»Charité und Vivantes in Berlin: Pflegekräfte fordern mehr Personal
Beschäftigte klagen über lebensgefährliche Zustände für Patienten. Bessere Bedingungen sollen zu mehr Personal führen – notfalls wird gestreikt.
Berlin – Jeannine Sturm hat am Donnerstag eine dramatische Geschichte erzählt. Sie handelt von einer Operation, einer Nacht im Stress, sie handelt vom Tod. Jeannine Sturm ist Intensivpflegekraft an der Universitätsklinik Charité, und sie hat sich der Berliner Krankenhausbewegung angeschlossen. Die wiederum hat sich gegründet, um für bessere Bedingungen für Mitarbeiter in den landeseigenen Unternehmen Charité und Vivantes zu kämpfen.
Unter Federführung der Gewerkschaft Verdi soll ein Tarifvertrag zustande kommen, der faire Löhne und genug Personal für die Einrichtungen verbindlich festschreibt. Die Bewegung erhält Zulauf.
Auch Jeannine Sturm will, dass sich etwas ändert. Dass sich solche dramatischen Nächte nie wiederholen. Deshalb hat sie die Geschichte erzählt. Es war vor vier Jahren, lange vor Corona und den Belastungen, die eine Pandemie für das Gesundheitssystem bedeutet. Jeannine Sturm trat ihren Dienst auf der Intensivstation an. Laut Personalschlüssel waren sie unterbesetzt. „Aber es waren nicht alle Betten belegt. Wir gingen davon aus, dass wir das schaffen.“
Die Situation änderte sich, die Station füllte sich. Es kam ein frisch operierter Patient mit Hirnblutung, es bestand Lebensgefahr. „Wer gerade eine Hand frei hatte, ging zum ihm, wenn der Kontrollmonitor alarmiert hat, um die Medikamente zu steuern, den Blutdruck in den wichtigen engen Grenzen zu halten.“ Gleichzeitig mussten die stabileren Patienten versorgt werden. „Ganz zu schweigen davon, dass viele auch mal ein ruhiges Wort brauchten“, erzählt die Intensivpflegerin weiter. „Sie hatten den Trubel der Nacht mitbekommen und vielleicht auch Angst, weil sie selbst frisch operiert worden waren, auch sie hatten große Operationen hinter sich.“
Die Nacht ging zu Ende, die letzte Runde – und überraschend ein schlimmer Befund. Der Zustand des Patienten mit Hirnblutung hatte sich so schnell verschlechtert, dass er kurz darauf starb. „Niemand der Anwesenden in dieser Nacht war in der Lage, dem Patienten die Therapie zu ermöglichen, die er gebraucht hätte.“
Die Geschichte jener Nacht ist eindringlicher als jede Statistik. Als etwa jene Studie der Techniker Krankenkasse (TK) von 2019, nach der damals, ohne eine Pandemie mit ihren besonderen Herausforderungen, bereits rund 40.000 Stellen in der Pflegebranche nicht besetzt waren. Die Folgen laut TK: Kranken- und Altenpfleger fielen durchschnittlich pro Jahr 23 Tage wegen Krankheit aus; acht Tage öfter, als andere Berufsgruppen im Mittel. Sie bekamen zudem mehr Medikamente. Oft war der Bewegungsapparat betroffen, machten sich Heben und Bewegen der Patienten irgendwann bemerkbar…
Personaluntergrenzen sind bundesweit festgeschrieben. In der Intensivpflege etwa sollen auf eine Pflegekraft maximal zwei Patienten am Tag und drei in der Nacht kommen. „Doch wenn dieser Personalschlüssel unterschritten wird, hat das keine Konsequenzen“, sagt Jeannine Sturm. „Ziel ist ein Tarifvertrag, der über diese Untergrenzen hinausgeht.“
Diejenigen, „die in Unterbesetzung gearbeitet haben“, sagt Meike Jäger, „erhalten einen Belastungsausgleich in Form von Freizeitausgleich oder Geld“. Gleichheit bei den Löhnen, das ist eine weitere Forderung, die auf die Tochterunternehmen der landeseigenen Kliniken zielt. Dort werden die Mitarbeiter meist schlechter bezahlt. Eine Reinigungskraft etwa bei Vivaclean erhält laut Verdi nach vier Jahren 783 Euro weniger Bruttolohn pro Monat als eine Kollegin mit einem Altvertrag.
