Das behauptet spiegel.de unter dieser Überschrift am 23.3.23:
»Anhaltende Müdigkeit, Schmerzen, Herzrasen: Millionen Menschen in Europa haben Long Covid. Eine neue Studie zeigt, wer ein besonders hohes Risiko hat zu erkranken und was Impfungen bringen.«
Ob es klug ist, Millionen "geimpfter" Menschen zu erzählen, wie wenig die Spritze geholfen hat? Das Blatt stützt sich auf eine Studie, von der berichtet wird: "Solche Metaanalysen gelten als besonders robust, weil sie nicht nur auf einzelnen Untersuchungen basieren". Was beim "Spiegel" allerdings nicht galt für die Cochrane-Analyse zur fehlenden epidemiologischen Begründung für Masken (s. hier).
Die Studie trägt den Titel "Risk Factors Associated With Post−COVID-19 Condition. A Systematic Review and Meta-analysis" und wurde am 23.3.23 auf jamanetwork.com veröffentlicht. In ihr ist zu lesen:
»Frage Welche Personen sind gefährdet, eine Post-COVID-19-Krankheit (PCC) zu entwickeln?
Ergebnisse Diese systematische Überprüfung und Meta-Analyse von 41 Studien mit 860 783 Patienten ergab, dass weibliches Geschlecht, höheres Alter, höherer Body-Mass-Index, Rauchen, vorbestehende Komorbiditäten und frühere Krankenhausaufenthalte oder Aufnahmen auf der Intensivstation Risikofaktoren waren, die signifikant mit der Entwicklung von PCC in Verbindung standen, und dass die SARS-CoV-2-Impfung mit zwei Dosen mit einem geringeren PCC-Risiko verbunden war.
Bedeutung Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung und Metaanalyse liefern ein Profil der Merkmale, die mit einem erhöhten PCC-Risiko verbunden sind, und legen nahe, dass eine Impfung vor PCC schützen kann…«
Bereits in der Einleitung finden sich merkwürdige Beschreibungen von Spätfolgen durch Epidemien, deren Stattfinden zumindest angezweifelt werden kann:
»Frühere Epidemien von Viren aus der Familie der Coronaviren, wie z. B. SARS-CoV und das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV), haben bei infizierten Personen zu anhaltenden Symptomen geführt, darunter starke Müdigkeit, verminderte Lebensqualität und Kurzatmigkeit sowie Verhaltensstörungen und psychische Probleme. Diese anhaltenden postviralen Symptome sind mit einer erheblichen Belastung für die Gesundheitssysteme verbunden.«
Als Quelle wird eine Arbeit angegeben, die genau das behauptet, aber keine Belege anführt, ein beliebtes Verfahren des Verschleierns. Was dem "Spiegel" aber nicht auffällt, der seinen Bericht am gleichen Tag veröffentlichte, als die Studie erschien. Man wird sie ähnlich "nicht gelesen, sondern gefressen" haben wie Karl Lauterbach.
Auch die zugrunde liegende Beschreibung von "PCC" ("Long Covid") ist wenig Vertrauen erweckend:
»Zu den typischen klinischen Symptomen gehören Dyspnoe, Müdigkeit, autonome Funktionsstörungen, Kopfschmerzen und anhaltender Geruchs- und/oder Geschmacksverlust – obwohl ein breites Spektrum von Symptomen beschrieben wurde.«
So wurden die untersuchten Studien ausgewählt:
»Die Suche in den Datenbanken MEDLINE und Embase ergab insgesamt 5334 Einträge. Nach der Entfernung von Duplikaten wurden 3363 auf Titel- und Zusammenfassungsebene gescreent, und 255 Studien wurden einer Volltextauswertung unterzogen. Davon erfüllten 41 Datensätze mit insgesamt 860 783 Patienten die Einschlusskriterien und wurden in die Meta-Analyse aufgenommen…«
Ich habe das Ausschlußverfahren von einigen Tausend auf 41 Studien nicht weiter angesehen. Hier einige Ergebnisse aus den bis zu 41 Arbeiten:
»Komorbiditäten
Eine Metaanalyse wurde für 34 Studien durchgeführt, die das Vorhandensein von Komorbiditäten untersuchten, die möglicherweise mit dem Risiko eines PCC-Syndroms in Verbindung stehen. Im Folgenden werden die einzelnen Komorbiditäten näher erläutert.
