen Schlag­zei­len die Run­de: "RKI zu Omi­kron-Vari­an­ten: Coro­na-Sym­pto­me schwe­rer von Grip­pe zu unter­schei­den". So oder ähn­lich wie hier auf stutt​gar​ter​-zei​tung​.de titeln am 11.2.23 vie­le Medi­en. Sie beru­fen sich auf dpa und die Agen­tur wie­der­um auf einen Arti­kel auf aerz​te​blatt​.de vom 10.2. Hier end­lich wird die Kurz­mit­tei­lung nicht des RKI, aber doch von sechs Mit­ar­bei­te­rIn­nen der dor­ti­gen Abtei­lung für Infek­ti­ons­epi­de­mio­lo­gie vor­ge­stellt. Sie trägt den Titel "Ände­rung des COVID-Sym­ptom­pro­fils wäh­rend der Coro­na­pan­de­mie". Inter­es­sant dar­an sind weni­ger die bana­len Erkenntnisse:

»Ergebnisse

Ins­ge­samt und über alle Vari­an­ten hin­weg waren Hus­ten (51 % beim Wild­typ; 69 % bei BA.5) und Schnup­fen (36 %; 62 %) die am häu­figs­ten über­mit­tel­ten Sym­pto­me. Für bei­de zeig­te sich ein anstei­gen­der Trend inner­halb der Alters­grup­pen, der am stärks­ten für Schnup­fen in der Alters­grup­pe ab 15 Jah­re aus­ge­prägt war, mit einem deut­li­chen Anstieg vor allem wäh­rend der Del­ta- und BA.1- bezie­hungs­wei­se BA.2‑Dominanz.

Im Gegen­satz dazu blieb der Anteil an Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten mit Hals­schmer­zen in der Zeit vor Omi­kron rela­tiv sta­bil, ver­dop­pel­te sich dann jedoch bis zum Auf­tre­ten von BA.5 in allen Altersgruppen..

Die Antei­le von Geruchs- und Geschmacks­ver­lust san­ken bei­de beim Über­gang von der Del­ta-domi­nier­ten Pha­se (23 % und 24 %) zur Omikron-BA.1‑dominierten Pha­se (7 % und 8 %) um einen Fak­tor von 2 bis 3 (je nach Alters­grup­pe) und stie­gen wäh­rend der BA.5‑dominierten Pha­se nur leicht auf ein nied­ri­ges Niveau von etwa 10 % an…

Diskussion

Unse­re Ergeb­nis­se zei­gen, dass der Anteil an Geruchs- und Geschmacks­ver­lust wäh­rend der BA.5‑Phase nied­rig blieb und erkäl­tungs- und grip­pe­ähn­li­che Sym­pto­me wie Hals­schmer­zen, Hus­ten und Fie­ber zunah­men. Inter­es­sant ist, dass der Anteil von Fie­ber beim Über­gang von der BA.2- zur BA.5‑dominierten Pha­se in allen Alters­grup­pen deut­lich ange­stie­gen zu sein scheint, aber in der spä­te­ren BA.5‑dominierten Pha­se wie­der etwas gesun­ken ist…«

Inter­es­san­ter ist die Datenbasis:

»Methoden

Wir ana­ly­sier­ten dazu die Daten des deut­schen Mel­de­sys­tems. Sie basie­ren auf PCR-posi­ti­ven Fäl­len (PCR, Poly­me­ra­se­ket­ten­re­ak­ti­on), die von den Gesund­heits­äm­tern erfasst und an das Robert Koch-Insti­tut über­mit­telt wer­den. Gesund­heits­äm­ter kön­nen ange­ben, wel­che der 14 im Mel­de­sys­tem ver­füg­ba­ren Sym­pto­me vor­han­den sind. Wir wer­te­ten die Daten der Fäl­le mit min­des­tens einem über­mit­tel­ten Sym­ptom aus, stra­ti­fi­ziert nach Alters­grup­pe und Pha­se, in der eine bestimm­te Vari­an­te > 80 % der sequen­zier­ten SARS-CoV-2-Stäm­me aus­mach­te. Für die vor­lie­gen­de Ana­ly­se wur­den nur spe­zi­fi­sche Sym­pto­me berück­sich­tigt, die Varia­ble „all­ge­mei­ne Krank­heits­zei­chen“ wur­de aus­ge­schlos­sen. Bis zur Kalen­der­wo­che (KW) 48/2022 wur­den rund 9 200 000 sym­pto­ma­ti­sche Fäl­le über­mit­telt, dar­un­ter 1 400 281 Fäl­le, die wäh­rend der von Omikron-BA.5‑dominierten Pha­se (KW 26–48/2022) auf­tra­ten.«

Wieviele Coronatote gibt es wirklich?

Dem RKI wur­den im gesam­ten "Pan­de­mie­zeit­raum" bis zur KW 48/2022 9,2 Mil­lio­nen sym­pto­ma­ti­sche Fäl­le über­mit­telt, also sol­che mit min­des­tens einem Sym­ptom wie Hus­ten oder Schnup­fen. Für die­sen Zeit­raum ver­mel­det das Insti­tut ande­rer­seits 36.557.861 "Fäl­le" (rki​.de, 10.2.23). Gera­de ein­mal ein Vier­tel der Fäl­le war damit mit einem oder meh­re­ren Sym­pto­men gemel­det. Wäre es nicht fol­ge­rich­tig zu schlie­ßen, daß von den 158.198 bis zur KW 48 gemel­de­ten Todes­fäl­len auch nur ein Vier­tel, also knapp 40.000, wenigs­tens eines der ohne­hin vage beschrie­be­nen Sym­pto­me aufwies?

Doch bis zum heu­ti­gen Tag behaup­tet das RKI:

rki​.de (1.2.23)

Die Zah­len­akro­ba­tik der Arbeit zeigt dar­über hin­aus, daß unter den fünf häu­figs­ten Sym­pto­men weder eine Lun­gen­ent­zün­dung noch sonst eine schwe­re Erkran­kung genannt wird:

Auf­fäl­lig ist, daß hier ins­ge­samt 4.438.843 sym­pto­ma­ti­sche Fäl­le betrach­tet wer­den. Oben wur­de mit­ge­teilt, "die Varia­ble 'all­ge­mei­ne Krank­heits­zei­chen' wur­de aus­ge­schlos­sen". Damit wäre mehr als die Hälf­te die­sem dif­fu­sen Bild zuzu­schrei­ben. Soll­te dies zutref­fen, wür­de sich die Zahl der "Coro­na­to­ten" noch ein­mal auf 20.000 halbieren.

(Her­vor­he­bun­gen in blau nicht im Ori­gi­nal. Ver­wei­se auf Gra­fi­ken und Tabel­len wur­den hier weggelassen.)

4 Antworten auf „Wieler hat den Laden nicht mehr im Griff. Nur ein Viertel der "Fälle" symptomatisch“

  1. Das RKI hat bis Ende Okto­ber 2022 die Fäl­le mit Erkran­kungs­da­tum in blau und die, bei denen nur ein Mel­de­da­tum vor­lag, in gelb dar­ge­stellt. Das Ver­hält­nis von Erkrank­ten und Gemel­de­ten klaff­te dra­ma­tisch aus­eine­in­an­der. Die oben zitier­te Stu­die ent­spricht dem. Seit eini­ger Zeit hat das RKI die Farb­ko­die­rung umde­fi­niert, blau sind Fäl­le, gelb neu gemel­de­te. So wird die Test­pan­de­mie ver­schlei­ert und die Hys­te­rie wei­ter genährt.

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