Die Zeit für Veränderungen erscheint den Berliner Krankenhausaktivisten politisch günstig. Am 26. September sind die Wahlen zum Abgeordnetenhaus, und es sei ja nicht so, sagt Meike Jäger von Verdi, dass landeseigene Unternehmen den Senat nichts angingen. Die Wahl als ein Hebel, Verhandlungen zügig zum Abschluss zu bringen? Und wenn das nicht gelingt? Kommt dann ein Streik? „Wenn Sie mich fragen, wann wir streiken, kann ich Ihnen das nicht sagen“, meint Meike Jäger. „Aber wir sind so gut aufgestellt, dass ein Streik möglich wäre.“
An der Uniklinik in Jena haben Beschäftigte im Oktober 2019 kurzzeitig die Arbeit niedergelegt, als Verhandlungen gerade liefen. Inzwischen gilt dort: Für sechs Schichten in Unterbesetzung gibt es einen zusätzlichen freien Tag.«
berliner-zeitung.de
Und die anderen Krankenhaus-Konzerne sind auch nicht besser. Es ist ein Drama. Ich habe in den letzten Monaten mehrfach mit Asklepios und Sana zu tun gehabt. Die Menschen, die dort arbeiten, sind wirklich völlig überlastet. Man mag sie schon gar nicht mehr 'belästigen' mit wichtigen Fragen, telefonisch natürlich, anders ja derzeit gar nicht möglich. Es gibt auch Krankenhäuser, da hat man telefonisch stundenlang keine Erreichbarkeit. Kürzlich wurde ich von einem Notarzt morgens um 4.50 h wegen einer Medikamentenauskunft angerufen, weil er zu keinem anderen Zeitpunkt die Gelegenheit hatte. (Allgemeine) Notaufnahmen werden geschlossen wegen Überfüllung. Und ausgerechnet das Unternehmen, mit dem ich es in diesem Fall hauptsächlich zu tun habe, die Sana Kliniken AG, will – offensichtlich mit Billigung der Bundesregierung – 1.000 Mitarbeiter entlassen. Rechtzeitig vorher (2018) gab es eine nette Spende an die CDU: 85.000 €. Da wundere sich noch einer.
Ich kann mich nur dankbar fühlen, dass die meisten Pflegekräfte/Ärzte einem trotz der Bedingungen immer freundlich und mit einem offenen Ohr entgegen treten.
https://www.youtube.com/watch?v=p1O58PS8moU
Und das noch zu Lauterbachs neuesten Panik-Attacken:
https://www.berliner-zeitung.de/news/mehr-junge-corona-intensivpatienten-fdp-politikerin-spricht-von-falschen-fakten-li.157998
Müßte der Mann ncht langsam in Münchhausen umbenannt werden? Na gut, für so einfallsreiche Lügengeschichten, wie der sie sich ausgedacht hat, mangelt es ihm offensichtlich an Phantasie.
Ach, die schlimmste Pandemie seit einem Jahrhundert und das Personal kann streiken, scheint ja wirklich höchst dramatisch zu sein, vielleicht können sie die Zeit dann aber nutzen, um eine Jerusalema einzustudieren, müssen sie das wenigstens nicht in der regulären Arbeitszeit machen.…
Keine Betten. Kein Personal.
Wird eine spaßige nächste Grippewelle. Alle haben Angst auch nur zu niesen. Bei der Pandemiedefinition und dem "Notstandsgesetz", gibt es gleich einen Shitstorm von ganz Deutschland, wenn rauskommt, wer das war. "Schon wieder lockdown".
"Für sechs Schichten Unter Besetzung gibt es einen zusätzlichen freien Tag". Wie schön. Dann reduziert sich halt die verfügbare Zahl an einsetzbaren Arbeitskräften wieder um eine Schicht. Das ist für den Arbeitgeber praktisch, kostet ihn nichts und die Last der Arbeit müssen halt die restlichen Kräfte tragen. Mit derselben Masche wurden in diesem Bereich sämtliche Arbeitszeitverkürzungen, Zusatz Urlaubstage usw. vom Personal selbst gegen finanziert.
Was für ein Gesundheitswesen wo Angestellte und Ärzte streiken müssen! Und da will sich der BRD-Staat anmaßen eine Pandemie bekämpfen zu wollen!?
Plegekräfte, die derartige Kritik an der Regierungspolitik üben, verhöhnen die Pflegekräfte, die sich tagein tagaus bis zur Erschöpfung aufopfern, um die Pandemie in den Griff zu kriegen.
Ich versuche gerade, die Logik der Qualitätsmedien anzuwenden.