Ängste und/oder Depressionen
Vier Studien mit 634 734 Patienten untersuchten das PCC-Risiko bei Patienten mit Angstzuständen und/oder Depressionen. Die gepoolte Analyse dieser Studien zeigte einen signifikanten Zusammenhang mit PCC…
Asthma
Eine Meta-Analyse von 13 Studien mit 639 397 Patienten ergab, dass Patienten mit Asthma ein deutlich höheres Risiko für die Entwicklung von PCC haben…
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
Eine Analyse von 10 Studien mit 257 340 Patienten ergab, dass COPD ein Risikofaktor für anhaltende Symptome nach einer COVID-19-Infektion ist…
Diabetes
Eine Metaanalyse von 18 Studien mit 259 978 Patienten ergab, dass Patienten mit Diabetes (OR, 1,06; 95% CI, 1,03 bis 1,09; I2 = 0%) ein signifikantes Risiko für PCC hatten…
Immunsuppression
In drei Studien mit insgesamt 967 Patienten wurde untersucht, ob Patienten mit Immunsuppression ein höheres Risiko für PCC aufweisen. Die Meta-Analyse dieser Studien ergab einen signifikanten Zusammenhang zwischen Immunsuppression und PCC…
Ischämische Herzkrankheit
In fünf Studien, an denen 201 906 Patienten teilnahmen, wurde der Zusammenhang mit einer vorbestehenden Herzinsuffizienz untersucht. Eine Meta-Analyse dieser Studien ergab, dass Patienten mit IHD ein 1,28-fach höheres Risiko für die Entwicklung einer PCC hatten…«
Die Frage, wie klug es gewesen sein mag, Menschen mit diesen Vorerkrankungen der "Impfung" auszusetzen, wird natürlich nicht gestellt.
Nur vier Studien berücksichtigten den "Impfstatus"
»Impfstatus
Vier Studien mit insgesamt 249 788 Patienten untersuchten die Auswirkungen des Impfstatus auf das Risiko, an PCC zu erkranken. Eine Metaanalyse dieser Studien ergab, dass Personen, die mit zwei Dosen geimpft worden waren (in allen eingeschlossenen Studien), ein um 40 % geringeres Risiko hatten, an PCC zu erkranken (OR, 0,57; 95% CI, 0,43 bis 0,76; I2 = 91%; Abbildung 4). Dies lässt sich möglicherweise nicht in allen künftigen Studien nachweisen (95% PI, 0,15 bis 2,22). Eine Untergruppenanalyse nach Studienqualität und eine Meta-Regression nach Studiengröße wurden nicht durchgeführt, da alle diese Studien von hoher Qualität waren und jeweils mehr als 1000 Patienten umfassten. Der Egger-Test ergab keine signifikante Publikationsverzerrung (Intercept = ‑0,44; 95% CI, ‑1,38 bis 0,48; P = .80).«
Untaugliche Betrachtungen
Bereits die erste in der Abbildung angeführte Studie (Ayoubkhani et al) weist willkürliche Einschränkungen auf:
»Wir schlossen CIS-Teilnehmer [UK COVID-19 Infection Survey, AA] im Alter von 18–69 Jahren ein, die zwischen dem 26. April 2020 (dem Beginn der CIS) und dem 30. November 2021 (den letzten verfügbaren Daten zum Zeitpunkt der Analyse) positiv auf SARS-CoV‑2 getestet wurden, entweder durch einen PCR-Test mit Abstrichen, die bei Studienbesuchen (58,7 % der Infektionen) oder in nationalen Testprogrammen (Selbstauskunft der Studienteilnehmer) gewonnen wurden. Wir schlossen Teilnehmer aus, die einen Verdacht auf COVID-19 meldeten oder positiv auf Antikörper getestet wurden (in der Studie oder anderswo), und zwar >2 Wochen vor ihrem ersten positiven Abstrich; die zu irgendeinem Zeitpunkt vor ihrem ersten positiven Abstrich Long-COVID-Symptome meldeten; die nach der Einführung der Umfrage am 3. Februar 2021 nie auf die Frage nach Long-COVID-Symptomen geantwortet hatten (siehe "Ergebnis" unten); die bis zum 30. November 2021 keine Nachbeobachtung von ≥12 Wochen nach der Infektion hatten; oder die zum Zeitpunkt der Infektion einfach geimpft waren.
Exposition
Die Exposition von Interesse war der Erhalt von mindestens 2 Dosen eines COVID-19-Impfstoffs (Oxford/AstraZeneca ChAdOx1 nCoV-19 [AZD1222], Pfizer/BioNTech BNT162b2 oder Moderna mRNA-1273) ≥14 Tage vor der ersten durch den Test bestätigten Infektion. Der Impfstatus der Teilnehmer in England wurde aus Erhebungsdaten abgeleitet, die mit den Aufzeichnungen des National Immunisation Management System (NIMS) verknüpft waren… Für die Teilnehmer in Wales, Schottland und Nordirland (13,6 %) waren keine administrativen Daten verfügbar; daher wurde der Impfstatus ausschließlich aus Selbstauskünften abgeleitet. In einer Sensitivitätsanalyse beschränkten wir die Analyse auf Teilnehmer, die in England lebten, wodurch das Risiko einer Fehlklassifizierung der Exposition verringert wurde.«
Diese Aussagen reichen schon, um die Studie als unzureichend zu qualifizieren.
Die zweite genannte Studie (Emecen at al) aus der Türkei ist noch fragwürdiger. Hier geht es um Telefoninterviews von über 18-Jährigen zwischen dem 1.11.2020 und dem 31.5.2021.
»In dieser Studie wurde das Vorhandensein von mindestens einem Symptom zu den Nachuntersuchungszeitpunkten als Symptompräsenz definiert…
Die Teilnehmer galten 2 Wochen nach der zweiten Dosis des Impfstoffs CoronaVac (inaktiviertes Virus) oder BNT162b2 (mRNA) als vollständig geimpft…
Während des Untersuchungszeitraums waren in der Türkei zwei Arten von Impfstoffen erhältlich: CoronaVac und BNT162b2. Die Impfung des Gesundheitspersonals und der älteren Altersgruppen wurde am 14. Januar 2021 mit CoronaVac eingeleitet. BNT162b2 wurde ab dem 2. April 2021 eingesetzt. Unter Berücksichtigung des Patienteneinschlusszeitraums vom 1. November 2020 bis zum 31. Mai 2021 beobachteten wir 207 Impfdurchbruchsinfektionen. Wir fanden heraus, dass eine vollständige Impfung vor der COVID-19-Impfung mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit der Selbstanzeige von Symptomen verbunden war. In einer Studie, die an Nutzern einer Handy-App durchgeführt wurde, war die Wahrscheinlichkeit, nach COVID-19 28 Tage oder länger Symptome zu haben, bei denjenigen, die vor der Infektion mit zwei Dosen geimpft worden waren, etwa halbiert, verglichen mit ungeimpften Kontrollpersonen…«
Auf die Lektüre der anderen Studien habe ich verzichtet.
Wie eben auch die Wissenschaftsredaktion des "Spiegel". (Nur werden sie dafür eigentlich bezahlt.) Ihr reicht das Gespräch mit einem Autor. Der erklärt noch einmal, wie sich "Long Covid" äußert:
"»Atemnot, Husten, Herzrasen, Kopfschmerzen, starke Müdigkeit gehören zu den häufigsten Symptomen«, sagt Kardiologe Vassilios Vassiliou von der University of East Anglia, der an der aktuellen Studie mitgearbeitet hat. Das Erschöpfungssyndrom Fatigue, ist auch von anderen Virusinfektionen bekannt wie dem Epstein-Barr-Virus.
Betroffene von Long Covid berichten zudem von Brustschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Gelenkschmerzen, Angstzuständen, Appetitlosigkeit, Tinnitus, anhaltende Veränderungen des Geruchs- und Geschmackssinns. Einige sagen, in ihrem Gehirn ziehe eine Art Nebel auf."
Wie wir sahen, reichte für wenigstens eine Studie das Vorliegen eines dieser unspezifischen Symptome für den Einschluß als "Long Covid"-Betroffene. Der Ehrlichkeit halber muß erwähnt werden, daß auch manche "Impfschäden" so beschrieben werden. Daß die folgende Bemerkung durch die Studien nicht zu rechtfertigen ist, wurde oben dargelegt:
"»Es war beruhigend zu sehen, dass geimpfte Personen im Vergleich zu Ungeimpften ein deutlich geringeres Risiko hatten an Post-Covid zu erkranken«, sagt Vassiliou weiter."
Immerhin dementiert der Text seinen Titel:
»Allerdings gibt es Hinweise, dass eine erneute Impfung nach einer Durchbruchsinfektion nur einen teilweisen Schutz vor Long Covid bietet. Von Durchbruchsinfektion ist die Rede, wenn sich ein Geimpfter ansteckt. Ob die Impfungen also auch langfristig das Risiko für Long Covid senken, muss sich zeigen.«
(Hervorhebungen in blau nicht in den Originalen.)
Doch der Artikel wird seinen Zweck erfüllen. Nicht nur Karl Lauterbach pflegt nur die Überschriften zur Kenntnis zu nehmen. Heraus kommt dann so etwas, was noch nicht einmal die Studie behauptet:
Siehe u.a. auch:
"ein um 40 % geringeres Risiko hatten, an PCC zu erkranken"
Logisch. Geimpfte erkranken an "Post VAC" statt "Post Covid", ausser in Deutschland, da gibt es kaum "Post VAC" und fast alles ist "Post Covid" …
https://odysee.com/@ICIC:3/High-Spirits-Englisch-Final:e
@butch: Kommt jetzt die berühmte "class action"? Ach so, es geht um "Q'orianka Cornejo, eine Inka-Hohepriesterin, Medizinfrau und Heilige Führerin für aufstrebende Medizinfrauen, Priesterinnen und Führer des Lichts".
"Wie war sahen, reichte …" Sollte sicher wir heißen..
da es heißt, die Varianten seinen mit der Zeit schwächer geworden, müsste auch zwingend nach Zeiträumen untersucht werden. Dazu noch Abstand zu Impfungen (wieviele galten wie lange als ungeimpft) oder hatten "nur" den Einmalpiks von J&J. Es gibt laut Impfdashboard ca. 1,3 Mio., die sich aus Gründen (welche?) nicht die erforderliche Anzahl zur Grundrechtsberechtigung haben geben lassen.
Diese Art der Wissenschaften rund um Corona insbesondere sollte in Verwirrungschaften umbenannt werden. Irgendwer sagte mal 90 Prozent der Studien seien unbrauchbar. Wer finanziert das alles?
@MoW: Danke, verbessert.Laut https://impfdashboard.de/ sind allein 18,4 Mio. "Nicht Geimpfte" (22,1%).
Ja Herr Aschmoneit,
Sie liefern auch mit diesem Text wieder eine aufwändige und berechtigt kritische Darstellung. Doch nicht immer ist auch mit genügend dafür aufnahmebereiten LeserInnen zu rechnen. Denn wissenschaftliche Betrügereien werden häufig hinter einer falschen Trickserei mit Zahlen verborgen, in den Gefilden der Statistik also, in denen die Mehrzahl der DurchschnittsbürgerInnen mit ihrem Latein am Ende ist, und in denen sich auch die Justiz lieber in unangemesse Gutgläubigkeit verirrt, als eine tatsächliche Faktenprüfung der Beweislage zu gewährleisten.
Manchmal kommt die Wissenschaft auf Themen mit soviel Untersuchungsaufwand, dass einzelne Forschungsgruppen nur kleine Fallzahlen erfassen und die Ergebnisse dafür deshalb noch sehr zufallsbeeinflusst sein können. Sobald weitere Teams am selben Thema tätig waren, kann eine Metaanalyse dann den sinnvollen Versuch darstellen, eine zusammenfassende Bilanz für eine wirklich beweiskräftige Menge von Fallzahlen zu ziehen.
Leider lassen sich mit dem Instrument der Metaanalyse aber eben auch Irreführungen inszenieren. Ich möchte das an einem Beispiel aus der Pharma-Industrie abseits von Corona erläutern: Erst nachdem eine Wirkstoffgruppe gegen Multiple Sklerose schon viele Jahre lang im Einsatz war, hat eine Forschergruppe die Daten des norwegischen Gesundheitssystems ausgewertet und dabei festgestellt, dass dies unter mehr als 6000 (!) damit behandelten PatientInnen zu einer signifikanten Zunahme von Krebserkrankungen geführt hatte, an einer bereits beweiskräftig hohen Fallzahl also.
Dennoch hat die Pharmaforschung inzwischen eine Metaanalyse zum Thema veröffentlicht und dabei die Daten aus Norwegen mit so vielen weiteren "Studien" willkürlich durcheinanderfrisiert, bis man zusammenfassend behaupten konnte, dass sich der Hinweis auf Krebsförderung nicht erhärtet hätte.
So wird hinter den Fassaden der Wissenschaft aus Aufklärung immer häufiger eine Menschheitsverarschung.
Und Abstinenz von der Spritze senkt das Risiko von Long Doofid um ca. 99,99 %.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/230476/Long-COVID-und-die-Psycho-Ecke-Wiedergeburt-eines-reduktionistischen-Krankheitsverstaendnisses
Long COVID und die Psycho-Ecke: Wiedergeburt eines reduktionistischen Krankheitsverständnisses
Dtsch Arztebl 2023; 120(13): A‑563 / B‑482
Erbguth, Frank; Förstl, Hans; Kleinschnitz, Christoph
Die aktuelle Debatte über die Ursachen von Long beziehungsweise Post COVID ist heftig. Besonders die Rolle psychosozialer Faktoren wird von vielen der Betroffenen sowie auch von einigen Ärztinnen und Ärzten mehr oder weniger negiert. Aus neuropsychiatrischer Sicht handelt es sich hierbei um eine fatale Entwicklung – ein kritischer Zwischenruf.
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